PFM ist ein derzeit in der Branche heiß diskutiertes Thema. BANKINGNEWS sprach mit der Leiterin für Marketing und Kommunikation/Geschäftsfeldentwicklung/Portfoliosteuerung bei ELAXY, Stephanie Wißmann, unter anderem über die gegebenen Vor- und Nachteile.
Banking News: Wo ist der Unterschied zwischen Omas Haushaltsbuch und Personal Finance Management (PFM)?
Wißmann: Das ist vielleicht der größte Fehler, den Banken aktuell begehen. Sie schmeißen ein elektronisches Haushaltsbuch und Personal Finance Management in einen Topf. Was das Thema persönliches Finanzmanagement so spannend macht, ist, dass es den Kern der Bankdienstleistung trifft. Ein Kunde, der versteht und auswerten kann, woher das Geld kommt und wohin es geht, wie viel übrig bleibt und was man damit machen könnte. Aber genau das will sie doch wissen – und dann erst danach handeln! Was ihm dazu bisher von der Bank zur Verfügung gestellt wird, ist eine schwarz-weiße Auflistung seiner Abflüsse und Zugänge, die für ihn persönlich von sehr hohem Interesse ist, aber von der Bank lieblos präsentiert wird und auf der anderen Seite die aufgehübschte Internetwebseite mit Informationen, die vorausseztenvoraussetzen, dass er bereits einen Bedarf für sich erkannt hat, die der für ihn von geringem Interesse sind. PFM bietet hier quasi den Missing Link. Die Bank stellt ihren Kunden ein Controlling- und Planungsinstrument an die Hand. Damit können sie ihre Mittelflüsse ordnen, verstehen und strategisch beeinflussen. Der Kunde erkennt und durchdringt seine finanziellen Möglichkeiten und Grenzen – und die Bank hat die Chance, sie mit ihm neu und fundiert zu besprechen. Wer in PFM nur Omas Haushaltsbuch ziehtsieht, vertut wertvolle Chancen.
Banking News: Also: Warum sollten Kunden sich für PFM interessieren?
Wißmann: Verzeihung, aber die Frage ist falsch gestellt: Die Kunden interessieren sich vor allem für finanzielle Sicherheit, und um diese zu erhalten wünschen sie deutlich mehr Transparenz. Angebote in dieser Richtung – und dazu gehört PFM – werden sie mit Sicherheit ergreifen. Kurz: Es sind nicht die Kunden, es sind die Banken, die dieses Thema verschlafen. Marktforschungen in den USA und Umfragen in Deutschland zeigen: 50% der Kunden würden zu einer neuen Bank wechseln, wenn sie dort ein Personal Finance Management bekämen. Eine von der Universität Regensburg und der ibi research durchgeführte Studie zeigt: Die Bankkunden wünschen sich einen Überblick über ihre Finanzen – und zwar am liebsten von der Bank. Und tatsächlich gelingt es ja auch fremden Playern wie Numbrs und anderen derzeit in großem Umfang Kunden anzuziehen. Dort werden deren Konten aggregiert, und die bisherigen Banken verlieren den Kontakt und die Einlagen. Umgekehrt hat sich interessanterweise gezeigt, dass die PFM-Nutzung dazu führt, dass die Kunden wieder häufiger das Gespräch mit der Bank suchen.
Banking News: Der Einwand wäre natürlich, dass solche Lösungen überdimensioniert sind. Warum benötigt ein Kunde einen kompletten Überblick über seine gesamte Vermögenssituation, wenn er neben seinem Girokonto bestenfalls nur ein Sparkonto besitzt?
Wißmann: Nun, das darf man keinesfalls unterschätzen. Die Mehrzahl der Haushalte verfügt über mehr als ein Girokonto, mehr als ein Sparbuch und mehr als einen laufenden Kredit. Aber das Thema „Finanzen verstehen und beherrschen“ fängt doch schon im Kleinen an: Auf einmal erkennt zum Beispiel der Student, was ein Café Latte to go für 3,50 € jeden Morgen ihn am Monatsende kostet. Und nicht erst im Großen wird es für die Banken interessant: Ob es Sinn macht, zum Beispiel mehrere Kredite weiter nebeneinander zu bedienen oder ob nicht eine Umfinanzierung günstiger käme, das sind Themen, auf die der Kunde durch mehr Transparenz aufmerksam gemacht wird, und die die Bank durch ihre Empfehlungen aktiv nach vorn bringen kann. Dann wird aus breit gestreuten Kampagnen eine wirklich individualisierte Pull-Ansprache. Und ein weiteres Weiteres wird hier deutlich: Die Bank ihrerseits erhält durch die freiwillige Dateneingabe und –nutzung, sofern der Kunde das wünscht und ihn freischaltet, weitreichende Einblicke, die sie als sehr konkrete Einstiegshilfen in Gespräch und Beratung nutzen kann.
Banking News: Das Thema Daten ist aber doch hochsensibel. Sie beschreiben gerade, wie die Bank mit den Kundendaten ihr Marketing nach vorn zu bringen sucht. Kann sich der Kunde einer Bank sicher fühlen, dass mit diesen Daten kein Unfug getrieben wird?
Wißmann: Wenn Banken noch ein großes Asset haben, dann ist es das Vertrauen der Kunden in die Sicherheit der Daten. Das wird von den Banken übrigens viel zu wenig in den Vordergrund gestellt. Demgegenüber setzen die FinTechs und andere Drittanbieter ganz klar auf die Nutzung und die Vermarktung der Daten. Kommentare in Internetportalen zeigen, wie misstrauisch die Kunden den reinen Online-Anbietern gegenüber sind. Umso wichtiger ist es daher, ihnen seitens der Banken sichere Angebote zu machen, und sie nicht durch Untätigkeit dem Lockruf Dritter zu überlassen.
Banking News: Und wie kann man die Kundenansprache und Kundenbindung durch ein PFM-Angebot aktiv an das eigene Institut binden?
Wißmann: Früher hieß es: wer das Konto hat, der hat den Kunden. Heute schon heißt es: Wer das PFM hat, der hat den Kunden. Wer einmal angefangen hat, seine Finanzen über einen anderen Anbieter zu managen, der verliert ganz schnell den Kontakt zu seiner Hausbank. Es geht schlicht das Kundenfrontend verloren und einer der wichtigsten Kontaktkanäle. Und auch das zeigt die Markterfahrung aus den USA: Der Kontakt zu dem Institut, das das PFM bereitstellt, wird intensiver. Und zwar auf zwei Wegen: Zum einen fragen die Kunden nach – wenn sie auf Probleme stoßen, wenn sie ihre Wunsch- und Planungslisten mit den Einnahmen nicht in Einklang kriegen, und zum andern kann die Bank ihrerseits aufgrund der verbesserten Datenlage aktiv das Gespräch suchen, und individualisierte Vorschläge und Angebote unterbreiten. So wird und bleibt man der wichtigste Ansprechpartner in Finanzdingen, die Hausbank eben – nur jetzt eben auf beiden Kanälen: in der Filiale und im Internet.
Banking News: PFM hat unter anderem in den USA bereits einen richtigen Siegeszug begonnen. Wie ist die bisherige Kundenresonanz in Deutschland?
Wißmann: Die Institute, die bereits PFM im Einsatz haben, berichten von einer überaus positiven Resonanz – von der stärkeren Nutzung des Internetauftritts, höheren höherer Kundenzufriedenheitn über längere Verweildauern bis hin zu stärkerem Geschäft mit den PFM-Nutzern. Ein klassisches Win-Win.