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ESG im Krisenwandel

Auf Corona-Krise folgt Krieg. Noch von der Pandemie gezeichnet stehen Politik und Wirtschaft erneut vor fundamentalen Entscheidungen. Die Mentalität hier lautet: „Schritt für Schritt“. Doch neben Krieg und COVID-19 bleibt wenig Aufmerksamkeit für die Klimakrise übrig, obwohl sie unaufhaltsam voranschreitet.


ESG im Krisenwandel Nachhaltigkeit Zukunftsdenken

Fast schon ermüdend oft wird betont, dass sich Banken verstärkt zu ihrer Klimaverantwortung bekennen müssen. In Anbetracht der aktuellen geopolitischen Situation scheinen jedoch auch in der Finanzbranche Sicherheitsthemen vorzugehen. „Vor dem Hintergrund der dynamischen regulatorischen, energie- und geopolitischen Lage haben wir beschlossen, unsere geplante Richtlinie für nachhaltige Investmentfonds zurückzustellen. Für eine dauerhafte Regulierung ist das derzeitige Umfeld nicht ausreichend stabil“, sagte BaFin-Präsident Mark Branson bei der Jahrespressekonferenz 2021.

Dabei gilt es, sich gerade jetzt stärker um ESG-Angelegenheiten zu kümmern. Es ist ganz offensichtlich, dass militärische Einsätze nicht nur den Menschen, sondern auch der Umwelt schaden und zudem an wertvollen Ressourcen zehren. Die Konsequenzen sind unbewohnbare Regionen, verschmutztes Grundwasser ebenso wie verseuchte Böden oder brennende Wälder. Landwirtschaftsflächen sind damit zunichtegemacht.

ESG und die Rüstungsindustrie

Darüber hinaus hat der Krieg in der Ukraine überdeutlich ins Bewusstsein gerufen, dass bislang zu wenig in erneuerbare Energien investiert wurde. Eine Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen kann nicht das Ziel sein. So ist der Übergang besonders zu Solar- und Windenergie, aber auch zum grünen Wasserstoff essentieller Schritt des Transformationsprozesses. Hier ist verstärkter Einsatz von Geldhäusern gefragt, einen Fokus auf Projekte im Bereich erneuerbare Energien zu legen.

Die Invasion Russlands hat eine weitere Frage aufgeworfen: Wie sollen ESG-Kriterien auf Waffenproduzenten angewendet werden? Bislang hatten Rüstungsunternehmen wegen der Folgeschäden weitgehend das Nachsehen. So berichtet der Rheinmetall-Chef Armin Papperger im Interview mit der „WirtschaftsWoche“ von seiner schwierigen Suche nach Krediten. Die ESG Bedenken seien sowohl bei der LBBW als auch bei der BayernLB zu groß gewesen.

Heute lockern sich die Positionen. Erste Institute wie die schwedische SEB Investment Management haben ihre Investmentkriterien bereits reevaluiert. Doch wer übernimmt die Kosten, falls es zum Einsatz der Waffen kommt? Die Fixierung auf den CO2-Zertifikatehandel allein reicht nicht aus, um die Umweltschäden auszugleichen.

Unternehmerische Sozialverantwortung neu bewertet

Auch das Verständnis der unternehmerischen Sozialverantwortung wird aufgrund des Angriffs auf die Ukraine neu bewertet. Die Nachhaltigkeitsexpertin Hortense Bioy von Morningstar sagt über den Anlagemarkt: „Russlands Krieg gegen die Ukraine ist ein Weckruf für den ESG-Anlagebereich.“ Viele Geschäftsverbindungen zu Russland wurden gekappt, wodurch Investoren immense Verluste erlitten. Für zukünftige Anlageentscheidungen gilt es demnach auch, geopolitische Aspekte noch stärker zu prüfen. So könnte etwa der Verzicht auf gewisse Risiken mindern.

ESG ist im fortlaufenden Wandel. Auch kommende Krisen werden unter Umständen zu einer (ethischen) Herausforderung für Banken, Unternehmen und Investoren. Vergessen sollte man nur eines nicht: Klima- und Umweltschutz darf nicht als gesonderter Raum betrachtet werden, dessen Tür man vorübergehend schließt. Nachhaltigkeit ist das Dach, unter dem sich alle anderen Themen abspielen sollten. Und ein gesundes Klima ist das Fundament für das Wohlergehen von Wirtschaft und Gesellschaft.

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