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Das Auslagerungsmanagement nach MaRisk – anders gedacht

Die Genossenschaftliche FinanzGruppe hat beim Thema Auslagerungsmanagement eine neue Richtung eingeschlagen und mit der ZAM eG eine eigenständige Shared-Service-Einheit etabliert. Welche Mehrwerte und Perspektiven das bietet, erläutern die beiden Vorstände Sarah Horn und Bernd Märzluft.


Auslagerungsmanagement ZAM eG Bernd Märzluft Sarah Horn

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BANKINGNEWS: Das Kernthema der ZAM eG ist das Auslagerungsmanagement innerhalb der Genossenschaftlichen FinanzGruppe. Was waren die Treiber derer, die diese Idee aufgegleist haben?
Sarah Horn: Treiber der ersten Überlegungen war eine umfangreiche 44er-Prüfung der BaFin in der genossenschaftlichen Finanzwelt, deren Fokus auch stark auf das Zusammenspiel zwischen den Banken und der Atruvia AG als zentralen IT-Dienstleister gerichtet war. Im Kern ging es auch darum, dass die Genossenschaftsbanken das Auslagerungsmanagement ihrer Dienstleister nicht regulationskonform gemäß der gültigen MaRisk abbilden. In diesem Wissen haben die Holdings und Verbände, unter der Führung des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR), gemeinsam ein Projekt ins Leben gerufen, das dem genossenschaftlichen Grundgedanken „Was einer nicht schafft, das schaffen viele“ Rechnung trägt. Ziel war es, eine eigene Shared-Service-Einheit zu etablieren, die als Kompetenz-Center im Namen von vielen Genossenschaftsbanken mit einer starken Stimme den zentralen Dienstleister steuert und überwacht. Die Entscheidung für die Gründung der ZAM eG – ZAM steht dabei für Zentrales Auslagerungs-Management – im Jahr 2020 als eigenständiges und unabhängiges Unternehmen war dann nur der nächste logische Schritt. Durch die besondere Rechtsform der Genossenschaft sind die beteiligten Banken Kunden und Eigentümer zugleich. Das hat viele Vorteile und bewahrt uns trotzdem die Unabhängigkeit.
Bernd Märzluft: Ein weiterer Grund für die Gründung der ZAM war, dass es vielen Banken schwerfällt, mit einem mächtigen IT-Dienstleister fachlich und inhaltlich auf Augenhöhe zu sprechen und in den Modus einer echten Dienstleistersteuerung zu kommen. Oft stehen die nötigen Ressourcen mit dem spezifischen Know-how in den Banken nicht zur Verfügung. Das macht eine regulationskonforme Auslagerungssteuerung schwer. Und die neue MaRisk-Novelle verschärft das nochmals. Und genau hier setzt der Vorteil der ZAM an.

Was ist der Mehrwert, den die ZAM gegenüber den Auslagerungsmanagern der Bank mitbringt?
Horn: Auslagerungsmanagement im Sinne der Aufsicht hat viel mit Transparenz, Verständnis und Steuerungsoptionen zu tun. Wir liefern den Vorständen der Banken die Informationen, die dort für eine adäquate Überwachung und Steuerung benötigt werden. Sei es die Transparenz über die vertraglich vereinbarten Produkte, deren Überprüfung der Leistungserbringung wie SLA-Reportings oder die nötigen Risikoanalysen und Auswertungen dazu. Wir sind ganz eng an den Dienstleistern dran und hinterfragen kritisch und stetig Mängel oder Abweichungen. Und wir liefern die Informationen individuell pro Bank zurück, sodass eine direkte Bewertung für das eigene Risikomanagement erfolgen kann. Eine einzelne Bank könnte diese Leistung so nur mit erheblich höherem Aufwand als die Kosten für die ZAM erbringen.
Märzluft: Und wir sprechen mit der Stimme von aktuell 750 Genossenschaftsbanken und finden deshalb bei den zu steuernden Dienstleistern viel eher Gehör. Der Vorteil ist, dass sich durch unsere tägliche Arbeit das Qualitätsniveau des Dienstleisters automatisch auf der Strecke verbessert und somit einen unmittelbaren Vorteil für die Banken generiert. Und es ist vor allem kostengünstiger. Der Kostendruck in der Bankenwelt steigt drastisch. Wir federn mit dem Shared-Service-Modell den Kostenaufschwung ab und entwickeln parallel dazu eine neue Kultur der Qualität.

