1985 wurde das Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau von der Bundesregierung anerkannt. 2006 trat das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz AGG in Kraft. 2017 wurde das Entgelttransparenzgesetz verabschiedet.
Jetzt könnte man sagen: Wenn doch so viel für die Gleichberechtigung getan wird, warum braucht man dann überhaupt einen „Equal Pay Day“? Ganz einfach: Weil besonders bei den Gehältern noch nicht viel von Gleichberechtigung zu spüren ist. Die unbereinigte Entgeltlücke beträgt laut Statistischem Bundesamt in Deutschland im Schnitt 21 Prozent. In der Finanz- und Versicherungsbranche ist der Gender Pay Gap sogar noch höher. Hier liegt er bei 28 Prozent im Durchschnitt.
Laut Henrike von Platen, Gründerin des gemeinnützigen Fair Pay Innovation Lab, liegt das auch daran, dass in der Finanzbranche Boni besonders wichtig sind. Die aber seien Ermessens- und Verhandlungssache und das sei eben problematisch: „Noch immer werden Gehälter nach Nasenfaktor ausgehandelt, und die Leistungen von Frauen anders bewertet als die von Männern.“
Tipp: Wenn Sie mehr zu den Gründen der Lohnungleichheit in der Finanzbranche erfahren möchten, lesen Sie die Artikel „Gleichheit erst in 100 Jahren? Der Gender Gap und der Gender Pay Gap in Deutschland“ und „Gender Pay Gap: Wie sich für Frauen im Finanzsektor etwas ändern kann“.
„Equal Pay Day“: Mit einer originellen Idee fing es an
Am „Equal Pay Day“ soll auf diese Ungerechtigkeit in der Bewertung der Leistung zwischen Frauen und Männern und die daraus resultierende ungleiche Bezahlung aufmerksam gemacht werden. Ins Leben gerufen wurde der Aktionstag in den USA von den Business and Professional Women (BPW). Sie hatten 1988 eine originelle Idee und erfanden die „Red Purse Campaign“. Die roten Taschen standen dabei symbolisch für die roten Zahlen in den Geldbörsen der Frauen.
Der BPW ist ein Berufsnetzwerk für angestellte und selbstständige Frauen. Es ist eines der größten und ältesten Netzwerke, hat Beraterstatus bei den Vereinten Nationen und beim Europarat und es gibt mittlerweile in rund 100 Ländern nationale Vertretungen des BPW – auch in Deutschland.
Der BPW Germany schnappte sich die Idee der Amerikanerinnen und organisierte 2007 erstmals die Initiative „Rote Tasche“. Damit dauerte es auch mit der bundesweiten Einführung des „Equal Pay Day“ nicht mehr lange.
Am 15. April 2008 fand der erste „Equal Pay Day“ in Deutschland statt, am gleichen Tag wie das amerikanische Pendant. Initiatorin war die Rechtsanwältin Dr. Bettina Schleicher vom BPW. Seit den Anfängen unterstürzt auch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend den BPW bei seiner Arbeit.
Einsatz für mehr Gleichberechtigung
2009 entstand ein Aktionsbündnis aus der Bundesarbeitsgemeinschaft der kommunalen Frauenbüros und Gleichstellungsstellen (BAG), der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), dem Deutschen Frauenrat (DF) und dem Verband deutscher Unternehmerinnen (VdU) – maßgeblicher Treiber war auch hier der BPW Germany.
Noch im ersten Jahr engagierten sich rund 60.000 Menschen für das Bündnis – Anzahl stetig steigend. Ebenso ist es bei den Aktionen: Wurden 2009 noch 180 Events organisiert, fanden 2018 schon rund 1.000 Veranstaltungen statt.
2017 feierte die Kampagne ihr zehnjähriges Jubiläum. Dazu wurde ein großer Kongress in Berlin abgehalten, bei dem ein Maßnahmenkatalog zur Umsetzung von Lohngerechtigkeit und eine Agenda ausgearbeitet wurden.
Für ihre Leistungen wurden die Begründerinnen 2009 mit dem Innovationspreis „Ausgewählter Ort im Land der Ideen“ gewürdigt. Bettina Schneider, Past-Präsidentin des BPW Germany, bekam für ihr ehrenamtliches Engagement sogar das Bundesverdienstkreuz. Heute beteiligen sich 20 Länder weltweit am Aktionstag. Daran zeigt sich: Frauennetzwerke können einiges bewegen.
Equal Pay Day in Deutschland – Ein Datum, das zählt
Vielleicht hat es sich schon angedeutet: Seit 2009 findet der „Equal Pay Day“ nicht mehr am 15. April statt, sondern jedes Jahr an einem anderen Tag – und das hat einen Grund. Das Datum wird nämlich anhand der aktuellen Zahlen zum Entgeltunterschied zwischen Frauen und Männern errechnet. Das heißt also: Der „Equal Pay Day“ markiert den Tag, bis zu dem Frauen „umsonst“ arbeiten – im Gegensatz zu den Männern, die bereits ab dem 1. Januar bezahlt werden.
Seit der Einführung fand der „Equal Pay Day“ in Deutschland Mitte bis Ende März statt. Daran zeigt sich: Besonders viel hat sich in den letzten Jahren an der Entgeltlücke nicht getan. 2020 findet der „Equal Pay Day“ am 17. März statt, da der Gender Pay Gap bei 21 Prozent liegt. Das ergibt 77 Tage Rückstand.
Die Kampagne steht unter dem Motto „Auf Augenhöhe verhandeln – WIR SIND BEREIT“. Damit nehmen die Initiatoren Bezug auf das immer noch verbreitete Klischee, dass Frauen schlechter verhandeln als Männer.
Mit diesem Klischee möchten die Veranstalter aufräumen: „Verhandlungssituationen rufen Rollenerwartungen auf beiden Seiten hervor. Weibliche Forderungen werden anders bewertet: im Beruflichen und im Privaten. Wir brauchen neue Verhandlungsmuster, die mehr (Lohn-)Gerechtigkeit schaffen“, heißt es auf der Homepage zum „Equal Pay Day“.
Das gilt einmal mehr für die Finanz- und Versicherungsbranche, in der immer noch viele Zusatzzahlungen vom Ermessen des (oft männlichen) Vorgesetzten abhängig sind.
Daily-Highlights: Sie möchten mehr von unseren Dailys? Dann lesen Sie hier etwas über die sogenannte Papiermark oder über den Ski-Through-Geldautomaten.