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Die Macht der Masse: Warum PR heute für Unternehmen Kollektivarbeit ist

Ob im Mannschaftssport oder im Beruf – Einzelkämpfer sind nicht mehr gefragt. Heute zählt das Team. Welchen Druck die „Macht der Masse“ auf Unternehmen ausübt und wie sie diese für sich nutzbar machen, erklärt Ana-Maria Climescu, Head of Marketing bei Hauck & Aufhäuser.


Unternehmen

Wer Bücher über Social Media veröffentlicht, hat ein Problem: Morgen schon kann alles, was heute noch Gültigkeit besitzt, anders sein. Auch dieser Beitrag vertritt daher kaum wissenschaftlichen Anspruch, sondern ist eine Darstellung von Beobachtungen und Learnings aus der jüngeren Vergangenheit. Schließlich geht es auch im Umgang mit den sozialen Medien eigentlich nur um Beobachten und (Re-)Agieren. Ob als Privatperson oder Unternehmen: Wer die positiven Seiten von Social Media nutzen will, muss sich jeden Tag zumindest ein bisschen damit beschäftigen und verstehen, wie die neue Medienwelt funktioniert – und auch, welche Gefahren sie birgt.

Die Community hat die Macht

Die vergangenen Monate und Wochen waren aus PR-Sicht die spannendsten meines bisherigen Berufslebens.
Die eindrucksvolle „Macht der Masse“, die das Gefühl des „Dabei-Sein-Wollens“ oder auch „Dabei-Sein-Müssens“ auslösen kann, war besonders erlebbar, als die UEFA den Antrag ablehnte, die Allianz Arena während des Spiels Deutschland gegen Ungarn in Regenbogenfarben zu beleuchten. Binnen weniger Stunden nach dieser Entscheidung brach eine Social-Media-Welle der Entrüstung los. Diese richtete sich sowohl gegen die Entscheidung der UEFA, aber – und das ist das Schöne daran – sprach sich auch für Vielfalt und Toleranz aus. Was mit Einzelpersonen und ihrer Meinungsäußerung begann, erfasste schon bald Unternehmen weltweit.

Schließlich gilt es abzuwägen, welchen Interpretationsspielraum man als Unternehmen mit Blick auf die eigene Haltung zum Thema Diversity zulässt, wenn man sich nicht mit einem Regenbogenstatement dazu äußert. Es entsteht unmittelbarer Handlungsdruck in und vor der Community. Besonders große oder börsennotierte Unternehmen haben zeitaufwendigere Abstimmungsschleifen, welche die Schnelligkeit – in Teilen zu Recht – drosseln. Und selbst für mittelständische Unternehmen wie Hauck & Aufhäuser, die per se schnell und mit wenigen Abstimmungsschleifen arbeiten, stellt sich in solch einem Fall die Frage: Was kann ich mit einem Beitrag in den sozialen Medien leisten, und ist die Botschaft authentisch?

Schnell entscheiden, schnell reagieren

Wie elementar diese Fragestellung ist, zeigte sich wenig später an der Kritik, die über VW hereinbrach. Das Unternehmen hatte sein Logo regenbogenfarben geändert, nicht jedoch sein katarisches. Dass in Katar bei gleichgeschlechtlicher Liebe die Todesstrafe droht, steht natürlich im Widerspruch zum Konsens der deutschen Community. Wenn man also nicht mit Substanz und Aktion hinter einer solchen Message glänzen kann, sollte man die Kommunikation low-key halten. Einen konstanten Blick auf aufkommende Massenbewegungen zu halten, etwa mit Hilfe eines Issue Monitorings, sowie intern schnelle Prozesse und Pläne für solche Fälle bereitzustellen, wird künftig sicher Teil des modernen Reputationsmanagements. Denn an der UEFA-Geschichte werden die Geschwindigkeit und Dynamik deutlich, in der Unternehmen gezwungen sind, eine Entscheidung über ihre (Re-)Aktion zu treffen.

Authentische Unternehmen haben Chancen

Für authentische Unternehmen bieten Rechtfertigungsdruck und Potenzierungsdynamik in den sozialen Medien aber eine noch nicht in der Breite genutzte und häufig verkannte Chance. Das gilt nicht nur in der eigenen Kommunikation, sondern auch im Einsatz und der Befähigung der Kommunikation über eigene Influencer, darunter die eigenen Mitarbeiter:innen und damit die Corporate Influencer. So funktioniert PR im beschriebenen Umfeld heute keineswegs mehr solitär gesehen: Ein Unternehmen als Absender von Botschaften reicht lange nicht mehr aus – zumindest nicht, um viele Menschen zu erreichen.

Deshalb muss man über Kanäle hinausdenken und neue Wege finden, Botschaften in die Breite und Tiefe zu tragen. Dafür gilt es, ganz neue Zielgruppen als Botschafter zu gewinnen, nämlich alle Mitarbeiter:innen, Führungskräfte und natürlich auch den Vorstand. Aus One2Many wurde also in den vergangenen Jahren Many2Many.
Und die zentrale Frage dabei ist: Wie orchestrieren PR-Manager:innen diese neuen Botschafter:innen so, dass sie zu PR-Botschafter:innen eines Unternehmens werden? Denn die Reichweite eines Unternehmens ist immer begrenzt, da das Vertrauen in Marken stets kleiner ist als das in Menschen.

Awareness-Steigerung ohne zusätzliches Mediabudget

Am Beispiel von Hauck & Aufhäuser lässt sich in der Bankenpraxis aufzeigen, wie PR-Manager ein solches Bestreben umsetzen können. Man nehme etwa den Kampagnenclaim „Zeit zu reflektieren, Zeit zu investieren“ der digitalen Vermögensverwaltung Zeedin. Um diese Botschaft zu verbreiten, gab es zunächst die klassischen Content-Formate und Mediabuchungen, die zu einer Landingpage führten.
Um die Reichweite zu erhöhen, wurden dann Mitarbeiter:innen und Führungskräfte sowie der Vorstand in die Kommunikation miteinbezogen und um Support gebeten, inklusive internem Aufruf zur Aktion und Interaktion für alle im Intranet. Die Idee: Jeder sollte eine Antwort auf die Frage „Wann haben Sie das letzte Mal reflektiert?“ formulieren und auf LinkedIn mit gleichem Visual posten. Hilfe bei der Erstellung der Posts gab es von der Unternehmenskommunikation. Besonders aufmerksamkeitsstark waren dabei die Beiträge der Vorstandsmitglieder sowie ein dazugehöriges Interview mit dem CEO in der WirtschaftsWoche (WiWo).

Durchweg war an den Key-Performance-Indicators (KPIs) zu erkennen, was für eine große Awareness-Steigerung möglich ist – und das ohne zusätzliches Mediabudget. Dies ist nur eines von vielen aktuellen Beispielen, die aufzeigen, dass heutige Medienarbeit drei Paradigmen unterliegt: Reaktionsfähigkeit, Authentizität und einer guten Beziehung zur eigenen internen und natürlich zur gesamten externen Community.

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