Das Volumen notleidender Kredite, landläufig als Problemkredite bezeichent, in den Bilanzen europäischer Kreditinstitute ist im vergangenen Jahr auf über eine Billion Euro gestiegen.
Nach Berechnungen der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers standen Ende vergangenen Jahres notleidender Kredite im Nominalwert von rund 1,05 Billionen Euro in den Büchern. Das sind fast neun Prozent mehr als noch im Jahr 2010. Zum Vergleich: Im Krisenjahr 2008 lag das Volumen dieser Kredite gerade bei vergleichsweise niedrigen 500 Milliarden Euro.
Zurückzuführen ist der Anstieg von 2011 maßgeblich auf die Zunahme problematischer Kredite in den Krisenstaaten Spanien und Griechenland, aber auch in Italien. So stieg der Nominalwert der Verbindlichkeiten, die von Gläubigern nicht mehr fristgerecht getilgt werden konnten rasant an. In Spanien um 23 Prozent auf 136 Milliarden Euro, in Italien um 37 Prozent auf 107 Milliarden Euro und in Griechenland sogar um fast 50 Prozent auf 40 Milliarden Euro. Vergleichsweise moderat verlief demgegenüber die Entwicklung in Irland und Portugal.
„Die schlechte wirtschaftliche Entwicklung in Südeuropa hat im vergangenen Jahr erwartungsgemäß zu mehr Zahlungsausfällen von Kreditschuldnern geführt. Zwar ist das Volumen der Problemkredite in 2011 nicht mehr so stark gestiegen wie in den Vorjahren, von einer Trendwende ist der Finanzsektor jedoch angesichts der erneut verschlechterten Konjunkturperspektiven für 2012 noch weit entfernt“, kommentiert Markus Burghardt, Mitglied des Vorstands und Leiter des Bereichs Financial Services bei PwC.
Auch deutsche Banken konnten ihren Bestand an Problemkrediten trotz der vergleichsweise guten Wirtschaftsentwicklung im vergangenen Jahr nicht reduzieren. Die Bereinigung der Bankbilanzen verläuft allerdings auch deswegen schleppend, weil die Institute nach wie vor nur wenige Käufer für ihre Kreditportfolien finden. Zwar trennten sich die Kreditinstitute im vergangenen Jahr von Randaktivitäten und Problemkrediten im Volumen von 36 Milliarden Euro und allein im ersten Halbjahr 2012 von weiteren 27 Milliarden Euro. Der deutliche Anstieg gegenüber dem Transaktionsvolumen in Höhe von 11 Milliarden Euro in 2010 relativiert sich allerdings vor dem Hintergrund der insgesamt zur Disposition stehenden Kreditportfolien: Nach Schätzungen der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft müssen zu den notleidenden Krediten von gut einer Billion Euro zudem Kredite über weitere 1,5 Billionen Euro addiert werden, die Banken als sogenannte „Non Core Assets“ eingestuft haben.
In Deutschland gab es 2011 nur wenige Verkäufe von „Non Core Assets“. Die bekannt gewordenen Transaktionen hatten ein Volumen von knapp 140 Millionen Euro bis rund 1,3 Milliarden Euro. Auf der Käuferseite standen in der Regel Private-Equity-Fonds bzw. auf Problemkredite spezialisierte Investoren.
„Internationale Finanzinvestoren sind in ausgewählten europäischen Ländern sehr aktiv. Hierzu zählen insbesondere Spanien und UK/Irland. Deutsche Kreditinstitute sollten sich durch gezielte Vorbereitung auf Verkäufe, die auch die Interessen dieser internationalen Investoren berücksichtigen, die Chance auf einen Teil der enormen Finanzmittel sichern. Damit könnte eine Wiederbelebung des Marktes für ‚Non Performing Loans‘ in Deutschland erreicht werden, so wie wir es in den Jahren 2004 bis 2007 gesehen haben“, meint Christopher Sur, Partner und Leiter des Bereichs Financial Services Transactions Services.
Foto von Hendrik Fuchs – www.istockphoto.de