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Mannomann Herr Ackermann – eine Banker-Ikone wird 75

Je nach Perspektive galt er als Lichtgestalt oder Streitfigur des deutschen Finanzsektors. Mit einer Handgeste verewigte er sich im kollektiven Gedächtnis. Die Rede ist von Josef Ackermann. Wir blicken anlässlich seines 75. Geburtstags auf das bewegte Leben des ehemaligen Spitzenfunktionärs zurück.


Ackermann, Deutsche Bank

Wie die Zeit verfliegt: Über 19 Jahre ist es her, dass Josef Ackermann seine Hand in die Kameras der Reporter streckte, um Zeige- und Mittelfinger zum Victory-Zeichen zu formen. Eine provokante Geste, die dem zu diesem Zeitpunkt amtierenden Chef der Deutschen Bank etliche Schlagzeilen und viel Empörung einbrachte. Doch von vorn. 

Der steile Aufstieg

Seine Karriere begann der studierte Wirtschaftswissenschaftler an der Universität St. Gallen. Dort war er bis zur erfolgreichen Promotion im Jahr 1977 als wissenschaftlicher Assistent tätig. Als doctor oeconomiae wechselte er zur Schweizer Großbank Credit Suisse und stieg binnen kürzester Zeit bis in den Unternehmensvorstand auf. Bereits im ersten Jahr an der Unternehmensspitze landete er einen Coup. Gemeinsam mit Verwaltungsratspräsident Rainer E. Gut fädelte Ackermann die Übernahme der angeschlagenen Schweizerischen Volksbank ein. Dadurch konnte die Credit Suisse ihren Marktanteil ausbauen und an Position zwei der Schweizer Banken vorrücken.  

Allerdings war Ackermanns Engagement an der Unternehmensspitze nicht von Dauer. Im Jahr 1996 und damit schon drei Jahre nach Übernahme des Postens verließ er die Schweizer Bank aufgrund interner Unstimmigkeiten. Die Deutsche Bank nutzte die Gelegenheit und unterbreitete dem ambitionierten Banker das Angebot, Vorstandsmitglied zu werden. Ackermann nahm an und konnte sich auch bei seinem neuen Arbeitgeber rasch durchsetzen. Anfänglich für Kreditrisiken verantwortlich, vertraute ihm das Geldhaus bereits zwei Jahre später das Großkundengeschäft sowie das Investmentbanking an. In dieser Funktion gelang ihm etwa die Integration der US-Investmentbank Bankers Trust.  

Ein Grenzgänger

Für seine Verdienste wurde Ackermann mit der vorzeitigen Nominierung zum Unternehmensvorstand belohnt. Auf seiner ersten Pressekonferenz in neuer Funktion ließ er sodann ein markiges Statement folgen. Der deutsche Branchenprimus werde unter seiner Leitung 25 Prozent Eigenkapitalrendite erwirtschaften. Mit diesem Ziel, das er über viele Jahre mantraartig wiederholte, ging einerseits eine höchst aggressive Phase der Expansionspolitik einher. Zur Hochzeit verfügte die Deutsche Bank gerade einmal über 2,4 Prozent Eigenkapitalquote. Andererseits begann sich zugleich das Bild von Ackermann in der Öffentlichkeit zu wandeln. Sein enormer Ehrgeiz war weder Politik noch Medien oder Bürgern entgangen und stieß zunehmend auf Widerstand. Ein offener Konflikt war nur noch eine Frage der Zeit. 

Zur Entladung kam es wenige Jahre später infolge des Mannesmann-Prozesses. Ackermann fand sich plötzlich auf der Anklagebank des Düsseldorfer Landgerichts wieder. Der Vorwurf: Als Aufsichtsratsmitglied der Mannesmann AG habe er einer Bonuszahlung an 200 Top-Manager unrechtmäßig zugestimmt. Im Zuge des Verkaufs an Vodafone waren über 100 Millionen Mark an Prämien ausgezahlt worden, was weit über den damals üblichen Konditionen lag. Für den Schweizer ging es um viel. Nicht nur seine Reputation, sondern auch die Anstellung an der Spitze der Deutschen Bank stand auf dem Spiel. Im Falle einer Verurteilung hatte Ackermann 2006 angekündigt, seinen Posten zu räumen. 

Was bleibt

Letztlich ging das Verfahren für Ackermann glimpflich aus. Er verließ das Gericht als unbescholtener Mann, weil die Anklage gegen eine Zahlung von 3,2 Million Euro fallen gelassen wurde. Das Label des gierigen Bankers konnte er jedoch nie wieder ablegen. Seine selbstsichere Handgeste, ein Victory-Zeichen bei einem offenen Gerichtsverfahren, wurde zum Symbol skrupelloser Gewinnmaximierung. Zwar war Ackermann fortan bemüht, die Wahrnehmung seiner Person zu korrigieren. Doch zeigte er schnell denselben Hang zur Risikofreudigkeit, wie er etwa mit der Übernahme der Postbank auf dem Höhepunkt der Finanzkrise unter Beweis stellte. 

Nach zwölf Jahren als Chef der Deutschen Bank zog es Ackermann bei seinen letzten Karriere-Stationen nicht weiter ins Rampenlicht. Auf ein kurzes Intermezzo bei der Zurich Insurance Group folgte die Bank of Cyprus, für die er als Verwaltungsratspräsident die Strippen im Hintergrund zog.  

Abschließend bleibt nur noch festzuhalten, dass Dr. Josef Ackermann auf ein Arbeitsleben zurückblicken kann, das seinesgleichen sucht. Es kennt den steilen Karriereaufstieg, Erfolge, internationale Bekanntheit, aber auch Kontroversen und Ablehnung. Die Bewertung hängt ganz davon ab, aus welcher Perspektive man es betrachtet. 

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