BANKINGNEWS: Herr Dorn, inwiefern hat sich die Kundenbindung in Ihrer Bank durch die Corona-Krise verändert?
Christian Dorn: Im Prinzip gar nicht. Die persönliche Bindung zu unseren Kunden konnten wir seit Beginn der Pandemie unverändert aufrechterhalten, sogar während des Lockdowns, in dem unsere Beratungscenter geschlossen waren. Begründet ist das in unserem Geschäftsmodell als beratende Direktbank. Da wir seit jeher wenige Filialstandorte haben, sind es unsere Kunden gewohnt, ihre Bankgeschäfte digital oder telefonisch zu erledigen. So wurden im Geschäftsjahr 2019 – in dem Corona für uns noch kein Thema war – mehr als ein Drittel aller Ratenkredite online abgeschlossen.
Sind diese Entwicklungen langfristig oder werden wir nach der Corona-Pandemie wieder zum alten Zustand zurückkehren?
Die Rückkehr zum alten Zustand scheint unrealistisch und wäre auch nicht zukunftsweisend. Denn spätestens jetzt wissen wir, dass Pandemien jederzeit eintreffen können und Möglichkeiten geschaffen werden müssen, auch Phasen des Social Distancing zu überstehen. Unsere Bank hat sich schon früh auf die digitalen Erfordernisse der Zukunft eingestellt, etwa mit der Entwicklung kundenfreundlicher, intuitiv zu bedienender Online-Lösungen.
Fragen Ihre Kunden in der Krise auch andere Services nach?
Durch die bereits vorhandenen Online-Services konnten unsere Kunden ihre täglichen Bankgeschäfte auch während der Krise wie gewohnt tätigen. Entsprechend kam der Wunsch nach neuen Services vermutlich gar nicht erst auf. Viele Kunden sprachen jedoch offen über ihre finanziellen Sorgen. Temporäre Kürzungen des monatlichen Einkommens zu schultern, war und ist für viele eine wirtschaftliche Herausforderung. Wir hören in solch schwierigen Situationen genau hin, um bedarfsgerechte Lösungen zu finden. Daher bieten wir unseren Kunden seit Beginn der Krise den günstigen und unbürokratisch erhältlichen „PSD Überbrückungskredit“ an.
Wie muss in einer Krisen-Situation in der persönlichen Beratung reagiert werden, welche neuen Lösungen müssen entwickelt werden?
Nicht neu, aber ausbaufähig ist bei uns das Thema Videoberatung. Seit fast zwei Jahren haben Kunden die Möglichkeit, via Videoberatung mit uns in Kontakt zu treten. Berater stehen den Kunden über diesen Kanal genauso fachkompetent zur Seite wie bei der persönlichen Beratung zu diversen Themen. Wir werden verstärkt versuchen, die Hemmschwelle für die Nutzung von Videoberatung abzubauen. Darüber hinaus hat uns die Corona-Krise motiviert, Innovationen noch schneller aufzugreifen und bestmöglich für uns zu nutzen.
Inwiefern hat sich die Kundenansprache in der Bank geändert? Müssen Sie nun „anderes“ Marketing betreiben?
Teilbereiche unserer Marketingaktivitäten bestehen unverändert. Dazu zählen Radio- und Anzeigenwerbung, Ratgeberartikel in Magazinen und Sponsoring. Völlig verändert hat sich durch das Risiko von COVID-19 die Durchführung von Veranstaltungen. Zuvor erreichten wir unsere Kunden in den Regionen Köln, Bonn, Aachen und Trier gerne über Veranstaltungen zu unterschiedlichen Themen, sei es bei einer Podiumsdiskussion zum Thema Baufinanzierung oder einem Kochkurs, der Nachhaltigkeit aus finanzieller und kulinarischer Sicht vermittelte. Durch die Pandemie durften Veranstaltungen bekanntermaßen nicht stattfinden. Doch wir verzichten auch nach entsprechenden Lockerungen zugunsten der Gesundheit von Kunden und Mitarbeitern auf große Events. Wir reagieren mit einer neuen digitalen Lösung und haben Kunden-Web-Seminare eingeführt, die über Finanzthemen informieren, etwa über Möglichkeiten zeitgemäßer Geldanlage.
Wie haben sich Ihre Werbemaßnahmen dadurch verändert?
Die neuen Online-Seminare bewerben wir mit einer direkten persönlichen Ansprache. Wir laden unsere Kunden schriftlich ein, oftmals folgt danach noch ein Anruf durch den Berater. Eine Veranstaltung online durchzuführen, bedeutet ja nicht, im Vorfeld ausschließlich online tätig zu sein. Unsere Kunden sollen spüren, dass wir uns für sie interessieren und dass hinter jeder digitalen Lösung ein fachkompetenter Berater der Bank steht.
Im Unternehmensleitbild positioniert sich Ihr Haus als aufrichtigste Bank für Arbeitnehmer in der Region. Ihre Aussage darin lautet: „Wir nutzen offen die Chancen und Anforderungen der Zukunft“. Was kommt nach der Krise und wie stellen Sie sich darauf ein?
Uns ist es wichtig, positive Elemente aus der Krise in die Zukunft zu transportieren. Und das gleichermaßen für Kunden und Mitarbeiter. Die Weichen für ein weiterhin erfolgreiches Wirken am stark umkämpften Bankenmarkt haben wir mit den Online-Leistungen und der Einführung mobiler Arbeitsplätze gelegt. Unsere Mitarbeiter haben sich trotz der persönlichen Distanz weiterhin als starkes Team verstanden, das die gesetzten Ziele meistert. Ich kann zusammenfassend sagen, dass wir einer der Gewinner der Krise sind. Jetzt liegt es an uns, die bestehende Basis auszubauen und auch unter neuen Arbeitsbedingungen motiviert zu bleiben.
Interview von Thorsten Hahn und Laura Kracht
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