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„Auch eine Stiftung möchte renditeorientiert anlegen“

Sozialwirtschaft fördern – für die Bank für Sozialwirtschaft eine Herzenssache. Um gemeinnützige Stiftungen zu unterstützen, hat das Kreditinstitut eine besondere Lösung entwickelt. Was genau dahinter steckt, verraten Carsten Graßhoff und Daniel Dekarski im BANKINGNEWS-Interview.


Nachhaltigkeit Kund:innen Gemeinwohlinvest

BANKINGNEWS: Wieso haben Sie sich jetzt konkret dazu entschieden, die Lösung GemeinwohlInvest zu entwickeln?

Carsten Graßhoff: In unserer gemeinnützigen Kundschaft haben wir einen großen Bedarf festgestellt. Die Finanzwirtschaft hat ihre Anlageprodukte immer weiter optimiert, dabei sind allerdings bestimmte Kund:innen, vor allem gemeinnützige Organisationen und ehrenamtlich tätige Anleger:innen, auf der Strecke geblieben. Es war uns eine Herzensangelegenheit, eine einfach verständliche Lösung speziell für dieses Kundenklientel zu entwickeln, dem nicht immer die zweite Nachkommastelle in der Rendite enorm wichtig ist, sondern auch andere Themenfelder wie zum Beispiel Richtlinienkonformität, Nachhaltigkeit und das Erreichen von Ausschüttungszielen für die satzungsgemäße Zweckverwirklichung.

Daniel Dekarski: Als Sozialbank stehen wir für einen bestimmten Sektor, für den wir immer nach neuen Lösungen suchen. Uns als Fachbank war es wichtig, ein zeitgemäßes Angebot für unsere Kund:innen zu entwickeln. Und das nicht nur bei der Geldanlage selbst, sondern auch in der Form, wie man sie bekommt, also digitalisiert und innovativ aufbereitet. Daher haben wir einen strategischen Partner aus dem Fintech-Bereich gesucht, um dies umzusetzen, und mit investify TECH gefunden. Ich glaube, das ist auch der Weg für die Zukunft, gerade für Fachbanken wie uns.

Welche besonderen Bedürfnisse und Vorgaben bei der Anlageberatung haben Ihre Kund:innen?

Graßhoff: Gemeinnützige Organisationen und Stiftungen befinden sich bei ihrer Vermögensanlage in einem Spannungsfeld. Einerseits sind sie zum Erhalt ihres Kapitals verpflichtet, andererseits schreibt ihre Satzung die zweckgebundene Verwendung von Erträgen vor. Das Erwirtschaften von Erträgen und die Bildung von Rücklagen fällt im lang anhaltenden Niedrigzinsumfeld aber schwer und wird daher oft vernachlässigt.

Hinzu kommt der drohende Kapitalverzehr durch Negativzinsen. Mit den gängigen Angeboten der Robo-Advisor ist dieses Spannungsfeld nicht aufzulösen. Darüber hinaus sind die speziellen Strukturen einer gemeinnützigen Organisation oder Stiftung mit komplexen Anlageentscheidungen oftmals nicht kompatibel. Diese sind von ehrenamtlich tätigen Gremien nur schwer im Blick zu behalten. Mit GemeinwohlInvest sprechen wir augenscheinlich jetzt die richtige Sprache: Wir stellen fest, dass wir unseren Kund:innen eine fundierte Entscheidungsgrundlage bieten. Die Abstimmungszeiträume verkürzen sich, wertvolle Zeit wird gewonnen.

Dekarski: Natürlich müssen wir alle regulatorisch erforderlichen Reportings einhalten und veröffentlichen die gängigen Quartalsberichte. Wir haben uns aber bewusst dazu entschieden, zusätzlich einen Jahresreport für Aufsichtsgremien zu konzipieren, der verständlich geschrieben ist und nur die wesentlichen Kennzahlen enthält, die von den oft ehrenamtlich tätigen Aufsichtsgremien abgefragt werden.

Wie sieht die „digitale Seite” der Lösung konkret aus?

