Von Kornelius Purps, Fixes Income Strategist bei der UniCredit Research
- Erhobenes Haupt: Weitere Indikatoren signalisieren die Ausnahmestellung der deutschen Volkswirtschaft
- Hängende Schultern: Details zum US ISM-Index sind schlechter als es die Headline suggeriert
- Offene Hände: US Notenbank überlegt angeblich, frei werdende Mittel in Treasuries zu re-investieren
Tja, ihr lieben Briten, während ihr noch rasiert, sitzen wir bereits am Schreibtisch und arbeiten Exportaufträge ab. Man spricht bereits vom deutschen Achselhamster-Aufschwung. Alle Welt hofft, die pelzige Konjunkturlokomotive werde zu einer Stabilisierung der Wirtschaftserholung in ganz Europa verhelfen. Gestern wurden wieder eine Reihe von Daten veröffentlicht, welche die derzeit herausragende Stellung der deutschen Volkswirtschaft demonstrieren: Der Maschinen- und Anlagenbau freut sich über ein Auftragsplus von 62% im Vorjahresvergleich. Die Auslastung der Hersteller sei von 69% Mitte letzen Jahres auf 83% gestiegen. Das KfW/Ifo-Mittelstandsbarometer stieg um 7,9 Zähler auf 21,1 Punkte – der stärkste Anstieg seit Beginn entsprechender Datenerhebungen vor 20 Jahren. Der Einkaufsmanagerindex für das Verarbeitende Gewerbe liegt bei 61,2 Punkten – das ist Boom-Niveau. Liebe Briten, versteht das bitte, wir haben einfach keine Zeit, stundenlang mit dem Handrasenmäher über unsere Plauze fahren!
Sollte es tatsächlich eine positive Korrelation zwischen Wirtschaftswachstum und Ausmaß der Körperbehaarung geben, dürfte die Haut des Durchschnittsamerikaners in diesem Sommer peu-à-peu streichzarter werden. Gestern fiel der ISM Index den dritten Monat in Folge, und zwar von 56,2 auf 55,5 Punkte. Damit zeigt der Indikator weiterhin auf relativ starkes Achselhaar- und Wirtschaftswachstum hin, und der Rückgang fiel geringer aus als allgemein befürchtet. In den wichtigen Unterkomponenten, insbesondere bei den Neuaufträgen, fiel das Konjunkturbarometer jedoch recht kräftig. Ein stärkerer Rückgang in der ISM-Gesamtrate wurde durch einen kräftigen Anstieg der Lagerkomponente verhindert. Auftrags- und Lagerkomponente ins Verhältnis gesetzt, ergibt sich ein eindeutiges Signal für eine sich weiter abschwächende Konjunkturentwicklung in den kommenden Monaten.
Fed-Präsident Ben Bernanke, unpassenderweise mit dichtem Vollbart, spricht nicht nur über die kommenden Monate, sondern sogar über die kommenden Jahre: Die Wirtschaft kämpfe mit "considerable restraints", bis zu einer vollständigen Erholung gäbe es noch einen "considerable way" zu gehen, und "significant time" würde ins Land ziehen, bis der rezessionsbedingte Verlust von 8½ Millionen Arbeitsplätzen wieder aufgefangen sei. Die Diskussion über erneute Konjunktur stimulierende Maßnahmen seitens der Notenbank ist in vollem Gange. Das Wall Street Journal favorisiert heute die folgende Variante: Frei werdende Mittel aus fällig werdenden Hypothekenanleihen (MBS) sollen zum Kauf von Staatsanleihen verwendet werden. Bis dato werden nur Rückzahlungen aus fälligen Treasuries reinvestiert. In der kommenden Woche findet das nächste FOMC-Treffen statt…
Diese Aussicht stützt die Rentenmärkte: Trotz der gestrigen Aktien-Rallye blieben die Renditeanstiege moderat. Für den mittelfristigen Ausblick an den Rentenmärkten ist der Ausblick für die US-Konjunktur und die Reaktion der Fed der bedeutendste Bestimmungsfaktor. EUR-USD hingegen spiegelt eine Zunahme des generellen Risikoappetits wider. Die Fibo-Hürde von 1,3125 wurde relativ locker genommen, was dem Wechselkurs kurzfristig weiteres Aufwärtspotenzial bescheren könnte. Heute morgen jedoch zeigt sich EUR-USD etwas schwächer. Aber Sie wissen ja, die Geschichte mit der Prognose von Wechselkursen ist schon seit jeher eine extrem haarige Angelegenheit…
Fixed Income Strategist
Director
MRE4FI
UniCredit Research
kornelius.purps@unicreditgroup.de
Corporate & Investment Banking
UniCredit Bank AG
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