BANKINGNEWS: Immer wieder wird die Abschaffung des Bargelds diskutiert, die Nutzungszahlen von Online-Banking steigen. Lohnt es sich überhaupt noch, in neue Geld- und SB-Automaten zu investieren?
Vincenzo Fiore: Auf lange Hinsicht wird die Bargeldnutzung in Europa zurückgehen, doch im Moment ist es für die Konsumenten noch sehr wichtig. Vor allem die Deutschen bevorzugen Bargeld als Zahlungsmittel und die Diskussion, die der Abschaffung des 500-Euro-Scheins seitens der EZB gefolgt ist, zeigt, dass wir noch weit entfernt von einem bargeldlosen Alltag sind. Das Online-Banking ist seit langer Zeit ein wichtiger Kanal der Bank, über den der Kunde eine Vielzahl grundlegender Geschäfte wie Überweisungen durchführen oder sich über Produkte der Bank informieren kann. Für komplexere Bankangelegenheiten, die einer Beratung bedürfen oder den Erwerb neuer Produkte beinhalten, bevorzugen die Kunden – und hierzu zählen auch die Millennials – den persönlichen Kontakt mit einem Berater und somit die Filiale. Aus diesem Grund müssen Banken auf eine Omnichannel-Strategie setzen, die alle Kanäle auf die gleiche Weise mit einbezieht und auch die Filiale in diese Strategie integriert. Investitionen in GAA- und Selbstbedienungs-IT bedeuten, dem Nutzer zusätzliche personalisierte Dienstleistungen zur Verfügung zu stellen, die in der Lage sind, auch in der Filiale eine innovative Banking Experience zu bieten, die man schon vom Online-Banking gewohnt ist. Der Kunde muss die Möglichkeit haben, eine Operation von Zuhause oder vom Handy aus zu starten und in der Filiale zu beenden sowie andersherum. Das bedeutet, rund um die Uhr gleicherweise Zugriff auf sein Banking zu haben.
Im Puzzle der Omnichannel-Bank ist das Filial-Stück absolut fundamental.
Wäre es von der Kostenseite her nicht effizienter, wenn sich Filialbanken immer mehr in Richtung digitaler Direktbank mit einer großen Flagship-Filiale pro Region oder Stadt entwickeln?
Es stimmt, dass Banken Kosteneinsparungen vornehmen müssen und dass diese sehr häufig die Filiale betreffen. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Filiale eine Seltenheit werden muss. Die Filiale der Zukunft ist technologisch ausgestattet und automatisiert. Das bedeutet, dass die Berater immer mehr von bürokratischen und verwaltungstechnischen Tätigkeiten befreit werden und sich verstärkt der Beratung und Unterstützung der Kunden widmen können. Eine technologische Filiale kann deutlich die Betriebs- und Personalkosten senken, während sie gleichzeitig den persönlichen Kontakt, auf den der Kunde weiterhin besteht, garantiert. Außerdem kann die Filiale mit der richtigen Technologie zu einem Verkaufsort werden. Hierzu wurden die Lösungen WWS OnetoOne, WWS Greæter und WWS Customer Management von Auriga entwickelt, denn sie geben dem Berater die Möglichkeit, den Kunden auf eine personalisierte Weise zu begrüßen und zu unterstützen und ihm Angebote, die mit dem Kundenprofil abgestimmt sind, zu unterbreiten. Dabei sollte betont werden, dass es auch einen entgegengesetzten Trend gibt und Online-Banken verstärkt versuchen, territoriale Präsenz zu zeigen: Dies dient der Sichtbarkeit und dem persönlichen Kontakt – unerlässlich für die Stärkung der Kundenbindung.
Sie waren mit einem Stand auf der „Branch Transformation“ in London vertreten. Welche Ideen oder Leitlinien konnten Sie von dort mitnehmen? Sind sich die Experten einig, wohin die Reise der Bankfiliale geht?
Seit einigen Jahren ist die Branch Transformation zu einem der wichtigsten internationalen Branchentreffpunkte zum Thema Bankfiliale geworden. Nachdem in den vergangenen Jahren Themen wie Automatisierung, Cash Handling und die Weiterentwicklung der Rolle des Personals in der Filiale diskutiert wurden, war das diesjährige Motto „Der Kunde im Zentrum“. Die diesjährigen Teilnehmer waren sich einig, dass Banken die Digitalisierungswelle nutzen müssen, um sich den Kunden zu nähern, indem sie moderner und zugänglicher und gleichzeitig mobil und besucherfreundlich werden. Im Puzzle, was die Omnichannel-Bank darstellt, ist das Filial-Stück absolut fundamental. Für den Einsatz von Innovation in der Filiale hat Auriga in London zwei neue Lösungen der Software-Suite WWS (WinWebServer) präsentiert: WWS Cash Management, ein strategisches Instrument zur Optimierung der Bargeldtransfers und -sicherheitslagerung, vor allem geeignet in Ländern wie Deutschland oder Italien, wo der Bargeldgebrauch noch sehr groß ist. Und WWS Customer Management, eine Lösung zur Vereinfachung der Kundeninteraktion in der Filiale wie Begrüßung, Organisation der Warteschlangen, Beratung und personalisierte Marketingaktivitäten.
Aufwertung des GAA in der Kundenbezieung
Das Zulassungsbüro der Deutschen Kreditwirtschaft hat Auriga die Deutsche-Geldautomaten-System-Zulassung für die Lösung WWS ATM erteilt. Was bedeutet das für Ihr Unternehmen?
Nach der Eröffnung der Frankfurter Niederlassung im letzten Jahr stellt der Erhalt der Zulassung für Auriga einen weiteren Meilenstein beim Wachstum im vielversprechenden deutschen Markt dar. Deutschland zählt in Europa zu den Ländern, wo Menschen dem Bargeld als Zahlungsmittel am treusten sind mit einer hohen Abhebungsquote am Geldautomaten. Nichtdestotrotz bieten die deutschen Banken lediglich grundlegende Funktionen am GAA, der häufig nicht als Teil einer Omnichannel-Bank verwaltet und als nicht integrierten Kanal angeboten wird. Investitionen in den GAA zur Verbesserung der gebotenen Services und zur Aufwertung seiner Rolle in der Kundenbeziehung werden auch für deutsche Banken unverzichtbar. Inzwischen wird weltweit anerkannt, dass der SB-Kanal zukünftig einen wichtigen Kontaktkanal zwischen der Bank und dem Kunden darstellen wird.