Doch nicht jede Bank ist gleich. Wäre ein interner Auslagerungsmanager nicht viel näher am Kreditinstitut?
Horn: Durch einen internen Auslagerungsmanager ist zweifellos eine gewisse Individualisierung je Bank gewährleistet. Aber professioneller und dem Stellenwert der wesentlichen Auslagerung angemessener wird es durch die ZAM. Wir konzentrieren uns ausschließlich mit unseren knapp 30 Mitarbeiter auf das Thema Auslagerungsmanagement. Zum Beispiel bietet die Atruvia AG für die Banken aktuell über 600 Produkte an, die alle regelmäßig einzeln einer Risikoanalyse und einer Bewertung unterzogen werden müssen. Das ist für ein einzelnes Institut in der Tiefe und von der Aufsicht geforderten Qualität gar nicht leistbar.
Märzluft: Und wir haben den Vorteil, dass wir auch die technischen Fachdialoge mit den Dienstleistern übernehmen und somit losgelöst von der Produktebene auch den darunter liegenden Technologie-Stack betrachten können, der bekanntlich nach der MaRisk ebenfalls zu prüfen ist.

Laut BaFin bräuchte eine Bank im Schnitt zwei Mitarbeiter für das Auslagerungsmanagement – das wären dann rund 1.600 Mitarbeiter. Wie schafft die ZAM dies dann mit gerade einmal 30 Mitarbeitern?
Horn: Das geht nur mit einem sehr guten, flexiblen und modernen IT-System, das auch alle Anforderungen an eine mandantenfähige Software erfüllt und webbasiert von allen Banken nutzbar ist. Anfangs hatten wir ein wenig mit Kritik zu kämpfen, da sich die Frage stellt, ob man wirklich eine lizenzpflichtige Anwendung benötigt, oder ob es nicht auch ein Excel-Tool tun würde. Um die maximalen Synergieeffekte zu nutzen, ist es aber zwingend nötig, eine IT-Anwendung zu betreiben, die den Prozess des Auslagerungsmanagements bestmöglich unterstützt. Mit unserem „ZAM-AR“ bieten wir unseren Kunden eine vollumfängliche SaaS-Lösung als Auslagerungsregister an, die gleichzeitig als Kommunikationsschnittstelle dient. Mit definierten technischen Schnittstellen zu den Systemen der von uns zu steuernden Dienstleister verhindern wir Medienbrüche und vermeiden Doppelarbeiten. Die von uns erfolgten Auswertungen und Risikoanalysen werden dort teilautomatisiert bereitgestellt. Keine Risikoanalyse einer Bank gleicht der anderen, weil wir durch maschinelle Zuordnung die Individualität pro Bank erzielen können. Jede Bank bekommt nur das, was sie benötigt.

Wenn sich jetzt im Auslagerungsmanagement der ZAM ein Fehler einschleicht, dann multipliziert er sich auf 750 Mitglieder. Es entsteht eine Art Klumpenrisiko. Kommt da von Seiten der BaFin keine Kritik an diesem Ansatz?
Märzluft: In der Tat eine berechtigte Anmerkung. Das ist das Schicksal einer Shared-Service-Einheit, wenn man für viele zum gleichen Sachverhalt tätig ist, dann ergibt sich automatisch eine gewisse Risikokonzentration. In unseren direkten Dialogen mit der BaFin haben wir dies auch diskutiert und die Aufsicht sieht das genauso. Wir stehen, auch über die genossenschaftliche Gruppe, im Austausch mit der Aufsicht, um das noch junge Konstrukt der ZAM auf den richtigen Weg zu bringen und das vermeintliche Klumpenrisiko zu minimieren.

