IT-Outsourcing für Versicherungen

Versicherungen denken zurzeit verstärkt über die Auslagerung ihrer IT nach. Ein Gespräch mit Dr. Walter Kirchmann, Vorsitzender Geschäftsführer von Finanz Informatik Technologie Service, über aktuelle Herausforderungen in der Versicherungswirtschaft.


Dr. Walter Kirchmann ist Vorsitzender der Geschäftsführung bei Finanz Informatik Technologie Service (FI-TS) und verantwortlich für Vertrieb sowie die kaufmännischen Bereiche. Der promovierte Wirtschafts- und Organisationswissenschaftler war viele Jahre in den Bereichen Controlling und Organisation für Kreditinstitute und Finanzdienstleister tätig. Bildnachweis: Bernd Ducke/FI-TS

BANKINGNEWS: Aus welchen Gründen macht IT-Outsourcing für Versicherungen Sinn?

Walter Kirchmann: Versicherungen stehen zurzeit vor zahlreichen Herausforderungen. Da ist zunächst der digitale Wandel zu nennen, der Versicherungen zum Handeln zwingt. Sie müssen Kunden Möglichkeiten bieten, zu jeder Zeit mit ihrer Assekuranz in Kontakt zu treten. Aber auch die steigenden regulatorischen Anforderungen machen Versicherungen zu schaffen, denn diese müssen auch in den Systemen und Prozessen abgebildet werden. Und gleichzeitig macht sich der demografische Wandel auf Mitarbeiter-Seite bemerkbar. Denn insbesondere IT-Nachwuchskräfte orientieren sich bei der Wahl des Arbeitgebers primär in Richtung originärer IT-Unternehmen. Vor diesem Hintergrund denken IT-Verantwortliche in Versicherungen immer häufiger über die IT-Auslagerung nach. Sie verspricht weitreichende Unterstützung, um die aktuellen Herausforderungen zu lösen.

Zurzeit erfolgt ein Umdenken

Welchen besonderen Anforderungen stellen Versicherungen beim IT-Outsourcing an ihren IT-Partner?

Die Anforderungen sind sehr vielfältig, da ganz unterschiedliche Bereiche von einer IT-Auslagerung profitieren können. So wünschen sich etwa die IT-Fachbereiche moderne Technologien, um die digitale Transformation vorantreiben zu können. Dazu gehören etwa schnell und flexibel buchbare IT-Kapazitäten für Test- und Entwicklungsumgebungen. Damit können sie beispielsweise neue Produkte und Services entsprechend dem veränderten Kundenverhalten rasch umsetzen. Demgegenüber verlangt das Risikomanagement eine umfassende Beachtung regulatorischer Vorschriften. Der Fokus liegt dabei naturgemäß auf den branchenspezifischen Anforderungen wie etwa Solvency II. Aber auch der Schutz der personenbezogenen Kundendaten in der Lebens- oder Krankenversicherung zählen dazu. Hier besitzen IT-Provider aus Deutschland mit einem deutschen Rechenzentrum zurzeit noch einen Standortvorteil. Und über allem steht natürlich der Wunsch der Versicherung, Kosten zu senken.

In welchen Bereichen der IT sehen Sie bei Versicherungen Nachholbedarf und/oder starke Potenziale, um die Digitale Transformation erfolgreich zu gestalten?

In Versicherungen erfolgt zurzeit ein Umdenken, das in anderen Branchen wie Logistik, Industrie oder Banken bereits stattgefunden hat. Versicherer prüfen, wie sie ihre IT-Strategie neu ausrichten können. Wenn sie sich in diesem Prozess für IT-Outsourcing entscheiden, dann ist der erste Schritt oft die Auslagerung des IT-Betriebs mit einem niedrigen Leistungsschnitt. Damit werden vorhandene IT-Landschaften an einen Provider übergeben, der sie in der Regel modernisiert und dabei effizienter gestaltet. Weiteres Potenzial ergibt sich damit später aus einer Steigerung des Leistungsschnitts hin bis etwa zum Anwendungsbetrieb oder etwa aus der Nutzung gemeinsamer Standard-Services auf Basis einer branchenkonformen Cloud-Umgebung.

Wie wirkt sich die zunehmende Regulierung – Stichwort Solvency II – auf die IT-Anforderungen der Versicherer aus?

In erster Linie müssen Versicherungen hohe Kosten aufwenden, um die regulatorischen Anforderungen in der IT abzubilden. Bei einer Auslagerung an einen branchenversierten IT-Partner können Versicherungen die Kosten für die Regulierung senken, da Anforderungen dafür zentral umgesetzt werden.

Unterschiede in Kontakthäufigkeit

Erkennen Sie beim Thema Outsourcing im Speziellen sowie beim Thema IT im Allgemeinen Unterschiede zwischen der Bank- und der Versicherungsbranche?

Ein signifikanter Unterschied ergibt sich aus der Kontakthäufigkeit der Kunden. Denn zu einer Versicherung nehmen Kunden seltener Kontakt auf als zu einer Bank. In der Regel im Schadensfall oder bei der Anpassung eines Tarifes. Für die IT ergeben sich daraus ganz unterschiedliche Anforderungen in Bezug auf mögliche Lastspitzen. So muss eine Versicherung beispielsweise darauf vorbereitet sein, dass nach einer extremen Wettersituation wie Starkregen oder Hagel die Zahl der Kundenanfragen sprunghaft steigt. Darüber hinaus bringen Versicherungen häufiger neue Produkte auf den Markt. Dafür benötigen sie flexible Test- und Entwicklungsumgebungen.