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BANKINGNEWS: Das Thema Decentralized Finance (DeFi) war im vergangenen Jahr besonders präsent. Was sind aus Ihrer Sicht die Gründe dafür?
Till Oberhummer: Ich denke, über die letzten Jahre konnte man eine gewisse Emanzipation der Bankkunden beobachten. Vieles spielt sich schon seit einiger Zeit primär online ab, man erwartet 24/7 Zugang und Verfügbarkeit. Selbst in der Veranlagung vertrauen viele bereits auf Algorithmen, die nach vorgegebenen Rahmenbedingen investieren. Von dort ist es dann nur noch ein kleiner Schritt, die Bank komplett außen vor lassen zu wollen. Und DeFi bietet genau das.
Man kann rund um die Uhr darüber verfügen, und ein Intermediär ist nicht mehr notwendig. Die Anwendungsmöglichkeiten sind vielfältig: Während die ersten DeFi-Projekte noch eher für den klassischen „Nerd“ waren, sind viele Projekte kurz vorm Sprung in den Mainstream. Abhängig von der Produktwahl, der Plattform und des Underlying Assets sind Returns von fünf Prozent per anno bis mehrere 100 Prozent durchaus üblich.
Diese Prozentsätze beziehen sich hierbei aber immer auf das Asset. Sprich, wenn ich einen Bitcoin für sechs bis acht Prozent im Jahr verleihe, bekomme ich diese Zinsen auch in Bitcoin ausbezahlt. Vollkommen unabhängig davon, ob der Bitcoin in der Zeit im Wert zum Euro fällt oder steigt. Es sind also eine Vielzahl von Risiken zu berücksichtigen. Doch gerade diese Unabhängigkeit zieht viele Kund:innen an.
Mit welchen steuerlichen Implikationen ist Decentralized Finance Lending verbunden?
Hier scheiden sich die Geister. Meines Wissens, gibt es aktuell weder in Deutschland noch in Österreich Fälle, bei denen das ausjudiziert wurde. Selbst in der Fachliteratur findet man unterschiedliche Auslegungen. Auch hängt es wieder davon ab, welche Art von DeFi man nutzt. Verleiht man sein Crypto Asset? Wird es dann gegen Token getauscht oder wird es lediglich auf einer anderen Adresse hinterlegt?
Welche steuerlichen Vor- und Nachteile bestehen beim DeFi Lending?
Ich denke, der einzige Nachteil ist, dass es eben noch nicht wirklich ausjudiziert ist und laufend neue Produkte oder Projekte in unterschiedlichsten Ausgestaltungen hinzukommen. Ein Vorteil ist sicher, dass die Gewinne nach einem Jahr Haltedauer steuerfrei sind. Allerdings sind nach einem Jahr auch mögliche Verluste nicht mehr ausgleichbar. Wie heißt es so schön, wo Licht ist, da ist auch Schatten. Generell würde ich jetzt aber keinen Nachteil im Vergleich zu anderen Veranlagungsformen sehen.
Wie werden die Zinsen aus DeFi Lending steuerlich behandelt?
Die steuerliche Behandlung ist auffallend komplex. Was man in jedem Fall sagen kann: Sie sind steuerlich relevant und müssen deswegen auch in der persönlichen Steuererklärung angegeben werden. Hier würde ich immer auf Profis, sprich auf Steuerberater, zurückgreifen, die sich auf das Thema Krypto und die damit verbundenen Möglichkeiten spezialisiert haben. Auf keinen Fall würde ich mich auf Internetrecherche und gefährliches Halbwissen aus etwaigen Foren verlassen.
Die Besteuerung hängt von vielen, teilweise individuellen, Faktoren ab. Dazu zählen etwa die Art der Abwicklung, des „Produktes“ oder die Art des Assets. Spätestens wenn man die Erträge aus der Krypto-Welt zurück auf das eigene Bankkonto oder die Kreditkarte bewegt, wird die Bank oder aber auch schon die Exchange die Mittelherkunft wissen wollen. Und hat man hier dann keine lückenlose Dokumentation zur Hand, die beweist, dass man es nicht nur legal besitzt, sondern auch alle Steuern – soweit angefallen – abgeführt hat, wird es rasch unangenehm.
Besonders spannend sind in diesem Zusammenhang Fintechs. Sie dürfen zwar keine Steuerberatung durchführen, aber sind in der Lage, über entsprechende Schnittstellen alle Transaktionen von den gängigsten Plattformen zu importieren, steuerlich einzuordnen und zu dokumentieren.
Interview: Dennis Witzmann
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