BANKINGNEWS: Kurz vor unserem letzten Gespräch Anfang 2017 haben Sie den Couchkredit eingeführt. Wie hat sich das Produkt entwickelt?
Ulf Meyer (UM): Die Erfahrungen sind nach wie vor sehr positiv. Die Technologie des Couchkredits besteht aus drei Komponenten: dem Digital Account Check, der Videolegitimation und der qualifizierten elektronischen Signatur. Diese Komponenten sind mittlerweile zu einer Basistechnologie für viele andere Prozesse in unserem Haus geworden. Und auch in unserer Funktion als Outsourcingnehmer für andere Banken, also im Banking-as-a-Service, bieten wir unseren Kunden die Technologie des Couchkredits an. Mit der Conversion sind wir zufrieden. Die Nutzungsquote des Account Checks steigt, je jünger der Kunde ist. Gestartet sind wir bei rund zehn Prozent, heute sind es bereits 35 bis 40 Prozent. Das haben wir durch die Optimierung der Antragsstrecke geschafft. Der nächste Schritt ist, das Produkt innerhalb der nächsten 24 Monate mit Instant Payments zu versehen, um den Kredit in Realtime auszahlen zu können.
Sind 24 Monate für einen nächsten Evolutionsschritt nicht viel zu lange, wenn man bedenkt, wie schnell die GAFAs derzeit mit kleinen, speziellen Finanzdienstleis-tungen in den Markt drängen?
Michael Moschner (MM): Bei Instant Payments hängt es unter anderem noch an der Regulatorik. Außerdem können noch nicht alle potenziellen Empfängerbanken Zahlungen in Realtime abwickeln. Und ja, Amazon braucht für die Warenfinanzierung keine Bank mehr. Bei uns geht es aber um den klassischen Barkredit: morgens bei strahlendem Wetter aufwachen, die Entscheidung treffen, sich den Traum vom Cabrio zu erfüllen, und dafür so einfach wie
möglich einen Kredit beantragen.
Ist das Cabrio denn schon drin? Zu Beginn lag die maximale Kreditsumme ja bei 5.000 Euro.
UM: Wir haben die Grenze des Couchkredits auf 50.000 Euro erhöht.
Wie entwickelt sich das angesprochene Banking-as-a-Service-Geschäft?
UM: Wir arbeiten derzeit für 14 Banken, zwei werden gerade aufgeschaltet und vier weitere Projekte nehmen konkrete Züge an.
Trotzdem trommeln Sie mit diesem Geschäft immer noch nicht sehr laut.
MM: Das stimmt. Unsere Ressourcen sind nicht unendlich, und wir müssen sicher sein, den Kunden von A bis Z zufriedenstellend bedienen zu können. Wir lehnen auch Projekte ab, wenn die Ideen so weit von unserem Modell abweichen, dass wir uns zu sehr verbiegen müssten. Wir möchten nicht nur im Frontend den geilsten Kreditantrag der Welt haben, sondern auch zur digitalsten Bank im Backoffice werden. Wir überlegen also nicht nur, wie das Erlebnis für den Kunden ist, sondern auch wo der „Pain“ für die Mitarbeiter reduziert werden kann. Dafür haben wir tolle Partner gefunden und die Umsetzung macht richtig Spaß.
Beschäftigen Sie sich in diesem Zusammenhang auch mit dem Hype-Thema Künstliche Intelligenz?
UM: Das Thema KI kommt an verschiedenen Stellen zum Tragen: von der Risikobewertung bis zur Bearbeitung von Kundenanliegen. Bei einem aktuellen Projekt geht es darum, dass auf eingehende E-Mails automatisierte Antworten erstellt werden, die ein Mitarbeiter noch einmal prüft, unter Umständen anpasst und dann sofort abschickt. Ein anderes Beispiel ist OCR (optical character recognition = Texterkennung; Anm. d. Red.): Wir arbeiten etwa daran, dass Unterschriften auf verschiedenen Dokumenten, wie Antrag, Vertrag und Personalausweis, maschinell abgeglichen werden. Auf der Vertriebsseite geht es unter anderem darum, abwanderungsgefährdete Kunden zu erkennen.
