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„Ich bin der Meinung, dass die Wichtigkeit von Mobile Payment kaum überschätzt werden kann“

Das Smartphone ist heutzutage für viele unverzichtbar – auch beim Bezahlen. Warum Mobile Payment für die Banken Chance und Gefahr darstellt und wie den Banken der Einstieg in den Sektor erleichtert werden kann, sagt Anton Stadelmann, CEO von Bluecode, im BANKINGNEWS-Interview.


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BANKINGNEWS: Welche Bedeutung hat Mobile Payment im globalen Zahlungsverkehr?
Anton Stadelmann: Es gibt durchaus verschiedene Perspektiven, um die Wichtigkeit von Mobile Payment zu beleuchten. Zum einen verlagert sich unser tägliches Leben immer mehr in die digitale Domäne, sprich auf das Smartphone. Das Bezahlen ist da keine Ausnahme. Mobile Payment hat ganz spezifische Vorteile gegenüber Karten oder Bargeld und kann auch mit Mehrwertservices kombiniert werden. Zudem ist das Smartphone immer dabei. Für Kunden ist Mobile Payment also ein Gewinn an Verfügbarkeit und Funktionalität.

Und für Banken?
Für Banken bedeutet es eine signifikante Umstellung: Weg von Karten und Bargeld in Richtung Smartphone. Immer wenn das Format wechselt, werden die Karten einer ganzen Industrie neu gemischt. Das haben wir etwa in der Filmindustrie gesehen, heute hat sich alles in Richtung Streaming verschoben. Plötzlich kamen neue Player auf den Markt, die eine noch tiefere Wertschöpfung erbringen konnten. Das ist beim Bezahlen nicht anders. Und auch die Banken werden von einem Formatwechsel erfasst. Deshalb ist es uns wichtig, gemeinsam mit den Banken und dem Handel die Kundenreise im Mobile Payment zu gestalten. Ich bin daher der Meinung, dass die Wichtigkeit von Mobile Payment kaum überschätzt werden kann. Für Kunden ist es ein tolles neues Erlebnis, für die Banken und den Handel eine gigantische Chance.

Welche Rolle spielen optische Verfahren wie zum Beispiel Barcodes und QR Codes im Mobile Payment?
Mit optischen Verfahren können Kunden und Händler sich ohne zusätzliche Hardware und die Eingabe von Kartennummern verbinden, um den Bezahlvorgang zu starten. Zudem eröffnen optische Verfahren auch Möglichkeiten zur Kassenintegration. Bluecode nutzt diese Möglichkeiten, etwa mit der jö&GO!-Lösung, mit der Kunden beim Bezahlvorgang gleichzeitig auch Treuepunkte sammeln können. Diese Einfachheit kombiniert mit Mehrwerten hat dazu geführt, dass sich in Europa und in Asien fast ausschließlich optische Verfahren durchgesetzt haben. Auch Händler setzen zunehmend auf diese Technologie, vor allem in Deutschland.

„Noch nehmen die Banken nicht flächendeckend am optischen mobilen Bezahlen teil.”

Wie würden Sie die Akzeptanz von Mobile Payment in Deutschland und in Österreich im internationalen Vergleich einordnen?
Hinsichtlich Mobile Payment ist Europa generell ein sehr fragmentierter Markt. Jedes Land hat seinen eigenen „Local Champion“. Da gibt es zum Beispiel TWINT in der Schweiz oder Swish in Schweden. Der Grund liegt in der Vielfalt der Länder mit spezifischen lokalen Nuancen. In Deutschland und Österreich gibt es im Mobile-Payment-Markt noch viel Potenzial, das genutzt werden kann. Noch nehmen die Banken nicht flächendeckend am optischen mobilen Bezahlen teil. Bluecode bietet hier eine Lösung, die den Einstieg in den Mobile Payment-Sektor sehr niederschwellig macht.

