Alles ist im Fluss, sagte schon Heraklit. Das gilt heute – vielleicht mehr denn je – immer noch für die Finanzindustrie. Ertrags- und Transformationsdruck zwingen Banken und Versicherungen, ihre Geschäfts- und Kooperationsmodelle zu hinterfragen. Sie müssen neue Einnahmequellen suchen. Und auch bei den Kunden hat sich einiges getan. Denn die Filiale um die Ecke muss dem Online-Angebot weichen. Und in der Plattformökonomie lauern zahlreiche neue Wettbewerber, die es auf die Kundenschnittstellen abgesehen haben.
Ist Bancassurance ein effektiver Weg in eine erfolgreiche Zukunft ein effektiver Weg in eine erfolgreiche Zukunft? Und wie kann diese konkret aussehen? Diesen Fragen gingen die Bankenforen, der BANKINGCLUB und die Versicherungsforen Leipzig in einer groß angelegten Studie nach. Für „Perspektiven der Bancassurance in Deutschland“ wurden Bancassurance-Experten und Endkunden um Ihre Einschätzungen gebeten.
Perspektiven der Bancassurance in Deutschland: Hier finden Sie die komplette Studie.
Exklusive Vorstellung der Studienergebnisse
Vorgestellt wurden die Studienergebnisse bei BANCASSURANCE reloaded in der Motorworld Köln. Der erste Vortrag der großen Fachkonferenz kam von Julia Jaschke, Teamleiterin Bancassurance Sondervertrieb beim Studiensponsor Fonds Finanz. Sie widmete sich den aktuellen Veränderungen im Kundenkontakt. Denn: „Die größte Filiale heute ist sehr wahrscheinlich für Banken das Online-Banking.“
Doch kann die Beratung online die persönliche Beratung ersetzen? Für Julia Jaschke muss beides gewährleistet sein. Nur der hybride Verkauf führt in eine erfolgreiche Zukunft: „Man muss den Kontaktpunkt für den Kunden finden, der ihn tatsächlich am meisten anspricht.“ Daher führt für sie der Weg nicht am Aufbau von digitalen Ökosystemen vorbei.
Erfolgreiche Bancassurance-Kooperationen
Auf dem Fachkongress wurden vor allem die Bedingungen einer langfristig funktionieren Partnerschaft zwischen Banken und Versicherungen einerseits und andererseits die Herausforderungen beim Vertrieb von Versicherungsprodukten in Banken diskutiert. Hier dürfte nicht nur für Oliver Brede, Head of Insurances & Own Model bei der Santander Consumer Bank, klar sein, dass das Mindset entscheidend ist.
In seinem Vortrag „Verkanntes Potenzial – So gelingt Bancassurance“ geht er auf die Wichtigkeit des gemeinsamen Ziels bei einer Partnerschaft ein: nachhaltige Kundenerlebnisse schaffen. Wer Kunden binden möchte, muss zusammen kulturelle Hürden überwinden, sagt der Bancassurance-Experte. Welches Kooperationsmodell am zielführendsten ist, hängt für ihn von der Strategie ab.
Für Jana Heeg-Rupprecht besteht dabei kein Zweifel: Die exklusive Partnerschaft zwischen Ihrem Haus, der HypoVereinsbank, und der Allianz funktioniert. Zwar haben die aktuellen Trends massive Auswirkungen auf die Geschäftsmodelle etablierter Versicherer, jedoch können starke Kooperationen auf diese Veränderungen reagieren und so für Vertriebsexzellenz im Versicherungsbetrieb sorgen.
Nahtlos ging es von ihrem Vortrag zur abschließenden Podiumsdiskussion über. Die kontroverse These hier: Banken haben kein Produkt-, sondern ein Vertriebsproblem. Nach hitzigen Gesprächen auf der Bühne endete der erste Tag von BANCASSURANCE reloaded mit warmen (und kalten) Gerichten.
Chancen durch Embedded Finance
Am zweiten Tag ging es spannend – und fachlich auf höchstem Niveau – weiter. So beantwortete Marcus Vitt, Vorstandssprecher von DONNER & REUSCHEL, im Interview die wesentlichen Fragen bei der Umsetzung der Bancassurance. Für den Allfinanz-Pionier hat das Thema eine nachhaltige Berechtigung und eine langfristige Attraktivität für Banken. Dabei sollte vor allem der Kunde im Fokus stehen: „Ich biete dem Kunden die besten Lösungen und dabei ist es egal, woher diese kommen.”
Und wie kann man das Thema Bancassurance möglichst kundenfreundlich gestalten? Creditplus-Vorstandsmitglied Daniel Eschbach sieht hier Chancen im Bereich Embedded Finance. Für ihn wird dieses Feld in Zukunft stark zunehmen. Auch bei Embedded Insurance sieht Eschbach viel Potenzial. Durch die Integration von Versicherungsleistungen sei es möglich, leichte, bequeme und maßgeschneiderte Angebote bereitstellen zu können.
In Zukunft mit Bancassurance?
Doch um die eingebetteten Leistungen auch anbieten zu können, bedarf es eines stabilen Grundgerüsts. Die Beratungs- und Vertriebsprozesse müssen für die neuen Produkte angepasst und optimiert werden. Wie das gehen kann, erklärte Christian Lobert von der VR Bank Rhein-Neckar.
Das in Mannheim ansässige Kreditinstitut arbeitet seit 2016 an einem Projekt zur Optimierung der Prozesse und dem Ausbau des Beratungsansatzes. Als Projektleiter gewährte Christian Lobert exklusive Einblicke. So möchte etwa der Kunde geführt werden, um möglichst wenig Arbeit mit dem Angebot zu haben: „Die meisten Kunden haben keine Systematik oder Struktur was ihre Versicherungen anbelangt.” Die fehlende Skalierbarkeit erweise sich hier als Show-Stopper, so Lobert.
Welche Erwartungen die Kunden nun haben und wie dicht die Konkurrenz durch andere Plattformen bereits an dieses Thema herangerückt ist, war Schwerpunkt der zweiten Podiumsdiskussion – mit der der Kongress auch sein Ende fand.
Sowohl Kongress als auch Studie haben gezeigt, wie viel Potenzial in der Bancassurance schlummert und wie präsent die Allfinanz in Zukunft in der Finanzbranche werden wird. Es bleibt nur noch eine Frage zu beantworten: Welche darf es sein, die rote oder blaue Pille?
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