Im Umfeld der Genossenschaftsbanken gibt es bereits andere externe Dienstleister für das Thema Auslagerungsmanagement, wie etwa die DZ CompliancePartner GmbH. Wieso wurde das nun zentralisiert?
Horn: Innerhalb des Vorprojekts wurden alle relevanten Verbundgesellschaften in der genossenschaftlichen FinanzGruppe gefragt, zum Beispiel die DZ CompliancePartner oder die Audit WPG. Unter Governance-Aspekten haben alle Verbunddienstleister die Übernahme der Tätigkeit abgelehnt, gleichzeitig aber Unterstützung beim Aufbau angeboten. Jeder Dienstleister, der selbst Auslagerungsdienstleistungen erbringt, kann denknotwendig nicht das zentrale Auslagerungsmanagement in der Genossenschaftlichen FinanzGruppe übernehmen. Die DZ CompliancePartner fungierte als Gründungspate der ZAM und hat uns im ersten halben Jahr nach Gründung kräftig und vorbildlich unterstützt.

Und welche Argumente hören Sie heute noch von Banken, die das Auslagerungsmanagement lieber selbst machen möchten?
Horn: Ich glaube, eines der Argumente ist schlicht das Budget. Obgleich die ZAM aufgrund der Vielzahl an Kunden günstige Preise berechnen kann, zögern einige wenige Genossenschaftsbanken noch vor einer Zusammenarbeit. Der Mehrwert wird erst dann erkennbar, wenn man die gleiche aufsichtsrechtliche Anforderung an das Auslagerungsmanagement stellt, die die Aufsicht auch erwartet.
Märzluft: Es gibt einige Genossenschaftsbanken, die kurz vor einer Fusion stehen oder sie schon planen. Da macht es keinen Sinn, Mitglied zu werden, wenn es sich nächstes Jahr wieder ändert. Mit den aktuell 750 Kunden und Mitgliedern servicieren wir bereits deutlich über 90 Prozent der genossenschaftlichen Banken.

Wird es dann auch bei Ihnen Schnittstellen zur Atruvia und anderen Dienstleistern geben, um den Prozess noch kosteneffizienter zu gestalten?
Märzluft: Die Schnittstelle zu anderen IT-Plattformen ist natürlich immer individuell zu bewerten, weil es nur dann die Kosteneffizienz hebt, wenn es jemand mit vielen Partnern ist. In diesen Fällen ist es einfach, saubere Schnittstellen zu bauen. Je kleinteiliger es wird, desto ineffizienter wird es. Deswegen muss man genau schauen, wo die ZAM ihren Mehrwert und ihre Synergieeffekte ausspielen kann. Da gibt es eine natürliche Grenze und die müssen wir erst noch finden. Wir werden definitiv nicht für jede Bank, jede ausgelagerte Dienstleistung steuern können. Das ist nicht sinnvoll, stattdessen werden wir uns auf die wesentlichen und relevanten konzentrieren.

Müsste der Wachstumspfad nicht eigentlich sein, dass eine Bank sich wirklich gar nicht mehr um jegliche Art von Auslagerungsmanagement kümmert?
Märzluft: Das geht tatsächlich aus aufsichtsrechtlichen Gründen nicht, das verbietet klar die MaRisk. Wir können nur etwa 90 Prozent des Weges für eine Bank gehen. Die letzten zehn Prozent muss das jeweilige Institut selbstverständlich selber verantworten.

