Der DAX, der bedeutendste deutsche Aktienindex, ist die Kennzahl für die Wertentwicklung der 30 größten und umsatzstärksten deutschen Aktien. Ab September 2021 wird er auf 40 Aktiengesellschaften ausgeweitet. Seit der Gründung im Jahr 1988 waren bisher zwei Frauen auf dem Chefsessel dieser umsatzstärksten deutschen Konzerne. Die erste war Jennifer Morgan, Co-Chefin von SAP, die das Unternehmen aber zum 30. April 2020 verließ. Zum 1. Mai 2021 übernimmt nun Belén Garijo die Führung beim Pharmakonzerns Merck KGaA.
Die neue Vorstandsvorsitzende hat an der University of Alcala de Henares Medizin studiert und begann ihre Karriere als Ärztin in einem Madrider Krankenhaus. 1996 wechselte sie in die Pharmaindustrie und belegte einen Posten als Unit Director der Onkologie beim französischen Pharmakonzern Rhône-Poulenc Rorer.
Nach verschiedenen Zwischenstationen kam sie 2011 zur Merck KGaA. Dort war sie zunächst als Leiterin des operativen Geschäfts der Biopharma-Sparte tätig. Danach stieg sie zur Präsidentin und CEO des Biopharma-Bereichs auf. 2015 wurde die gebürtige Spanierin in die Geschäftsleitung berufen.
Hier war Belén Garijo zunächst für den Bereich Gesundheitswesen zuständig, den sie umstrukturierte und international positionierte. Im Juli 2020 ernannte man Garijo zur stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden an der Seite des noch amtierenden Chefs Stefan Oschmann. Nun übernimmt sie zum ersten Mai 2021 den Vorsitz und ist damit die zweite Frau an der Spitze eines DAX-Konzerns.
Frauenquote im europäischen Vergleich gering
Doch die geringe Frauenquote ist nicht nur ein Problem der DAX-30-Konzerne. Ein Bericht des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) von 2020 zeigt, dass in den 200 umsatzstärksten Unternehmen Deutschlands nur rund 101 Frauen arbeiten. Das sind zwar sieben mehr als im Vorjahr, aber bei einer Gesamtanzahl von 878 Vorstandsposten liegt der Anteil weiblicher Führungskräfte hier bei gerade einmal zwölf Prozent.
In Banken zeigt sich ein ähnliches Bild – im Herbst 2020 betrug der Frauenanteil hier nur etwa 11 Prozent. Laut des DIW sitzen bei den 100 größten Banken gerade einmal zehn Frauen im Chefsessel. Im Januar 2021 gesellte sich noch Isabelle Chevelard zu diesen zehn Chefinnen dazu, als sie die Führung der TARGOBANK von Pascal Laugel übernahm. “Im Gegensatz zu einigen Aufsichtsräten sitzen bei den meisten Vorstandsrunden nach wie vor ganz überwiegend Männer am Tisch”, sagt Katharina Wrohlich, Leiterin der Forschungsgruppe Gender Economics des DIW.
Doch das soll sich in Zukunft ändern. Frauen sollen gezielter gefördert werden und das nicht nur in Deutschland, sondern international. Einen Anfang machte die EZB schon im Mai 2020. Sie legte ein Frauenförderprogramm vor, um ein ausgewogeneres Geschlechterverhältnis zu erreichen. Ob das nur über Quoten geht?
Iris Bethge-Krauß, VÖB-Hauptgeschäftsführerin, sagt über ihre Zeit im Bundesfamilienministerium: “Damals standen wir der Quote sehr skeptisch gegenüber und wir dachten: „Jetzt nicht diese Quoten, die Frauen können das auch alleine“. Aber viele im Ministerium, mich eingeschlossen, haben gelernt, dass es manchmal ohne eine Quote nicht geht.” Und weiter: “Leider gibt es noch immer eine gläserne Decke, an die Frauen stoßen.”
Diesem Problem könne etwa mit dem Ausbau von Kinderbetreuung und der besseren Vereinbarkeit von Job und Familie entgegengewirkt werden. Das erfordere aber auch ein aktives Bemühen seitens der Arbeitgeber. Das Bemühen ist da und die Anfänge sind gemacht.
Das Fazit? Es tut sich etwas in deutschen (Finanz-)Unternehmen, wenn auch langsam. Auch das Thema Diversity rückt verstärkt in den Fokus der deutschen Wirtschaftslandschaft. Aber aufgepasst: Diversity ist nicht nur Gender. Und auch gerade deshalb ist das Ziel noch lange nicht erreicht.
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