MM: Bei diesem Thema kann man viel theoretisieren. Das Vorhandensein von KI bedeutet noch nicht, dass ich sie auch sinnvoll nutzen kann. Ich muss wissen, wonach ich suche und wofür ich es brauche. Am Ende des Tages geht es darum, dass Prozesse einfacher werden und der Mitarbeiter mehr Zeit für den Kunden hat.
„Das Vorhandensein von KI bedeutet noch nicht, dass ich sie auch sinnvoll nutzen kann“
Also führt Automatisierung bei Ihnen nicht zu einem Stellenabbau?
MM: Nein. Digitalisierung schafft Arbeitsplätze. Sie ist ein Mittel zum Zweck, um die Kundenzufriedenheit zu erhöhen. Und wenn wir mehr Kunden und Partner haben, brauchen wir zwangsläufig mehr Leute, um die Kundenzufriedenheit zu garantieren. Skalierbarkeit geht in eine andere Richtung. Bisher hatte ich grüne und rote Kreditentscheidungen. Jetzt kann ich mich mit den „Wackelkandidaten“ beschäftigen, Telefonate führen und Potenzial ausschöpfen, für das ich vorher keine Zeit hatte. Wir haben im vergangenen Jahr wieder Mitarbeiter eingestellt und sind uns sicher, dass wir sie alle brauchen.
Kann man die vorhandenen Mitarbeiter so weiterbilden, dass sie mit den Veränderungen zurechtkommen?
MM: Unser ältester Mitarbeiter hat noch zehn Jahre bis zur Rente – und das bin ich. Wir haben ein Durchschnittsalter von knapp über 30 Jahren. Daher stellt sich uns diese Frage gar nicht so sehr. Unsere Mitarbeiter zeigen uns, wie man neue Technologien im Alltag einsetzt und darüber entstehen auch Ideen, etwa zur
Verbesserung der Antragsstrecke.
UM: Bei uns sitzen die Mitarbeiter mit den Entwicklern zusammen und beschreiben ihnen, wie sie sich die ideale Maske vorstellen. Natürlich kann nicht jeder individuelle Wunsch berücksichtigt werden, aber indem wir die Leute fragen, haben wir sie ganz früh mit im Boot. Dann sind sie in der Lage, einen vollautomatisierten Prozess zu überwachen. Zuerst habe ich den Prozess manuell erledigt, dann war er halbautomatisiert und irgendwann läuft er komplett automatisch. Aber ich weiß trotzdem noch, wie er funktioniert. Das liebe ich an dieser Vorgehensweise.
Vor zwei Jahren sagten Sie, dass mehr Kunden das Postident- als das Video-Ident-Verfahren nutzen. Wie hat sich das entwickelt?
UM: Je jünger der Kunde, desto höher der Anteil des Video-Ident-Verfahrens. Die Nutzungsquote ist insgesamt gestiegen. Wir haben aber weiterhin einen hohen Anteil an Postident. Wir haben kürzlich bei der BaFin ein neues Ident-Verfahren vorgestellt, das rein über Schnittstellen funktioniert. Technologisch ist es weitgehend umgesetzt und funktioniert in einer Testumgebung. Es ist aber heute noch nicht genehmigt.
Wir beobachten zwei gegenläufige Trends: Viele Banken schließen Filialen, dafür eröffnen einige Online-Anbieter physische Standorte. Wird es demnächst auch
SWK-Bank-Filialen geben?
UM: Das steht aktuell nicht auf der Agenda. Wir sehen noch so viel Wachstumspotenzial auf unseren angestammten Vertriebswegen, dass wir den Offline-Kanal der Filiale nicht anstreben.
MM: Bei aller Digitalisierung ist und bleibt das Telefon extrem wichtig. Der Kunde möchte sich seinen Wunsch so schnell wie möglich erfüllen und dafür seinen Kredit ausgezahlt bekommen. Eine telefonische Rückfrage ist häufig der schnellste Weg, um fehlende Angaben oder Rückfragen zu klären.