Hrsg.: John LeFevre
Euro:19,99
255 Seiten, gebunden
ISBN: 978-3-89879-952-2
FinanzBuch Verlag München
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„Die Wall Street operiert in ihrer eigenen Realität. Hier heißt es Anpassen oder Sterben.“ Teilweise kommt es dem geneigten Leser so vor, dass John LeFrevre eine Legitimation für sein verruchtes und unanständiges Leben während seiner aktiven Zeit im Investment-Wahnsinn sucht, wenn man solche Zeilen von ihm erhält. Dabei verfolgt sein literarisches Debüt mehr eine Dialektik des Schockierens und des Amüsierens. Die Idee zu diesem Bericht zügelloser Exzesse entstand durch den von LeFevre ins Leben gerufenen Twitter-Account @GSElevator, der die Öffentlichkeit an Lift-Gesprächen aus dem Hause Goldman Sachs teilhaben ließ. Dass der Autor selber niemals dort gearbeitet hat, sondern bei Salomon Brothers und der Citigroup, ist sekundär. Seine treuen Fans versorgten ihn mit den entsprechenden Inhalten.
„Goldman fucking Sachs“
Dieser zweideutige Tweet war der erste, der von besagtem Account in die Welt posaunt wurde. Passenderweise ist es auch der erste Satz des pseudonarrativen Werks, das zwar einen bisschen chronologisch durch das Leben eines Investmentbankers zieht, aber wenig Wert auf strikte Zusammenhänge der einzelnen Kapitel legt. Allerdings liegt hier die Stärke des Buches. Der Titel hat nicht den eigenen Anspruch, sehr ernst genommen zu werden. Namen werden einfach geschwärzt und Situationen 1:1 beschrieben – dazu zählen auch sexuelle Orgien in Hongkong, die detaillierter kaum illustriert werden könnten. Ob man das mag, ist wohl Geschmackssache. Allerdings ist der gewählte Ton des Autors eine elementare Komponente, um die Welt der Investmentbanker mit dem intentionalen Unterton erfolgreich in das für LeFevre rechte Licht zu rücken. Die nicht geschwärzten Namen hat der Autor wohl wissentlich geändert, da einige der erwähnten Personen immer noch zu seinem Freundeskreis zählen. „Und diejenigen, für die ich mich einen Scheiß interessiere: Zum Glück für euch haben mich die Rechtsanwälte dazu gebracht, eure Namen unkenntlich zu machen.“
Tweets als lustige Ablenkung
Ein Highlight von „Ab in die Hölle“ stellen sicherlich die zwischen den Kapiteln eingestreuten Tweets dar. Aussagen wie „Am Morgen hatte ich nicht nur ihren Namen vergessen, sondern auch, mit welchem ich mich vorgestellt hatte“, gehören noch zur harmloseren Sorte. In der Regel beherrschen vulgäre Termini die 255 Seiten dieses kurzweiligen und durchaus unterhaltsamen Titels. Für Interessierte liefert LeFevre immer mal wieder nebenbei Tipps für den sicheren Konsum von Kokain in den eigenen vier Wänden. Dieser Verzehr-Ort sei laut ihm clever gewählt, weil die Droge „viel zu häufig mit Baby-Abführmittel“ gestreckt werde. Trotzdem gehen die interessanten Insider-Informationen bei verschiedenen beschrieben Großdeals nicht unter. Sie schüren ein glaubhaftes Gesamtpakt der Welt der Investmentbanker. Es stört dann auch nicht, dass die Episoden oftmals vollkommen inkohärent aneinandergereiht sind. Es bedarf keiner Kohärenz, wenn das autobiographische Ich noch nicht mal die Kohärenz zum letzten Tag herstellen kann. Für John LeFevre steht in jedem Fall nach diesem intensiven und alles andere als gesunden Lebensabschnitt fest: „Wenn ich im Flugzeug in die Hölle sitze, wird die First-Class ganz schön voll sein.“ Economy-Class ist schließlich etwas für Verlierer.