Seit etwa 48 Stunden regnen Schuldenkrisenmeldungen Maßweise auf uns ein. Zeit, dass Fass anzuschlagen.
„Wir sollten mal wieder so richtig ein Fass aufmachen!“, sprachs, und Münchens Oberbürgermeister Christian Ude benötigte einmal mehr lediglich zwei Schläge auf den Zapfhahn, um das größte Volksfest der Welt zu eröffnen. Zum ersten Festwochenende kamen angeblich weniger Gäste; Maßabsatz und Ochsenumsatz konnten indes in etwa auf Vorjahresniveau gehalten werden. Eine nicht repräsentative Umfrage unter männlichen Touristen in femininen Klamotten ergab übrigens, dass die europäische Schuldenkrise heuer in den Zelten kein Thema sei.
Ganz anders in den Medien. Nachdem sich für ein, zwei Wochen eine fast schon unheimliche Stille über die Entwicklungen in Griechenland, Spanien & Co. legte, haben einige Rechercheure die Idee mit dem „Fass aufmachen“ wohl irgendwie falsch verstanden. Anders ist es nicht zu erklären, dass seit etwa 48 Stunden die Schuldenkrisenmeldungen Maßweise über uns hereinschwappen. Um Ihnen die Lektüre der einschlägigen Magazine und Tageszeitungen zu ersparen, hier ein Abriss:
ESM: Der Spiegel berichtet, die EWU Finanzminister hätten bei ihrem letzten Treffen vor zehn Tagen das Thema „Hebelung des Rettungsschirms“ diskutiert. Im vergangenen Dezember wurde der erste Rettungsschirm EFSF mit zwei Optionen ausgestattet, welche seine „Schlagkraft“ erhöhen sollten. Der erste Hebel sieht vor, dass der Rettungsschirm nur die ersten 20%-30% der von ihm erworbenen Staatsanleihen gegen Ausfall absichert. Die zweite Option war eine komplizierte Struktur, in welcher der EFSF innerhalb eines von privaten Geldgebern co-gesponsorten Special Purpose Vehicles als erster Gläubiger an möglichen Verlusten aus Anleiheausfällen beteiligt wird. Angeblich wird jetzt überlegt, diese Hebel auf den ESM zu übertragen. Laut Spiegel sieht Finanzminister Schäuble die Pläne positiv, der Bundestag müsse jedoch mitentscheiden. An der maximalen Haftungssumme Deutschlands in Höhe von 190 Mrd. Euro würde sich nichts ändern.
Griechenland I: Der Spiegel berichtet von einer Haushaltslücke in Höhe von 20 Milliarden Euro, welche die Troika identifiziert habe. Bislang war von 11,5 Mrd. Euro die Rede. Zuletzt sprach das griechische Finanzministerium laut Ekathimerini von 13,5 Mrd. Euro.
Griechenland II: Die FTD berichtet über Pläne für einen Schuldenschnitt, an welchem sich weder IWF noch EZB, wohl aber die Kredit gebenden Ländern beteiligen könnten. Aus dem Bundes-Finanzministerium hieß es, eine solche Frage stelle sich nicht.
Griechenland III: Reuters berichtet, der Troika-Bericht zu Griechenland werde auf Bitten der USA erst nach den Präsidentschaftswahlen am 6. November veröffentlicht. Aus der EU Kommission heißt es dazu, diese Berichte seien „totaler Unsinn“. Spanien I: Die FT berichtet, hinter den Kulissen werde an einem vollwertigen Hilfsprogramm gearbeitet. Der Spiegel zitiert Schäuble mit den Worten, Spanien brauche kein weiteres Programm.
Spanien: Der Kapitalbedarf der Banken wird nun am kommenden Freitag veröffentlicht. Die Schätzungen reichen von 40 Mrd. Euro bis zu 80 Mrd. Euro.
Wie können wir all diese Meldungen in mögliche Kursbewegungen übersetzen? Hierzu eine Umfrage unter Bierzeltbesuchern durchzuführen, halte ich für wenig zielführend. Man sollte aber wohl davon ausgehen, dass die Stimmung an den europäischen Finanzmärkten heute früh nicht so berauschend sein wird wie jene auf der Theresienwiese. Andererseits gibt es aber auch keinen Anlass zu behaupten, „Jetzt ist das Maß voll!“. Wichtiger als all diese Meldungen könnte ohnehin der Ifo Index sein. Dieser wird heute Vormittag um 10 Uhr veröffentlicht. Ort: München. Wo genau? Mit Sicherheit nicht auf der Wiesn…
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