BANKINGNEWS: Sie haben Ihr Kundenservicecenter strategisch neu ausgerichtet. Was sind die entscheidenden Änderungen?
Benjamin Neulinger: Wir bewegen uns in einem Umfeld, das für ein Servicecenter zwei große Strömungen ausmacht: Auf der einen Seite sind wir durch das aktuelle Niedrigzinsumfeld und den daraus ausgelösten Druck auf die Margen dazu veranlasst, dass wir im Bereich Kundenservice über Effizienzsteigerung sprechen müssen, die sich in kürzeren Gesprächszeiten oder Steigerungen der Fallabschlussquoten widerspiegelt. Auf der anderen Seite steht die Digitalisierung, durch die wir unseren Kunden in völlig anderen Situationen über völlig andere Medien in Kontakt treten können. Somit haben wir nicht mehr nur den klassischen Inbound-Call, sondern können proaktiv und digital auf unseren Kunden zugehen.
Wie schaffen Finanzdienstleister den Spagat zwischen dem analogen Gespräch in der Filiale auf der einen Seite und den vielen neuen digitalen Kanälen auf der anderen Seite?
„Für bestimmte Anliegen präferierte Kontaktmedien“
Es gibt drei große Säulen, die man dafür beachten muss. Die eine ist der persönliche Kontakt durch den Berater vor Ort. Die völlig digitale Welt ist die entgegensetzte Strömung; der klassische Online-Kunde, der online abschließt, der online betreut wird, der seine Anliegen über den Sales-Service löst. Und dazwischen gibt es die persönlich digitale Welt. Hier nimmt das Kundenservicecenter eine Schlüsselrolle ein, welches mit Medien wie Telefon, Chat oder Videotelefonie direkt mit dem Kunden Kontakt aufnimmt, aber auch eine gewisse Steuerungsfunktion hat, um den Kunden auf seiner Reise zu begleiten.
Neben den Generationen Y und Z gibt es auch altmodische Kunden. Stichwort: persönliche Beratung. Diese ist vielen Menschen immer noch wichtig. Wie gehen Sie mit solchen Kunden um?
Natürlich ist das Produkt Baufinanzierung etwas, das nicht flexibel gewechselt wird und in dessen Rahmen der Kunde eine längerfristige Entscheidung trifft. Kunden gehen hier jedoch unterschiedlich vor: Die meisten sind heutzutage wesentlich aufgeklärter. Betrachtet man in der Kundenreise die Phase Informationen, dann haben sich viele bereits vorher online informiert. Das können wir nicht mal an einer Altersklasse festmachen. Wir müssen den Kunden in den richtigen Kanal locken. Hier gibt es gewisse Fälle, in denen persönliche Gespräche aufgrund des Inhalts von Vorteil sind. Es gibt aber ebenso viele Kunden, die – auch in höheren Altersklassen – auch gerne ihre Geschäfte mit uns über das Telefon machen, weil sie damit schon viele Erfahrungen haben.
Welche Rolle spielt das scheinbar in Vergessenheit geratene Vertriebsinstrument des Telefons?
Neben dem persönlichen Gespräch ist das Telefon einer der Hauptkanäle. Dabei machen wir die Erfahrung, dass etwa die Videotelefonie nur in Fällen genutzt wird, bei denen es einen Mehrwert bringt; also wenn es notwendig wird, visuell Informationen zu teilen und dem Kunden zu vermitteln. Wenn das nicht notwendig ist, hat der Kunde auch keinen Bedarf. Dann wird stattdessen das Telefon als einfacher Zugangsweg gewählt. Genauso steht es um Sales-Service-Portale und den E-Mail-Verkehr. Letzteres wird viel mehr genutzt als die Postbox, da sich der Kunde nicht erst einloggen muss.
Was steckt hinter dem Begriff „werthaltige Kontakte“?
Wir verstehen darunter, dass es für bestimmte Anliegen präferierte Kontaktmedien gibt – nicht nur aus Perspektive eines Hauses. Man sagt, dass ein Service-Auftrag kostengünstiger abgewickelt über das Sales-Service-Portal sei. Vielmehr gibt es eine Reihe von Vorteilen aus Kundensicht. Dann gibt es Kontakte, die aus meiner Sicht und auch aus Sicht des Kunden nicht werthaltig sind. Damit meine ich eine Verbindung, bei der ich die Mensch-zu-Mensch-Interaktion nicht benötige. Folglich habe ich andere Kontakte, bei denen ich wirklich Hilfestellung leisten kann, wenn es um komplexe Fragestellungen geht.