Inwieweit unterscheidet sich Ihre Lösung von anderen?
Unsere Lösung hat einige spezifische Eigenschaften. Zum einen drängt sich Bluecode nicht in den Vordergrund der Kundenreise. Händler und Banken behalten die Interaktion mit ihren Kunden. Zudem lässt sie sich leicht in bestehende Apps integrieren. Somit können Händler ihre bestehenden Apps aufwerten, indem sie einerseits eine Bezahloption nahtlos in ihre App integrieren und anbieten können. Andererseits lassen sich diese mit Mehrwertservices wie Rabatten verbinden. Das bringt den Händlern den Vorteil, dass ihre Kunden mehr Zeit in der App verbringen und diese intensiver nutzen. Zudem ist Bluecode eine europäische kontobasierte Payment-Lösung. Das heißt, dass eine Transaktion von der Konsumenten-Bank zur Händler-Bank direkt abgewickelt wird und nicht über eine Kredit- oder Bankkarte laufen muss, wie es bei NFC-basierten mobilen Bezahlsystemen der Fall ist.

Welches Potenzial bietet sich hier für Banken?
Die teilnehmende Issuer-Bank erhält bei jeder Transkation 0,15 Prozent des Warenkorbs als Issuer-Fee. Da keine tranksationsbezogenen Scheme Fees für die Issuer anfallen, ist das ein attraktives Modell für Banken. Eine Issuer-Bank, die zusätzlich als Acquirer auftritt, kann zusätzlich nochmals 40 Prozent des über die Issuer-Fee hinausgehenden Händler-Entgelts verdienen. Mindestens so wichtig wie die kommerziellen Vorteile gewichte ich aber die strategischen Vorzüge für eine Bank. Denn Bluecode ist ein lokales Payment Scheme, das es den Banken erlaubt, den Formatwechsel von Karten und Bargeld hin zu Mobile für sich zu nutzen und optimale Kundenerlebnisse zu generieren. Wenn Banken keine Antwort auf diesen Formatwechsel haben, dann laufen sie Gefahr, die Kundenschnittstelle zu verlieren und damit auch Umsatz über Payment-Gebühren hinaus abzugeben.

„Da keine tranksationsbezogenen Scheme Fees für die Issuer anfallen, ist das ein attraktives Modell für Banken.“

Die europäischen Mobile-Payment-Anbieter haben im Jahr 2019 die European Mobile Payment System Association (EMPSA) gegründet. Wie sieht Ihr bisheriges Resümee aus?
Ja, und ich bin wirklich stolz darauf, was wir bislang erreicht haben. EMPSA hat enormes Momentum aufgebaut und bereits einige wichtige Meilensteine umgesetzt. EMPSA verfolgt den Ansatz, bestehende nationale Systeme miteinander zu verknüpfen. Dies nennen wir Interoperabilität zwischen den lokalen Bezahlsystemen. Der zugrunde liegende Gedanke ist, dass jeder europäische Bürger das Recht haben sollte, mit der Payment-App seiner Wahl überall im Ausland bezahlen zu können. Genauso wie das beim Telefon schon funktioniert. Denn mit einem österreichischen Mobiltelefon-Vertrag kann eine Person überall in Europa telefonieren und surfen. Das ist im Mobile Payment auch möglich. Seit Januar 2022 etwa befinden wir uns mit TWINT aus der Schweiz in der gemeinsamen „Friends-and-Family“-Phase. Transaktionen können im jeweiligem Gast-Netzwerk durchgeführt werden. Bluecode-Nutzer können somit im TWINT-Netz in der Schweiz zahlen, TWINT-Nutzer umgekehrt in Österreich und Deutschland. Diese Transkationen laufen nach EMPSA-Spezifikationen. Noch befindet sich das Projekt in der Pilotphase.

Wie soll es weitergehen?
Wir rechnen mit einem baldigem Roll-out für alle TWINT- und Bluecode-Nutzer. Das nächste Land, das sich dem Projekt anschließen wird, ist Italien mit dem System BANCOMAT. Diese drei Systeme werden dann den sogenannten Alpen-Cluster von EMPSA bilden. Mittlerweile umfasst EMPSA rund 90 Millionen Mobile Payment Kunden in 16 Märkten – Tendenz stark steigend. Der gute Nebeneffekt davon: Die Zahlung läuft von Konto zu Konto, ohne zusätzliche Schemes. Das macht es nicht nur günstiger, sondern trägt auch maßgeblich zur Payment-Souveränität von Europa bei.

Interview: Laura Kracht

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