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Neuer Bundesbankpräsident: Hängt die Preisstabilität nun an diesem Nagel?

Joachim Nagel ist offiziell der neue Bundesbankpräsident. Mit seinem Amtsantritt steigt nun auch die Spannung, denn gemütlich wird der Einstieg nicht. Selbst bei einem Experten wie Nagel stellen sich alle die Frage: Wird er den Erwartungen gerecht werden können und dort anknüpfen können, wo seine Vorgänger gescheitert sind?


Neuer Bundesbankpräsident: Hängt die Preisstabilität nun an diesem Nagel?

Bis 2027 hätte das Mandat von Jens Weidmann laufen sollen. Nach zehn Jahren im Amt übergab er jedoch frühzeitig den Staffelstab. Das Rennen übernimmt nun Joachim Nagel, studierter Volkswirt und SPD-Mitglied.

In der Finanzbranche ist Nagel bereits seit vielen Jahren ein bekannter Name, trägt er doch die Reputation als erfahrener Zentralbanker. Noch vor seiner Promotion beschäftigte sich Nagel als Referent mit Wirtschafts- und Finanzpolitik beim damaligen SPD-Parteivorstand.

Anschließend war er 17 Jahre bei der Bundesbank tätig, sechs davon als Vorstandsmitglied. Während dieser Periode unterlagen besonders die Abteilungen „Märkte“ und „Informationstechnologie“ seinem Fokus. Außerdem zeichnete er sich bis 2016 als Leiter für den Krisenstabs der Bundesbank verantwortlich. Nach einem Wechsel zur Förderbank KFW wurde die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) zu seiner letzten Station.

Der stabilitätsorientierte Sozialdemokrat

„Damit kommt ein Experte mit langjähriger Notenbankerfahrung und ausgezeichneter Kenntnis der Finanzmärkte an die Spitze der deutschen Zentralbank.“ Nicht nur Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing zeigt sich von der neuen Amtsbesetzung überzeugt. Auch Otmar Issing, Ex-Chefvolkswirt der Bundesbank und Europäischen Zentralbank (EZB) ernennt Nagel zum „Glücksfall für die Institution“.

Dass Joachim Nagel in der Bundesbank bereits stark sozialisiert ist, kommt seinem neuen Posten sicher zugute. Jedoch ist es viel mehr seine Einstellung, die Politiker, Ökonomen und Banker darauf hoffen lässt, dass er den Kurs der Geldpolitik ändern wird. Schon 2013 äußerte Nagel in einem Interview Bedenken über die lockere Geldpolitik: Sie könne Blasen bei den Vermögenspreisen auslösen.

Damit nimmt also Nagel den Faden seines Vorgängers Weidmann auf und gilt schon jetzt als das neue Symbol der Preisstabilität. Doch die Krisenzeit und das Scheitern vergangener Bundesbankpräsidenten münden in gesteigerte Erwartungen.

Inflation als die große Mammutaufgabe

Die Inflationsrate hat das Stabilitätsziel von zwei Prozent längst überschritten und kraxelt weiterhin in die Höhe: Zuletzt lag sie in Deutschland bei 5,3 Prozent. Diese Entwicklung sorgt dafür, dass die Preisstabilität zum absoluten Prioritätsziel des Bundesbankpräsidenten werden wird. Im Rahmen seiner Amtseinführung betonte Nagel selbst noch einmal die Dringlichkeit, denn er sehe die Gefahr, „dass die Inflationsrate länger erhöht bleiben könnte als gegenwärtig erwartet“.

Sich für eine Zinserhöhung und dem Ende einer Politik mit der Notenpresse auszusprechen, ist jedoch mit einigen Schwierigkeiten verbunden – der Misserfolg seiner Vorgänger war nicht einer geringeren Qualifikation geschuldet. Der Bundesbankpräsident sieht sich mit beschränkten Einfluss- und folglich Gestaltungsmöglichkeiten ausgestattet, so sitzen im Rat der EZB noch 24 weitere Mitglieder, die ein gleichwertiges Stimmrecht tragen. Auch wenn Deutschland als größte Volkswirtschaft Europas gilt, ergibt sich daraus kein Vorteil.

„Auch ein neuer Bundesbankpräsident wird sich im EZB-Rat notgedrungen in einer Minderheitsposition befinden, weil die meisten Ratsmitglieder ihren Finanzministern helfen wollen und Anhänger einer lockeren Geldpolitik sind“, darauf verweist Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. Insbesondere Vertreter aus Südeuropa und Frankreich sind Verfechter eines lockeren Kurses mit geringeren Zinsen, die die angestiegene Inflation als Folge der Nullzinspolitik der letzten Jahre negieren.

Nichtsdestotrotz könnte gerade die aktuelle Krisenlage Joachim Nagel in die Karten spielen: Die EZB scheint die Hartnäckigkeit der Inflation erkannt zu haben, was der Genickbruch für die expansive Geldpolitik bedeuten könnte. Auch die amerikanische Federal Reserve bewegt sich in Richtung Kursstraffung.

Die Nagel-Ära hat begonnen. Nun gilt es abzuwarten, welche Entscheidungen getroffen werden und wie einflussreich sich diese erweisen. Es bleibt zu hoffen, dass er mehr Ausdauer hat als seine Vorläufer.

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