Der Zahlungsverkehrsmarkt ist aktuell zweifellos von einer hohen Dynamik geprägt. Die Megathemen „E-Commerce“ und „Mobile“ wirken dabei als Treiber für die Entwicklung einer Vielzahl innovativer Bezahlverfahren.
Es vergeht kaum eine Woche, in der Medien nicht über die bevorstehende Einführung eines weiteren neuen Bezahlverfahrens öffentlichkeitswirksam berichten. In der Konsequenz sind viele Privatkunden von der Vielzahl der potenziellen Möglichkeiten jedoch eher irritiert und bleiben, zumindest vorerst, beim Bewährten. So stellt das Bargeld auch weiterhin das mit Abstand am häufigsten benutzte Zahlungsmittel im deutschen Einzelhandel dar. Auf einem starken zweiten Platz liegt die Zahlungskarte in allen ihren Ausprägungen. Andere Zahlungsmethoden bewegen sich dagegen bislang noch im kaum wahrnehmbaren Bereich.
Kundenbedürfnisse beachten
Ein wesentlicher Grund hierfür ist aus Anwendersicht neben der Vielzahl und damit Unüberschaubarkeit der innovativen Bezahllösungen, dass sich viele Zahlungssystemanbieter bei der Gestaltung ihres Dienstleistungsangebots häufig zu stark auf die technische Machbarkeit bzw. die eigene Nutzenoptimierung konzentrieren. Damit werden die Kundenbedürfnisse nicht hinreichend erfüllt. So ist auch der häufig geäußerte pauschale Vorwurf, die Banken seien bei der Gestaltung von neuen Zahlungsverkehrsangeboten selbst nicht innovativ genug, unzutreffend. Das Gegenteil ist der Fall. Dies zeigen nicht zuletzt die von der genossenschaftlichen FinanzGruppe in den letzten zwei Jahren erfolgreich durchgeführten Pilotierungen zum kontaktlosen Bezahlen mit der MasterCard im PayPass-Verfahren in Hamburg bzw. mit girogo im Großraum Hannover/Braunschweig.
Es gibt genügend Beispiele für innovative Banken
Die Dortmunder Volksbank hat als erstes Kreditinstitut Anfang 2013 angeboten, mit dem Smartphone zu bezahlen. Hierbei wurde im E-Wallet die MasterCard hinterlegt. Darüber hinaus hat sich die genossenschaftliche FinanzGruppe auch mit der bundesweiten Einführung von iZettle zur mobilen Kartenakzeptanz als Innovationsführer gezeigt. Die Kunden wünschen sich vor allem einfach zu handhabende Bezahlverfahren, allerdings unter der strengen Nebenbedingung der Gewährleistung der notwendigen Sicherheit und Einhaltung der Datenschutzregeln. Hierbei bestehen in der Praxis sehr relevante Unterschiede und die deutsche Kreditwirtschaft kann sich mit ihren Angeboten, die selbstverständlich die strengen Sicherheits- und Datenschutzstandards des deutschen bzw. EU-Gesetzgebers einhalten, beim Kunden positiv profilieren.
Faire regulatorische Rahmenbedingungen schaffen
Aber auch für alle anderen Anbieter von Bezahlverfahren im europäischen Markt, inkl. Drittdienstleistern und Anbietern mit Firmensitz im Ausland, müssen künftig die gleichen hohen regulatorischen Anforderungen gelten. Hier ist der nationale und EU-Gesetzgeber dringend zur Nachbesserung aufgefordert. Denn das bisherige Zulassen von Zahlungsverkehrsangeboten alternativer Zahlungsdiensteanbieter, die erst durch niedrigere regulatorische Standards möglich werden, sind keine sinnvollen Innovationen sondern staatlich geduldeter unfairer Wettbewerb zu Lasten der Kreditwirtschaft.
PSD II: Verbrauchervertrauen erhalten
Derzeit wird im Rat der EU eine Änderung der EU-Zahlungsdiensterichtlinie (PSD II: Payment Service Directive) verhandelt. Diese EU-Richtlinie beinhaltet das Aufsichtsrecht für Zahlungsdienstleister und die zivilrechtlichen Regeln für die Erbringung von Zahlungsdienstleistungen. Ein wesentlicher Eckstein der heutigen, reibungslos funktionierenden Zahlungsverkehrsinfrastruktur ist die Gewährleistung der Sicherheit, die durch technisch-organisatorische Maßnahmen der Zahlungsdienstleister sowie durch vertragliche Sorgfaltspflichten der Akteure für ihren jeweiligen Verantwortungsbereich erfolgt. Dieses Konzept funktioniert bislang sehr gut, was geringe Schadensfälle und verlässliche sowie kostengünstige Zahlungsverkehrsprodukte zeigen.