Dekarski: Wir haben GemeinwohlInvest nicht als vollautomatisiertes, sondern als hybrides Modell konzipiert, denn der persönliche Kontakt ist bei unseren Kund:innen immer noch sehr gefragt und sorgt für ein Vertrauensverhältnis. Das ist wichtig, denn sie entscheiden über das Geld Dritter, für das sie Verantwortung tragen. Wir verknüpfen hier hochspezialisiertes Marktwissen unserer Anlagespezialisten mit einem sehr simplen digitalen Abschluss und verständlich strukturierten Darstellungen. Das gleichzeitig digital zu visualisieren und zu begleiten, ist einfach zeitgemäß. Und das wird gut angenommen.

Mit welchen Anlagekonzepten stellen Sie sicher, dass sowohl Vermögenserhalt als auch Ausschüttungen erfolgreich sind?

Graßhoff: Bei einem Stiftungsfonds ist die Risiko-Allokation normalerweise so, dass er aus etwa 70 Prozent festverzinslichen Wertpapieren und 30 Prozent Aktien besteht. Und das gilt für alle, solange sie in diesen Fonds investiert sind. Nach unserem Dafürhalten ist das jedoch nicht ideal, weil jede Stiftung eine ganz individuelle Risiko-Neigung hat. Darum haben wir ein Zwei-Topf-Modell aufgebaut: Einmal den Basistopf für den Stiftungsstock, der auf ewig erhalten bleiben muss, und darüber hinaus einen Rücklagentopf für freie Rücklagen, die sich ansparen. Dafür gibt es unterschiedliche Risiko-Modelle. So etwas bekommt man sonst nur mit einer hochindividuellen Risikosteuerung und hohen Anlagesummen.

Wir haben es geschafft, das auch für kleinere Vermögen umzusetzen. Für die Asset-Allokation und Titelauswahl sind verschiedene Kriterien entscheidend: rechtliche Konformität in Bezug auf das Gemeinnützigkeits- und Stiftungsrecht, geringe Kosten, werterhaltende Performance, hohe Ausschüttungsquoten für die Zweckverwirklichung und Nachhaltigkeit. Die Lösung ist bewusst nicht auf einen dieser Aspekte optimiert, sondern so gestaltet, dass alle Vorteile ausgeschöpft werden, ohne dass ein Aspekt vernachlässigt wird. Das war mitunter komplex. Da haben wir sehr viel Zeit und Ressourcen investiert. Jetzt können wir unseren Kund:innen eine Anlage bieten, die all das umfasst.

Dekarski: Damit decken wir den Zeitgeist ab. Die Kombination aus diesen unterschiedlichen Aspekten ist genau das, was gemeinnützige Kund:innen im Moment suchen. Auch eine Stiftung möchte renditeorientiert anlegen, jedoch zunehmend die anderen Aspekte berücksichtigt wissen.

Nach welchen Kriterien orientieren Sie sich beim Thema Nachhaltigkeit?

Graßhoff: Die Nachhaltigkeitsperformance des Portfolios lässt sich durch vier Kennzahlen ablesen: zum einen anhand von Ausschlusskriterien und zum anderen durch die positive Wirkung im Hinblick auf die Erreichung der UN-Nachhaltigkeitsziele (SDG), einen ESG-Score und den Beitrag zu den Pariser Klimazielen. So wird zum Beispiel der CO2-Fußabdruck des Portfolios mit einem weltweiten Vergleichsindex verglichen. Der „SDG Solutions Score“ misst die positive Wirkung des Portfolios bezogen auf die 17 SDGs.

Möchten Sie GemeinwohlInvest künftig auch für andere Kundenkreise nutzbar machen?

Dekarski: Wir haben das Produkt speziell für gemeinnützige Kund:innen konzipiert. Wir stellen fest, dass die berücksichtigten Aspekte für weitere Kundengruppen zunehmend interessant sind. Selbstverständlich kann GemeinwohlInvest auch für andere gemeinwohlorientierte Institutionen eine Lösung darstellen.

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