Financial Home: Wird der Kundentraum endlich wahr?

„Nur das Beste für den Kunden“: Eine Bank ist erfolgreich, wenn sie den Kunden zufrieden stellt. Dieser sehnt sich heute primär nach Komfort, Einfachheit und schnellen Services – eine allumfassende Finanzplattform könnte hier die ultimative Lösung darstellen. Werden Open Finance, FIDA und das mystische Financial Home bald Teil der deutschen Finanzlandschaft?


Das Thema Open Finance scheint allmählich Form anzunehmen. Die Financial Data Access Regulation (FIDA) setzt einen gesetzlichen Handlungsrahmen, der sich dem Zugang zu und der Kontrolle über finanzielle Daten widmet. Als große Leitplanken gelten hier Transparenz und Sicherheit, wenn es um den Datenaustausch zwischen Finanzinstitutionen und Drittanbietern geht.  

Bancassurance, Open Banking und Co.

Als Überbegriff beherbergte die Allfinanz bislang Konzepte wie Bancassurance, Open Banking, Embedded Finance und soll mit FIDA auf das nächste Level gehoben werden. Für viele noch Zukunftsmusik, aber keineswegs abwegig ist die Vorstellung eines Financial Home, einer Super-App, die alle Konten auf einer Plattform abbildet und dem Kunden den ultimativen Überblick über seine Finanzangelegenheiten bietet. „In den USA entwickelt sich bereits das sogenannte Financial Wellbeing“, erklärt Andreas Beys, Vorstand der Sauren Fonds-Service AG. Die Idee hierbei ist, Verbraucher dahingehend zu coachen, dass ein gesundes Verhältnis gegenüber der eigenen finanziellen Situation aufgebaut wird. Dies impliziert etwa finanzielle Sicherheit, Freiheit, Planung und Vorsorge, aber auch finanzielle Bildung, Kontrolle und ein allgemeines Wohlbefinden im Alltag. Hinsichtlich dessen, dass die EU-Datenstrategie plant, künftig auch Gesundheitsdaten transparenter zu machen, könnte sich ein ähnliches Konzept auch in der deutschen Bankenbranche verbreiten.

Was die Chancen anbelangt, sind sich die meisten einig: Die Wertschöpfungskette könnte sich erweitern, neue Geschäftsmodelle, Zusatzangebote und somit Ertragsquellen könnten erschlossen werden. In erster Linie bestünde aber auch die Chance, die Kundenbeziehungen zu intensivieren, die Interaktion zu optimieren oder sogar Neukunden zu gewinnen. Gleichermaßen besteht Sorge über den Verlust von Marktanteilen. Gesteigerte Transparenz macht auch die Konkurrenz sichtbarer – bekanntlich kann erhöhter Wettbewerb frischen Innovationsgeist aber auch entfachen.  

Fest steht, dass sich Banken hier akut für eine Strategie entscheiden müssen. Aller Voraussicht nach könnte FIDA – nach der Implementierungsphase – 2027 in der EU eingeführt werden. Die Zeit bis dahin braucht es auch, um sich technisch zu rüsten und die Infrastruktur entsprechend anzupassen. Dazu gehören etwa avancierte Automatisierung, gutes Schnittstellenmanagement, aber auch die Nutzung von KI in der Datenanalyse.  

Open Finance und die Europawahlen

2022 gab EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen eine Absichtserklärung für Open Finance sowie Open Insurance ab – worauf im April 2024 eine Abstimmung folgte, in der die Mitglieder mit 43 Ja-Stimmen und einer Gegenstimme für FIDA abstimmten. Noch vor den Europawahlen positionierten sich die deutschen Parteien im Vorfeld zu FIDA und Open Insurance. Dabei sticht im Allgemeinen die Gewährleistung des Datenschutzes als höchste Priorität für alle Parteien hervor. Die Parteien der Bundesregierung befürworten die Idee hauptsächlich aufgrund der Übersichtlichkeit für Kunden – es sollte jedoch stets die volle Souveränität und Entscheidungsgewalt der Kunden gegenüber Dritten garantiert sein. Insbesondere die FDP sieht in FIDA die Chance der Wettbewerbsstärkung und der Verbraucherfreundlichkeit. Während auch die CDU/CSU die Idee hauptsächlich unterstützt, gab sich die AfD grundsätzlich skeptisch. Der Datenschutz sei ein zu hohes Gut.  

Auch in der Versicherungsbranche wird das Konzept Open Insurance diskutiert. Slobodan Pantelic, Area Lead bei HDI Deutschland Vertrieb, ist Vorstand der Free Insurance Data Initiative (Frida). Das Ziel der Initiative ist mehr Transparenz für Kundinnen und Kunden bei Versicherungsverträgen. Auch hier ist Datensicherheit ein viel-diskutiertes Thema, das nicht zwingend im Widerspruch zu Open Insurance steht. „Aus unserer Sicht bei Frida allerdings steht der Datenschutz nicht im Konflikt mit dem Wunsch der Kunden, alle Versicherungsverträge auf einen Blick zu sehen“, so Pantelic. 

Ob Versicherungen oder Finanzinstitute, mindestens eine Herausforderung scheinen die Branchen hier zu teilen. Während nun also in der EU an einem offenen Finanzwesen getüftelt wird und Frida daran arbeitet, die Versicherungsbranche zu revolutionieren, sollten die potenziellen Gefahren keineswegs die Möglichkeiten begraben, sondern dazu anstacheln, Innovation voranzutreiben und die Hürden zu meistern. 

Von Fiona Gleim und Maria Scherban

Tipp: Sie möchten gerne weitere Fachartikel aus der aktuellen BANKINGNEWS 300 lesen? Dann lesen Sie hier einen Artikel zur Next Gen-Strategie der Privatbank Hauck Aufhäuser Lampe.

Lesen Sie auch