Glücksspiel, Opel und die Bank of England

Von Kornelius Purps, Fixes Income Strategist bei der UniCredit Research •    Glücksspiel: Keine numerischen Dax-Prognosen mehr, aber heute geht‘s erst mal weiter rauf •    Endspiel: Entscheidung über Opel naht •    Topspiel: Bank of England könnte negativen Einlagenzins beschließen So, jetzt hab ich aber allen gezeigt, wo der Hammer hängt. Erstmals erwähnt am 31. August, vorgestern…


Von Kornelius Purps, Fixes Income Strategist bei der UniCredit Research

•    Glücksspiel: Keine numerischen Dax-Prognosen mehr, aber heute geht‘s erst mal weiter rauf
•    Endspiel: Entscheidung über Opel naht
•    Topspiel: Bank of England könnte negativen Einlagenzins beschließen

So, jetzt hab ich aber allen gezeigt, wo der Hammer hängt. Erstmals erwähnt am 31. August, vorgestern wiederholt, trat gestern das ein, was außer mir höchstens ein paar Millionen Marktbeobachter für möglich gehalten hätten: Am 09.09.09 stieg der DAX auf 5.555,55 Punkte. Ein Leser war sogar in der Lage, diesen Moment historischen Ausmaßes festzuhalten. Beseelt von so viel numerischer Glückseligkeit nahm ich am späten Nachmittag das Knacken des, für italienische Verhältnisse zwar spärlichen, absolut betrachtet jedoch respektablen Lotto-Jackpots in Höhe von 17 Millionen Euro in Angriff. Aber die Glücksgöttin war mir kein weiteres Mal hold. Vielleicht hätte ich nicht in jedem Kästchen ausschließlich die „5“ ankreuzen sollen.
Kurstreiber an den internationalen Aktienbörsen war eine – entgegen des frühmorgendlichen Eindrucks – optimistische Grundhaltung der nicht mehr von Sommerpausenilliquidität gelangweilten Anleger. Unsere Freunde von der Commerzbank erfreuten die Beobachter mit der Ankündigung, weitere fünf Milliarden Staatsgarantien zurückgeben und überhaupt diese ganze Garantiererei nicht mehr in Anspruch nehmen zu wollen. Im Verlaufe des Abends gab es weitere erfreuliche Meldungen:

•    Die US Notenbank spricht von Signalen sich stabilisierender oder verbessernder Wirtschaftsaktivität in elf der zwölf Fed-Distrikte.

•    Sowohl in Deutschland als auch in den USA zeugt anziehende Nachfrage nach Zeitarbeitskräften von einem konjunkturellen Frühlingserwachen.

•    Texas Instruments hebt seine Umsatz- und Gewinnprognose für das dritte Quartal an.

Trostlos wird es allerdings in Detroit. Der GM Verwaltungsrat hielt seine gefühlt 237. Sitzung über die Zukunft von Opel ab. Angeblich erfahren wir heute Nachmittag unserer Zeit Neuigkeiten, die ihren Namen tatsächlich verdienen. Agenturmeldungen zufolge weicht aus Opelaner-Sicht der Optimismus immer mehr nackter Überlebenshoffnung.
In den Finanzmärkten gilt heute das Augenmerk hauptsächlich den Entscheidungen der britischen Notenbank. Die heutige Sitzung wird allerdings von einem Skandal überschattet. Das ehemalige Ratsmitglied David Blanchflower erklärte via Printmedien, er hätte im vergangenen Herbst mit Rücktritt gedroht, sollten der Ratsvorsitzende Mervyn King und die anderen Schergen nicht seiner Einschätzung rezessionärer Tendenzen in der UK Volkswirtschaft folgen. In den für gewöhnlich vor Etikette nur so protzenden Zentralbankerzirkeln ein ungeheuerlicher Vorgang. In diesem Umfeld gilt es nun zu entscheiden, ob a) das Anleihenkaufprogramm weiter ausgeweitet oder b) der Einlagenzins auf Null oder noch weniger gesenkt werden soll. Beides würde wohl zu einer weiteren Schwächung des Pfunds beitragen.
An den Rentenmärkten herrscht im Primärmarkt Euphorie (2J-Auktion Deutschland, 10J-Auktion USA, 30J-Syndizierung Italien), am Sekundärmarkt hingegen Tristesse. Endlich, so scheint es, folgen die Renditen ihrem fundamentalen Diktat und steigen an. Die Liquiditätsausstattung der Banken im Euroraum wird durch zahllose sich überlappende Tenderoperationen der EZB dieser Tage reichlich durcheinandergeschüttelt. Sobald sich hier die Lage wieder stabilisiert hat, dürften auch die Zinspapiere wieder Unterstützung erfahren. Diese ist an den Aktienmärkten auch heute früh wieder gegeben: Nikkei +1,9%, S&P Future +0,4%.
Meine Prognose für den DAX: Ha, das hätten Sie wohl gerne, was?