Italien steckt nach wie vor in der Krise. Die Wirtschaft hat sich 2015 zwar etwas erholt, doch leider nicht genug, um Italiens Probleme langfristig zu lösen. Auch auf die Insolvenzquoten wirkt sich die schwache Wirtschaft negativ aus: 2014 wurden in Italien 16.101 Firmeninsolvenzen gemeldet – des entspricht einem Anstieg von mehr als zwölf Prozent zum Vorjahr. Experten gehen davon aus, dass die Quote der Insolvenzen 2015 zwar zurückgegangen ist, aber weiterhin deutlich im negativen Bereich liegt; und dies stellt nach wie vor ein großes Problem für europäische Kreditinstitute dar.
Non-Performing Loans
Viele Bankhäuser haben in den vergangenen Jahrzehnten in die italienische Wirtschaft investiert. Die vielen Firmenpleiten in den vergangenen Jahren führen allerdings dazu, dass viele Kredite unbezahlt bleiben. Daraus werden dann schnell sogenannte „Non-Performing Loans“ – oder kurz NPLs. Gerade hat die europäische Zentralbank (EZB) angekündigt, die offenen Forderungen einiger italienischer Banken genauer unter die Lupe zu nehmen.
Aber Italien ist kein Einzelfall: Laut einem Bericht der Europäischen Zentralbank belief sich die gesamte Forderungssumme von Europas Banken Ende 2014 auf knapp 880 Milliarden Euro. Die Summe dürfte Anfang 2016 vermutlich noch deutlich höher liegen. Denn auch in Deutschland melden pro Jahr mehr als 20.000 Firmen Insolvenz an. Die offenen Forderungen, die daraus jährlich entstehen, liegen bei knapp 9 Milliarden Euro. Doch wie können die Banken ihr hohes Volumen an offenen Forderungen reduzieren? Der NPL-Markt gilt generell als illiquide und intransparent. Doch die Zahl der potenziellen Risikoinvestoren ist groß – die Selektion und persönliche Ansprache der möglichen Investoren allerdings teuer und zeitaufwändig. Viele Banken geben ihre NPLs deshalb an interne Workout-Abteilungen oder externe NPL-Servicer weiter, die größtenteils die Verwertung der Sicherheiten übernehmen; oder sie lassen sich von großen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften bei einem Verkauf beraten. Leider ist diese Maßnahme vor allen Dingen teuer und zeitintensiv – und führt nur selten zum Ziel.
Forderungshandel einfach gemacht
Eine schnellere Möglichkeit des Forderungshandels stellt die Onlinebörse Debitos dar. Seit 2014 wurden über das Portal bereits mehr als eine Milliarde Euro an Forderungen versteigert. Wie bei eBay kann der Verkäufer einen gewünschten Mindestpreis festlegen und dann beobachten, wieviel die momentan etwa 350 geprüften Käufer für die Forderungen bieten – das höchste Gebot bekommt am Ende den Zuschlag. Bisher haben 17 Banken ihre NPLs über Debitos verkauft. Wenn man nur das gehandelte Volumen auf der Onlinebörse betrachtet, haben die Kreditinstitute den größten Anteil.
Für die Geldhäuser hat der Verkauf neben der schnellen Abwicklung noch weitere Vorteile: Sie können wie bisher aus dem „Offline-Prozess“ gewohnt geschlossene Bieterkreise mit hohen Anforderungen an die Bieter festlegen. Und wenn sich mehrere Investoren für eine Forderung interessieren, sind höhere Preise möglich. Dazu halten die Banken bei einem Verkauf über die Online-Börse mögliche Compliance-Anforderungen ein, da sie ähnlich wie bei einer Zwangsversteigerung über die Auktion einen aktuellen Marktpreis erzielen. Zudem erleichtert der strukturierte Verkaufsprozess den Instituten die Arbeit. Zur Registrierung ist auf Verkäuferseite neben den Kontaktdaten einer vertretungsberechtigten Person nur die Angabe einer gültigen Firmenanschrift, deren Umsatzsteuer-ID und eine valide E-Mail-Adresse nötig. Die Daten werden anschließend mit öffentlichen Registern, wie der Bürgel Datenbank, abgeglichen. So wird sichergestellt, dass am anderen Ende legitime Geschäftspartner sitzen.
Angebote jeder Preisklasse
Bei den zugelassenen Käufern der Forderungen handelt es sich um Banken, Fonds, Inkassounternehmen und Rechtsanwälte. Diese haben Zugriff auf die notleidenden Kredite und Forderungen, die Unternehmen und Finanzdienstleister anbieten. Über die Onlinebörse finden potenzielle Investoren Angebote in jeder Preisklasse: Der niedrigste versteigerte NPL betrug 130 Euro, der größte dagegen 630 Millionen. Neben kaufmännisch ausgemahnten Forderungen werden bei Debitos auch titulierte Forderungen und Kredite, immobilienbesicherte Forderungen oder immer häufiger auch Insolvenzquoten angeboten. Die Vielzahl spezialisierter Käufer auf der Plattform ist gerade für Banken ein Anreiz, ihre Engagements aus verschiedenen Insolvenzverfahren über die Onlinebörse anzubieten. So können sie schnell ihren hohen Bestand an NPLs abbauen.