Seit dem 28. Januar 2008 gilt der einheitliche Euro-Zahlungsverkehrsraum SEPA. Ist sein Start reibungslos geglückt? Wie reagiert der Markt? Und was wird von Finanzinstituten erwartet? FREITAGmittag sprach mit Dr. Heiko Schmiedel, Zahlungsverkehr-Experte bei der Europäischen Zentralbank (EZB).
Genau 4.116 Banken haben das Beitrittsabkommen zum SEPA-Start unterzeichnet. Sind Sie mit diesem Ergebnis zufrieden?
Am 2. Oktober 2007 fand eine Unterzeichnungszeremonie auf der SIBOS statt, einer großen jährlichen Messe der Finanzindustrie. Damals haben sich 30 Banken und 12 Infrastrukturanbieter dazu verpflichtet, zum 28. Januar 2008 für die SEPA-Überweisungen fit zu sein. Nur wenige Monate später waren es schon mehr als 4.100 Banken. Das ist eine gute Entwicklung, die wir weiter fördern wollen.
Und konkret? Wie sieht die erste Bilanz nach 60 Tagen SEPA aus – welche Startschwierigkeiten haben Sie beobachtet?
Um ehrlich zu sein: keine. Die Signale, die wir erhalten ha-ben, waren sehr positiv. Der Markt berichtete weder von Systemfehlern noch von Problemen mit dem technischen Anschluss oder der Abwicklung. Alles in allem hat die Einführung der SEPA-Überweisung außergewöhnlich gut geklappt. Das zeigt sich bereits an den hohen Volumina, die von Beginn an umgesetzt wurden – und die höher sind als erwartet.
Laut einer Umfrage eines deutschen Softwareherstellers bei 400 mittelständischen Geschäftskunden war SEPA für rund 41 Prozent der Befragten Ende Januar noch kein Begriff. Geht SEPA am wahren Bedarf der Unternehmen vorbei oder haben Banken einfach zu wenig informiert?
Die Zahlungsverkehrsindustrie ist bereit – die Nutzer allerdings sind es noch nicht. Gerade die öffentliche Hand und Großunternehmen sollten sich so bald wie möglich für SEPA entscheiden. Denn wenn sie ihre Zahlungen auf SEPA-Instrumente übertragen, haben wir die kritische Masse zur Akzeptanz von SEPA schnell erreicht. Mittelständler und Verbraucher können dann ruhig später folgen. Allerdings: Das bloße Angebot von Basisprodukten genügt nicht, um Kunden von SEPA zu überzeugen. Hohe Service-Levels und angemessenes Pricing sind hier der Schlüssel zum Erfolg. Außerdem wird die Entwicklung innovativer Zahlungslösungen – online, per Mobiltelefon, e-invoicing etc. – SEPA einen notwendigen Stoß nach vorne versetzen. Der Bankensektor hat daher eine wichtige Aufgabe: nämlich SEPA orientiert am Kundennutzen auszubauen und weiterzuentwickeln.
Im Wettbewerb mit den Branchenriesen Mastercard und Visa haben sich die Kreditwirtschaft Deutschlands, Belgiens, Spaniens, Großbritanniens, Portugals und Italiens in der „Euro Alliance of Payment Schemes“ (EAPS) zusammengeschlossen. Können Kartennutzer nun auf niedrigere Preise hoffen oder treibt der Aufwand für SEPA die Kosten in die Höhe?
Die EAPS ist sicherlich schon ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, um verschiedene Kartenmodelle miteinander zu verbinden und zusammenzubringen. Hier kommt es vor allem darauf an, ein einheitliches europäisches Kartenmodell aufzustellen – und nicht bloß verschiedene nationale Systeme miteinander zu verknüpfen. Was die Kosten anbetrifft: Kartennutzer, die bis heute mit ihren nationalen Karten zufrieden gewesen sind, werden in Zukunft hoffentlich ebenso zufrieden sein mit einem europäischen Modell. Der einzige Unterschied wäre dann, dass die Karte, die bislang nur auf nationalem Level genutzt werden konnte, überall im SEPA-Raum einsetzbar ist.
Für SEPA-Überweisungen sind noch bis 2012 Laufzeiten von drei Bankarbeitstagen vorgesehen. Ist das angesichts von Straight Through Processing (STP) nicht ein Anachronismus?
Ein Hauptziel von SEPA ist es, die Entwicklung zukunftsweisender Produktmerkmale und Innovationen zu fördern und den Wettbewerb voranzutreiben. Banken steht es daher frei, schon heute eine schnellere Abwicklung anzubieten und sich so einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen. Uns kommt es hierbei darauf an, dass Banken und Infrastrukturanbieter eine reibungslose und komplette Übermittlung aller für den Zahlungsdienst notwendigen Informationen sicherstellen. Und dass das gesamte System auf einheitlichen, verbindlichen Regeln basiert. Wenn dann ab 2012 eine maximale Laufzeit von einem Bankarbeitstag gilt, erreichen wir auf diese Weise eine wesentlich effizientere Zahlungsabwicklung – und das europaweit.
Dr. Heiko Schmiedel ist Experte im Direktorat für General Payment Systems und Market Infrastructure bei der EZB in Frankfurt. Er betreibt Wirtschaftsforschung in den Bereichen Wertpapierhandel, Clearing, Abrechnungs- und Zahlungssysteme.
Das Interview führten Redakteure des Branchen-Info-Service FREITAGmittag. Wöchentlich erscheinen dort die wichtigsten Meldungen aus der Bankenbranche – zusammengefasst in einem Newsletter. Mehr Informationen finden Sie im Internet: www.fleischer-online.de/newsletter.php4
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