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„Digitale Souveränität ist für Deutschland und Europa enorm wichtig“

Wie kann Europas Finanzbranche sich gegen die Hyperscaler behaupten? Urs Krämer, Chief Commercial Officer bei T-Systems, über strategische Ausrichtungen, nachhaltige Versäumnisse, die Unabhängigkeit von amerikanischen Cloud-Anbietern und warum es dabei um mehr als IT geht.


T-Systems

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BANKINGNEWS: Der Fokus auf spezifische Branchen, besonders auf die Finanzbranche, war nicht immer Teil der strategischen Ausrichtung von T-Systems. Wie sieht es heute aus?
Urs Krämer: Banken sind eine enorm große Kundengruppe, größer als man es sich am Markt oft bewusst ist. Das Bankengeschäft wird vor allem durch die IT getrieben, und hier hat man hohe Ausgaben. Deshalb braucht es verlässliche Partner im Betrieb, die sich mit den lokalspezifischen Anforderungen, besonders auch durch die Regulatorik, auskennen. Und da ist T-Systems als Gruppe innerhalb der Deutschen Telekom natürlich ein prädestinierter Partner.

Nun ist es so, dass speziell deutsche Banken in puncto Digitalisierung und Cost-Income-Ratio im europäischen Vergleich schlecht abschneiden. Warum?
Schaut man sich den deutschen Bankenmarkt genauer an, stellt man fest, dass er stärker fragmentiert ist als in anderen Ländern. Und ein fragmentierter Markt bedeutet natürlich auch, dass man stärkere Restriktionen hat, was Investitionen betrifft. Das ist ein relevanter Punkt, der in einer Diskussion zum Thema aber selten angebracht wird.

Ist diese Erklärung wirklich ausreichend? Banken innerhalb der gleichen Gruppe teilen sich schließlich oft den IT-Dienstleister.
Das ist richtig. Man muss aber auch sagen, dass die Konsolidierung der IT, etwa in der Sparkassen-Finanzgruppe, eine Entwicklung der letzten Jahre war. Das hängt natürlich auch damit zusammen, dass einzelne Institute Prozesse anpassen oder Workplaces übernehmen. Hier ist also viel passiert, was in anderen Ländern vielleicht nicht notwendig war. Ich möchte diese Versäumnisse aber nicht entschuldigen. Es ist mit Sicherheit so, dass Deutschland, auch aufgrund der Regulatorik, etwa bei MaRisk, BAIT oder der DSGVO, per se erst einmal etwas langsamer war. Hinzu kommt die deutsche Kultur, die zum Perfektionismus neigt. So werden Entscheidungen manchmal nicht schnell genug getroffen. Und die Kombination führt zu dem unzufriedenstellenden Ergebnis, dass wir da sind, wo wir sind.

T-Systems und Google arbeiten an einer „Sovereign Cloud“. Inwiefern spielt Souveränität für europäische Finanzunternehmen eine Rolle?
Ja, wir sind bei dem Vorhaben schon sehr weit. Das heißt, wir sind sowohl im Dialog mit den Kunden als auch bei der Vermarktung. Bei der Frage der Souveränität ziehe ich immer gerne den Vergleich zur Telekommunikationsindustrie aus den späten 90er-Jahren, als ein Ausverkauf stattgefunden hat. Damals gab Europa alle Kompetenzen aus der Hand. Das finde ich persönlich sehr schade. Heute bahnt sich mit den Hyperscalern die nächste Welle an. Hier werden entscheidende industriepolitische Schritte gegangen, die kaum mehr aufzuhalten sind. Das sehe ich sehr kritisch. Die digitale Souveränität für Deutschland und Europa finde ich enorm wichtig. Das war einer der Treiber hinter der Entscheidung, zu T-Systems zu gehen. Fairerweise muss man aber auch sagen: If you can‘t fight it, embrace it. Und ich glaube, mit der Sovereign Cloud und Google haben wir eine gute Brücke gefunden. Dabei hat Google auch Zugeständnisse gemacht, von der Zugangskontrolle, auch physisch zu Rechenzentren, über die Vergabe und Kontrolle von Sicherheitsverschlüsselungen und der Einsicht des Sourcecodes, bis hin zur Berechtigung, unbekannte Anfragen abzulehnen.

Aber nicht jeder besitzt Kenntnis der zugrundeliegenden Prozesse. Das kann auch ein juristisches Problem sein. Wie unterstützen Sie hier?
T-Systems wäre der Vertragspartner für die Bank. Wir haben den Vertrag mit Google. Die Inhalte werden besprochen und verständlich gemacht. Dadurch sind die Parameter klar und damit ist es auch rechtssicher.

Wie kann man der Bank glaubhaft versichern, dass, unabhängig vom juristischen Vertragspartner, weder Google noch jemand anderer Zugriff auf die Daten hat?
Souveränität bedeutet für uns, dass Kunden die Kontrolle über Speicherort, Verschlüsselung und den Zugriff auf ihre Daten behalten. Dazu gibt es klare Zugangskontrollen, die sicherstellen, dass der administrative Zugriff auf Kundendaten und Workloads protokolliert, geprüft und nur unter vordefinierten Bedingungen erlaubt ist. Insofern bieten wir ein klares, technisches und rechtssicheres Konstrukt. Es lässt sich durch Kontrollen, Policies, Manuals oder Zugriffsrechte jederzeit überprüfen. Das ist, worauf der Regulierer am Ende schaut.

Um international wettbewerbsfähig zu sein, muss die europäische Finanzbranche vor allem digitaler und kostensensibler werden. Wie kann T-Systems dabei helfen?
Ich freue mich, wenn wir in den nächsten Monaten und Jahren unsere Rolle im Bankensektor weiter ausbauen, denn wir sind genau in diesen Bereichen tätig. Kosteneffizienz ist bei Banken natürlich der zentrale Punkt. Und ein weiterer Punkt, der häufig vernachlässigt wird, ist die Betriebsstabilität. Dahinter steckt mehr als der bloße IT-Betrieb. Dahinter stecken Hard- und Software, Prozesse und Menschen. Ein dritter Punkt ist, dass viele Banken vor einer Erneuerung der Kernbankensysteme stehen. Hier kann man natürlich, indem man bestimmte Komponenten und Module in der Cloud entwickelt, auch die Time-to-Market drastisch verkürzen.

Muss es hier auch Lösungen auf europäischer Ebene geben? Vor welchen Herausforderungen stehen Banken und Unternehmen?
Die Extrapolation der Trends der letzten Jahre ist nicht mehr wirklich aktuell. Man beachte etwa Entwicklungen in IT und Regulatorik, auch bei politischen Rahmenbedingungen hat sich viel getan. Auf der Metaebene haben wir es in Europa nicht geschafft, unsere Interessen, etwa beim Thema EPI, zu verteidigen und übereinander zu bringen. Das ist der nächste Punkt. Europa ist aufgrund seiner Komplexität per se eine Herausforderung. Aber wir können mit Komplexität umgehen. Es gibt eine Zeitenwende, die wir auch bei diesen Themen merken werden. Natürlich gibt es keine Garantien, dass das alles funktionieren wird. Aber ich glaube, es gibt gute Argumente, diese Lösungen zu nutzen.

Interview: Thorsten Hahn und Dennis Witzmann

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