BANKINGNEWS: Beim KYC-Prozess im B2B-Bereich sind zum Teil bis zu 250 Einzeldaten zum Unternehmen gefordert. Wie vereinfacht man diesen Prozess?
Stefan Schetter: Eine Vereinfachung ist eine Herausforderung, denn viele Regularien sind zu erfüllen, etwa das nationale Geldwäsche- und Kreditwesengesetz sowie internationale Gesetze. Dazu kommen Anforderungen aus Konzern-Richtlinien, und es ändern sich die Regularien mit der EU-Geldwäsche-Richtlinie. Es gibt eine Vielzahl von notwendigen Datenquellen und Ressourcen: Je nach Portfolio- und Kundenstruktur müssen etwa das nationale Handels- und Transparenzregister, das EU-Transparenzregister und internationale Handelsregister-Informationen berücksichtigt werden. Internationale Verflechtungen mit variierenden Offenlegungspflichten sind dabei ein wiederkehrendes Thema. Die Bank ist hier ja weiterhin verpflichtet, die notwendigen GWG-Anforderungen zu erfüllen. KYC-Prozesse können durch die geschickte Nutzung von Angeboten für die Zusammenstellung der notwendigen Informationen effizienter und schneller gestaltet werden. Unser Unternehmen bietet mit dem neuen Service KYC MORE ein umfassendes Paket, um eine effektive Aufbereitung von Informationen für den KYC-Prozess zu ermöglichen.
Welche Dauer akzeptieren Firmenkunden der Banken für diesen Prozess?
Customer Convenience ist ein Thema, das in allen Bereichen Einzug hält. Die Nutzung von Bankleistungen und Produkten sollte hier keinesfalls nur im Bereich Privatkunden betrachtet werden. In Unternehmen sind ja ebenfalls Menschen aktiv und auch hier steigt die Erwartung hinsichtlich Convenience. Der KYC-Prozess ist dabei ein Schlüsselfaktor. Oft werden die Informationen schrittweise händisch zusammentragen, gesichtet und geprüft. Wir kennen Fälle, wo ein solcher Prozess Monate dauert. Heute ist das aber natürlich nicht mehr convenient. Kunden erwarten, dass die Prozesse schnell und effektiv abgewickelt werden. Natürlich ist den Kunden bekannt, dass bestimmte Nachweise zu erbringen sind. Aber im Zeitalter der Digitalisierung sind maßgebliche Verbesserungen notwendig – und möglich.
Was muss dafür geschehen?
Dafür müssen zunächst einmal die Prozesse, die oft nur teilweise systemgestützt werden, durch effektive Lösungen in entsprechenden Prozess-Plattformen abgebildet werden. Darüber hinaus sollten die Datenquellen effektiv eingebunden werden, um eine schnelle Bearbeitung sicherzustellen. Und was spricht dagegen, dass Kunden die Unterlagen und Informationen über ein Self-Service-Portal direkt beistellen und somit Medienbrüche vermieden werden können, was zu einer massiven Reduzierung der Durchlaufzeiten führt?
Wie funktioniert „KYC as a Service“? Welche Voraussetzungen müssen gegeben sein, dass im Tagesgeschäft einer Bank alles problemlos läuft?
Die vielfältigen Schritte aus einer KYC-Prüfung können auf einzelnen Funktionsbereichen mit Informationen ergänzt werden, wie etwa die Ermittlung des wirtschaftlich Berechtigten oder die Ermittlung und Dokumentation der Eigentümer und Kontrollstrukturen. Hier werden auch internationale Verflechtungen berücksichtigt. In unseren ersten Projekten beinhalteten die Portfolien einen Anteil von 20 bis 40 Prozent Unternehmen mit Verbindungen ins Ausland. Außerdem werden die notwendigen Nachweise und Informationen bereitgestellt sowie die Prüfung gegen PEP- und Sanktionslisten.
„Eine Vereinfachung ist eine Herausforderung, denn viele Regularien sind zu erfüllen.“
Ende 2019 konnten rund 90 Prozent der Anfragen von Banken von Ihrem Unternehmen sofort beantwortet werden. Wann und wie können Sie 100 Prozent erreichen?
Durch Automatisierung und Verknüpfung der Informationen aus unserem Datenuniversum mit weiteren Datenquellen aus nationalen und internationalen Registern kann sichergestellt werden, dass die Informationen schnell und effektiv bereitgestellt werden können. Damit werden nahezu 100 Prozent der Fälle abgedeckt. Jedoch werden Teile der Informationen durch hybride Leistungen gewährleistet, also aus einer Kombination mit manueller Recherche und automatischen Systemen. Einige Prozess-Schritte, wie etwa Abfragen des Transparenzregisters, sind noch manuell getrieben. Das wird aus Sicht der Bank als vollintegrierbarer Service bereitgestellt.
Wie laufen die Prozesse ab, wenn nicht komplett automatisch geprüft werden kann?
Das ist natürlich davon abhängig, wie das Portfolio des Instituts strukturiert ist. Im Bereich Straight Through Processing gehen wir von einer sehr hohen Automatisierung der Fälle aus. Der typische Mittelständler kann hier automatisch unter den KYC-Aspekten durchleuchtet werden. Durch die Unterschiede der Geschäftsmodelle ist allerdings keine allgemeingültige Aussage möglich. Sofern eine manuelle Verarbeitung notwendig ist, wird sie durch Fachkräfte durchgeführt. Hierbei können individuelle Exit Points festgelegt werden, sodass die abschließende Verarbeitung durch die Bank erfolgen kann.
Ihr Unternehmen setzt Suchalgorithmen zur Minimierung von Falschmeldungen beim risikobasierten Einsatz ein. Kann Künstliche Intelligenz dabei helfen?
Ja, mit dem Einsatz von KI wird eine Klassifizierung von News möglich. Künstliche Intelligenz wird auch für die Bewertung unserer Quellen genutzt. Darüber hinaus wird Machine Learning genutzt, um AML-Risiken zu klassifizieren. Diese Modelle können individuell auf den Kundenbedarf adujustiert werden.
Interview: Thomas Friedenberger
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