Bauvorhaben, die nicht abgeschlossen werden, Restaurants, in denen niemand mehr bedient und Krankenhäuser, die keine Patienten mehr behandeln können: Das Thema Personalmangel ist im Alltag vieler längst angekommen. Wie viel Potenzial für deutsche Unternehmen durch das Fehlen von weit über einer halben Million Arbeitskräfte auf der Strecke bleibt, das beziffert die neue IW-Studie „Die Kosten des Fachkräftemangels“ von Alexander Burstedde und Galina Kolev-Schaefer.
Die Studienmacher haben errechnet, dass bei kompletter Schließung der Fachkräftelücke die Unternehmen in diesem Jahr branchenübergreifend 49 Milliarden Euro mehr im Vergleich zum Status quo erwirtschaften würden. Dieser Betrag spiegelt jedoch nur die Kosten des Produktionsausfalls wider. Über die indirekten Folgekosten, wie Stress und Krankenstand durch Mehrarbeit oder entgangene Innovationen, kann nur gemutmaßt werden.
Rekordzahl an Arbeitnehmern 2023
Dem entgegen steht die Zahl von 45,9 Millionen Menschen, die im vergangenen Jahr in einem Arbeitsverhältnis standen. Nie in der Geschichte der Bundesrepublik war diese Zahl höher.
Doch weil die geburtenstarken Jahrgänge den Arbeitsmarkt in den nächsten Jahren verlassen, ist von einem Anstieg der Fachkräftelücke auszugehen. Laut einer Modellberechnung könnten die Kosten des Fachkräftemangels im Jahr 2027 schon bei 74 Milliarden Euro liegen.
Dieses Problem ließe sich lösen. „Besonders effektiv wäre es, wenn ältere Beschäftigte länger arbeiten würden“, sagt Studienautor und Ökonom für Fachkräftesicherung, Alexander Burstedde. „Unternehmen könnten ihre erfahrenen Mitarbeiter mit passenden Angeboten länger im Betrieb halten.“ Kurzfristig besonders wirksam wäre es, wenn Unternehmen ihre älteren Beschäftigten dazu motivieren und befähigen würden, bis zur Regelaltersgrenze und darüber hinaus im Betrieb zu bleiben. Weitere sinnvolle Maßnahmen lägen in der Förderung qualifizierter Zuwanderung und der Förderung der Erwerbstätigkeit von Frauen, so die Studienmacher.