Ein einheitliches Geldwesen – ganz selbstverständlich, oder? Fragt man die Menschen, die 1871 im Deutschen Kaiserreich gelebt haben, eher nicht. Das neu gegründete Kaiserreich setzte sich nämlich nicht nur aus 25 verbündeten Staaten zusammen, sondern auch aus sieben Währungsgebieten.
Das allgemeine Sortengeldwesen hatte die Oberhand. Konkret hieß das: Es waren 119 Sorten Gold-, Silber- und Scheidemünzen der Bundesstaaten und eine nicht bezifferbare Menge ausländischer Münzen im Umlauf. Beim Papiergeld sah es nicht besser aus: 33 Notenbanken brachten 56 einzelstaatliche Emissionen von Staatspapiergeld und 117 Arten von Banknoten heraus.
Das Bankgesetz von 1875
Um Ordnung in dieses Chaos zu bringen, beschloss der Reichstag im März 1875 das Bankgesetz. Dieses legte den 32 deutschen Privatnotenbanken Kontingente auf und führte zu Beschränkungen bei den Geschäftsfeldern. Daher gaben viele Banken schnell das Notengeschäft auf.
So wich das Durcheinander innerhalb von wenigen Jahren einem modernen, einheitlichen Geldwesen. Beim Weg dahin spielten auch die Frankreich aufgrund des verlorenen Kriegs auferlegten Zahlungen eine wichtige Rolle. Sie machten den Umstieg von diversen Silberwährungen zur Mark möglich. Die Mark war ab 1876 offizielle Währung im Kaiserreich.
Gründung der Reichsbank und Ende der Geldreform
Im Bankgesetz war auch die Gründung der Reichsbank vorgesehen. Zum 1. Januar 1876 begann sie mit ihren Geschäften und wurde zur Zentralnotenbank des Reichs. Bis 1945, als sie nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs durch die Alliierten aufgelöst wurde, war die Reichsbank Hauptverantwortliche für die nationale Geldpolitik. Sie existierte also rund 70 Jahre und hatte mit zwei Weltkriegen sowie einer der größten Hyperinflation der Geschichte zu kämpfen (Ungarn ist Rekordhalter), in deren Folge auch die sogenannte Papiermark gedruckt wurden.
Mit der Gründung der Reichsbank war die Geldreform abgeschlossen – und das uneinheitliche Geldwesen endgültig passé.
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