Viele Banken bedienen sich zur Erfassung und Bewertung operationeller Risiken unterschiedlicher Systemdienstleister und IT-Plattformen. Dazu wollten Sie mit Drittanbietern im Sommer 2021 einen Vorschlag zu einer einheitlichen Schnittstelle zu deren Systemen erarbeiten. Wo stehen Sie dabei gerade?
Horn: Es gibt verschiedene Dienstleister am Markt, die mit Softwarelösungen das Auslagerungsmanagement inklusive der OpRisk-Logik unterstützen und die bei den Banken teils seit vielen Jahren im Einsatz sind. Es wäre unklug, sich hier einer Schnittstelle zu verschließen. Deshalb haben wir gemeinsam mit dem Genossenschaftsverband Bayern eine Konsolidierung der dafür erforderlichen Anforderungen der einzelnen Softwareanbieter initiiert. Mit diesen Anforderungen können wir eine Standard-Schnittstelle anbieten, die dann von den einzelnen IT-Lösungen genutzt werden kann. Darüber hinaus können unsere Kunden auch unser ZAM-AR als vollumfängliches Auslagerungsregister für alle ihre Auslagerungen nutzen. Je mehr große Dienstleister wir steuern, desto effektiver wird es für eine Bank werden, unsere Tools zu nutzen.

Sie möchten Ihren Mitarbeitern Teilhabe an der Gestaltung des Unternehmens zusprechen. Wie kann man sich das vorstellen?
Horn: Wir haben von Anfang an eine offene, konstruktive Kritikkultur etabliert. Ich fordere jeden neuen Mitarbeiter dazu auf, das IT-System und unsere Prozesse herauszufordern. Jeder Auslagerungsmanager kann jederzeit Anforderungen an die Software stellen. Wir haben regelmäßige Besprechungen mit einer offenen Kultur. Wir wollen von den Mitarbeitern lernen und das Unternehmen so jeden Tag besser machen. Wir haben immer schon mit sehr viel Eigenverantwortung der Mitarbeiter gearbeitet. Flache Hierarchien, schnelle Entscheidungswege und eine Kultur des Zuhörens sind dabei essentiell. Die „Das haben wir schon immer so gemacht“-Strategie ist uns unbekannt.
Märzluft: Außerdem führen wir unser Unternehmen sehr stark virtuell. Wir haben uns bei der Rekrutierung unserer Mitarbeiter nicht räumlich auf die Rhein-Main-Region beschränkt. Wir wollten die Besten aus der ganzen Republik haben, und nicht die, die zufällig im Raum Frankfurt leben. Genauso wie unsere Kunden, sind auch wir damit bundesweit vertreten. Darum haben wir für unsere Mitarbeiter großzügige Homeoffice-Regelungen und Digitalisierungsmöglichkeiten geschaffen, sodass jeder Mitarbeiter unabhängig vom Standort agieren kann. Für Mitarbeiter, die sich verändern wollen, ein unglaublicher Vorteil und Mehrwert: Ein modernes Unternehmen, in dem Virtualisierung und Digitalisierung tatsächlich gelebt wird.

Und wo sieht die ZAM sich selbst in drei bis fünf Jahren?
Märzluft: Wir fokussieren uns aktuell auf zwei strategische Handlungsfelder, die wir auch aktiv verfolgen. Zum einen haben wir den klaren Fokus, weitere namhafte Dienstleister der genossenschaftlichen Finanzwelt zu überwachen und zu steuern und damit in das Auslagerungsmanagement unserer Kunden zu integrieren. Damit schaffen wir weitere positive Effekte der Shared-Service-Einheit und erhöhen die Qualität. Erste Gespräche wurden dazu bereits geführt, sodass wir davon ausgehen, im kommenden Jahr bereits unser Spektrum erweitern zu können. Der zweite Wachstumspfad beschäftigt sich mit potenziellen neuen Kunden. Beispielsweise auf die von der Atruvia servicierten Privatbanken, die nicht der Genossenschaftlichen FinanzGruppe angehören. Da die Privatbanken aufsichtsrechtlich die gleiche Herausforderung haben, können wir uns eine kurzfristige Zusammenarbeit sehr gut vorstellen. Die ZAM wird sich weiter als das Kompetenz-Center und als Rahmengeber für das Auslagerungsmanagement am deutschen Bankenmarkt etablieren.

Interview: Thorsten Hahn und Dennis Witzmann

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