Die Verhältnismäßigkeit muss berücksichtigt werden
Die EU-Kommission hat mit ihrem Vorschlag zur Änderung der PSD II diesen wichtigen Eckstein in Frage gestellt, um eine Marktöffnung zu erreichen. Die Kreditinstitute sollen verpflichtet werden, ihre besonders technisch gesicherte Kunde-Bank-Schnittstelle lizenzierten Drittdiensten kostenlos zu öffnen. Zudem sollen die Kreditinstitute dulden, dass die von ihnen an ihre Kunden ausgegebenen persönlichen Kontozugangsschlüssel (z.B. Online-Banking-PIN und -TAN) von den Drittdiensten genutzt werden. Damit sollen Drittdienste Zahlungen für den Kunden auslösen und vollen Zugriff auf alle sensiblen Kontodaten des Kunden nehmen können. Für etwaige Schäden bei Nutzung von Drittdiensten soll primär das Kreditinstitut haften. Dieser einseitig wettbewerbspolitisch getriebene Ansatz ist jedoch nicht sachgerecht:
Warum erfolgreiche Aufklärungsarbeit nicht würdigen?
Denn heute weiß der Verbraucher, nicht zuletzt auf Grund der jahrelangen kontinuierlichen Aufklärung durch die Kreditwirtschaft und das Bundesamt für Sicherheit in der Imformationstechnik, dass er PIN und TAN niemandem und unter keinen Umständen weitergeben darf.
Mit der neuen PSD II-Richtlinie soll dieser Grundsatz nun aufgegeben werden; letztlich wird der Verbraucher aber nicht zwischen lizenzierten Drittdiensten und Kriminellen unterscheiden können. Es besteht somit ein hohes Risiko, dass das Online- und Mobile-Banking nachhaltig diskreditiert wird und so der Verbraucher das Vertrauen in die digitale Wirtschaft verliert. Deshalb haben sich auch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht und die Europäische Zentralbank dafür ausgesprochen, das Verbot der Weitergabe von PIN und TAN an Dritte aufrechtzuerhalten.
Haftungsgrundsätze auszulassen, ist völlig unangemessen
Des Weiteren negiert der Vorschlag in allen EU-Mitgliedstaaten geltende zivilrechtliche Haftungsgrundsätze. Der ausschließlich vom Kunden ausgewählte Drittdienst steht außerhalb der vom Kreditinstitut beeinflussbaren Sphäre. Gleichwohl eine Primärhaftung der Banken und Sparkassen für Fehler von Drittdiensten vorzusehen, ist völlig unangemessen und bürdet der Kreditwirtschaft nicht kontrollierbare Risiken auf. Darüber hinaus widerspricht es auch dem allgemeinen Rechtsempfinden, dass privatwirtschaftlich aufgebaute und finanzierte Zahlungsverkehrsinfrastrukturen nun vom europäischen Gesetzgeber als „öffentliches Gut“ angesehen werden. Und selbst wenn man Parallelen zu anderen Unternehmen zieht, die ihre Infrastruktur als „essential facility“ Wettbewerbern öffnen müssen (z.B. Deutsche Bahn als Betreiber des Schienennetzes gegenüber privaten Eisenbahngesellschaften), so haben diese Anspruch auf Bezahlung ihrer Dienstleistung. Es ist deshalb nicht akzeptabel, dass Kreditinstitute ihre Infrastrukturen, Datenbanken und Dienstleistungen Drittdiensten entgeltfrei zur Verfügung stellen müssen. Denn der Drittdienst verkauft seine Dienstleistung unter Nutzung der Infrastruktur des Kreditinstituts kostenpflichtig an Händler.
Auch der EU sollte ein funktionierender Zahlungsverkehr wichtig sein
Seitens der Deutschen Kreditwirtschaft weisen wir daher intensiv darauf hin, dass das politische Interesse an einer weiteren Ausweitung des Wettbewerbs im Zahlungsverkehrsmarkt nicht zu einem grundsätzlichen Vertrauensverlust seitens der Verbraucher, zu einem systemischen Sicherheitsrisiko für Kreditinstitute und zu einer Benachteiligung der Banken und Sparkassen in Europa führen darf. Wir sind zuversichtlich, dass auch der EU ein funktionierender Zahlungsverkehrsmarkt wichtig ist.