Experten rechnen damit, dass die physischen Filialen gegenüber den Online-Kanälen stark an Bedeutung verlieren. Um trotzdem im Alltag der Bankkunden präsent zu sein, ist eine ganzheitliche, agile Multikanalstrategie sowie eine neue Art und Weise der Kommunikation notwendig. Soziale Netzwerke spielen bei diesem Digitalisierungsprozess eine zentrale Rolle. Die notwendigen Veränderungen fallen den Finanzinstituten jedoch nicht leicht: Ein neues Verhalten zu etablieren, ist einfacher, als alte Gewohnheiten abzulegen. Dies erklärt vielleicht auch das vorherrschende Misstrauen bei dem Thema Social Media für Banken.
Wo liegt das Problem?
Beziehungen beruhen auf Gegenseitigkeit. Der Kontakt geht verloren, wenn er nicht kontinuierlich gepflegt wird. Das gilt auch für Banken und ihre Kunden. Auf Konferenzen, Branchentreffen und Kongressen der Finanzbranche wird aktiv und erfolgreich Networking betrieben. Banken ist folglich bewusst, wie wichtig Business-Kontakte sind. Doch haben Banken dieses Bewusstsein auch in Bezug auf ihre Kunden? Teilweise schon. Banken bringen die notwendige Wertschätzung von persönlichen Beziehungen jedoch nur einer sehr exklusive Zielgruppe entgegen. Alle anderen Kunden, die aufgrund der betriebswirtschaftlichen Kalkulation durchs Raster fallen, haben immer weniger persönliche Kontaktpunkte zu ihrer Bank. Viele Kunden reagieren darauf mit einer gesteigerten Wechselbereitschaft. Es sei denn, die Bank bietet attraktive Konditionen, einen Vorsprung im Bereich nutzerfreundliche Digitalisierung oder ein einzigartiges Image.
Arbeiten Sie für ein Kreditinstitut, das im Preiskampf mit ausländischen Direktbanken mithalten kann? Stellt Ihre Bank einen fortschrittlichen, nutzerfreundlichen und kostenlosen Online-Service zur Verfügung? Ist Ihr Institut für seinen exzellenten Kundenservice bekannt oder Vorreiter in Bezug auf Vertrauen und Sicherheit? Dann müssen Sie sich weniger Zukunftssorgen machen, als andere Banken.
Veränderte Kundenerwartungen befriedigen
Die Kluft zwischen den steigenden Kundenerwartungen und dem tatsächlichen Angebot von Banken wird immer größer. Kunden sehnen sich nach einfachen, bequemen Finanzgeschäften und einem jederzeit und überall verfügbaren Kundenservice. Sie erwarten von ihren Banken Wertschätzung und dass sie selbst entscheiden können, wann und über welchen Kanal sie Service-Leistungen in Anspruch nehmen oder Produkte abschließen. Fintechs nutzen diese Schwächen der Banken aus und gewinnen mit ihren nutzerorientierten und einfachen Lösungen immer mehr Kunden. Im Hintergrund bereiten sich mächtige amerikanische Technologiekonzerne, wie Apple oder Google, darauf vor, große rentable Bereiche des Retailgeschäfts zu übernehmen. Die Kombination aus Marktmacht und großer Kundenbeliebtheit dieser Global Player schwebt wie ein Damoklesschwert über den Kreditinstituten. Sie haben gegenüber Banken den großen Vorteil, ihren Kunden in etablierte Systeme integrierte Bankinglösungen anbieten zu können. Banken steht noch ein langer Weg bevor, bis ihre Finanzdienstleistungen vergleichsweise einfach, schnell und unbürokratische sind.
Große Herausforderungen sind zu meistern
Eine Bank in der aktuellen Situation zukunftsfähig zu machen, ist eine große Baustelle. Dabei muss das Management viele Aufgaben bewältigen und weiß oftmals gar nicht, wo es zuerst anfangen soll. Zuerst die Digitalisierung, dann die Niedrigzinsphase und zum Schluss die Image-Positionierung? Oder gleich alles parallel? Einen Prozess zeitnah einzuleiten, der den Weg für die notwendigen Veränderungen ebnet, ist wichtiger als die Reihenfolge. Die Social-Media-Präsenz ist ein wichtiger Bestandteil dieses notwendigen Veränderungsprozesses. Sie sollte jedoch nicht von der Kommunikationsstrategie des Kreditinstituts abgekoppelt, sondern stimmig in die Multikanalstrategie integriert werden. Der Aufwand lohnt sich, denn eine gut gemachte Präsenz in der Social Media Welt kann ein wichtiges Instrument sein, um die Zukunftsfähigkeit von Banken zu sichern.
Social Media als integrierter Lösungsbestandteil
Jede Medaille hat, egal wie stark sie glänzt, zwei Seiten. Das Thema Social Media ist komplex und geht weit über die Einrichtung eines Unternehmensprofils auf Facebook oder YouTube hinaus. Auf der einen Seite bedeutet das Thema Soziale Netzwerke ein riesiges, noch nicht ausgeschöpftes Potenzial für Kreditinstitute. Auf der anderen Seite müssen aber Vorurteile ausgeräumt, Ressourcen investiert und bewährte Prozesse verändert werden.
Mut zur Veränderung ist notwendig
Um das Potenzial der sozialen Netzwerke optimal für sich zu nutzen, benötigen Banken Mut zur Veränderung und die Bereitschaft, wie Don Quichote gegen die Windmühlen eines Systems zu arbeiten, das sich nicht gerne verändert. Die Unternehmenskultur ist altbewährt, aber es stellt sich die Frage, ob sie noch in unsere Zeit des schnellen Wandels passt. Die starren, hierarchischen Strukturen blockieren ein effektives Changemanagement. In unserer Branche überwiegen insbesondere im Management die Vorurteile in Bezug auf das Thema Social Media für Banken. Dies liegt an der fehlenden Bereitschaft, sich auf eine zunehmend virtuellere Welt einzulassen und deren ganz neue Möglichkeiten zu entdecken und zu nutzen.
Ich möchte in den nächsten Ausgaben Interesse für dieses wichtige Thema wecken und die Stärken und Schwächen sowie Gefahren und Risiken von Social Media für Banken aufzeigen.
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Alena Kotter ist Kommunikationswissenschaftlerin und hat sich auf das Themenfeld Social Media für Banken spezialisiert. Sie ist Social Media Verantwortliche in einer Sparkasse und bloggt privat auf: www.vividbanking.com