• Tragödie: Das Marktumfeld für mögliche Bondemissionen Griechenlands verschlechtert sich zusehends
• Krimi: In der EZB Pressekonferenz wird Trichet reden müssen wie ein Regisseur
• Seifenoper: Deutsche Zahlen zur Industrieproduktion suggerieren eine heile Welt
Daily Market Snapshot by Kornelius Purps, Fixed Income Strategist, UniCredit Bank AG
Guten Morgen, heute ist Donnerstag, der 08. April 2010 !
“Fünfzig-Fünfzig. Alles ist möglich, aber man kann natürlich auch verlieren!” Diese Einschätzung zu den Chancen des FC Bayern gegen Manchester United gab vor Wochenfrist ein bayrischer Fußballfan via 90.0 MHz kund. Und wie Recht dieser Sportsfreund mit seiner konfusen Gefühlslage behalten sollte: Der Kampf der Gladiatoren endete 4:4, die Bayern waren bereits zum vierten Mal in dieser Saison de emotionale ausgeschieden und kamen dennoch weiter, und das Rückspiel konnte sogar mit 2:3 verloren werden. Trotzdem hat es mal wieder gereicht. Jetzt wird der schlechteste Saisonstart aller Zeiten womöglich mit dem Triple gekrönt. Alles ist möglich.
Wenn man jemanden auf der Straße nach den “Chancen Griechenlands” fragen würde, erhielte man wahrscheinlich die gleiche Antwort: “Fünfzig-Fünfzig. Alles ist möglich…” Welche Chancen genau gemeint wären, muss man wohl gar nicht so genau definieren. Es geht halt um die Frage, ob Griechenland es schafft. Das Land muss sich kurzfristig an den Finanzmärkten refinanzieren. Es muss mittelfristig geringere Zinsen zahlen. Und das Land muss langfristig seinen Haushalt in Ordnung bringen. Ob alleine, mit Hilfe der EWU, des IWF oder des Schiedsrichters ist dabei prinzipiell nebensächlich. Aber die Investoren finden einfach kein Vertrauen. Griechenland hat derzeit das, was man im Sport wohl als “negativen Lauf” bezeichnen würde. Die Dementis zu angeblichen Nachverhandlungen zum EWU/IWF Stützungspaket wurden im Markt ignoriert. Gestern hieß es, im staatlichen Rettungspaket für die griechischen Banken seien noch 17 Mrd. Euro verfügbar, die Banken sollen und wollen diese Finanzierungsquelle offenbar nutzen. Das Defizit für 2009 muss wegen einer Verschlechterung im Denominator von 12,7%/BIP auf mindestens 12,9% revidiert werden. An den Märkten kam es infolge dieser Nachrichtenlage zu einem massiven Renditeanstieg für griechische Staatsanleihen. In 10j. Laufzeiten stieg der Spread auf über 400 Bp, in 2j. gar auf fast 600 Bp. Zu allem Überfluss tauchte auf einer griechischen Internetseite ein Artikel auf, wonach ein Spreadniveau von 450 Bp im 10j. Bereich als kritisches Level bezeichnet wird, jenseits dessen insbesondere amerikanische Investoren ihre Papiere abstoßen würden. Der Ursprüng dieses Artikels ist nebulös, aber er genoß in Marktkreisen große Aufmerksamkeit und dürfte mitverantwortlich für die rasante Spreadausweitung am gestrigen Tage sein.
Auf den aktuellen Spreadniveaus dürfte Griechenlands Interesse, Bonds zu emittieren, gegen Null tendieren. Bis Ende Mai müssen jedoch noch 11,6 Mrd. Euro aufgebracht werden. Also müssen andere Finanzierungsquellen diskutiert werden. Und hier kommt das EWU/IWF Stützungspaket ins Spiel. Das beruhigt die Anleger jedoch insofern nicht, als die Bedingungen dieses Paketes gänzlich unbekannt sind: Wann genau kann es in Anspruch genommen werden? Welche Zinsen und welche Laufzeiten gelten für welche Kredite? Eine Sprecherin der EU versicherte zwar, es gebe eine “Einigung auf höchster Ebene” über die anzusetzenden Zinsen, gab diese Details jedoch nicht preis. Zwischenfazit am heutigen Morgen: Die Situation rund um die griechische Schuldensituation hat sich in den vergangenen 48 Stunden deutlich verschlechtert. Es bedarf dringend klarer Informationen, damit einer weiteren Spreadausweitung in den Märkten entgegengewirkt werden kann.
Das Thema Griechenland wird sicherlich auch wieder die heutige Pressekonferenz der EZB dominieren. Wachstums-, Inflations- sowie Zinsausblick und die Exit Strategie dürften unverändert bleiben. Jean-Claude Trichet wird die Details der neuen, ab Anfang 2011 angewendeten Kollateralpolitik beschreiben. Viel wichtiger wäre es jedoch, wenn die EZB hinsichtlich der Details zum EWU/IWF Paket die Katze aus dem Sack lassen würde.
Daneben gibt es heute noch einen Zinsentscheid der Bank of England (niemand erwartet hier irgendetwas Besonderes) und Daten zur Industrieproduktion in UK und in Deutschland für Februar. An den Märkten macht sich derweil Tristesse breit. Vorsichtig ausgedrückt konsolidieren die Aktienmärkte auf hohem Niveau, aber der Euro befindet sich weiterhin im Sinkflug (EUR-USD fiel heute früh bis auf 1,3313). Die Anleihemärkte profitieren von einer sensationellen 10J UST-Auktion. Ist Trichet in der Lage, das generelle Marktbild umzudrehen? Fünfzig-Fünfzig. Alles ist möglich…