„Es ist nicht die stärkste Spezies, die überlebt, auch nicht die intelligenteste, es ist diejenige, die sich am ehesten dem Wandel anpassen kann.“ Dieses Darwin-Zitat sieht Anton Langbroek jeden Morgen, wenn er seinen Rechner hochfährt. Beruflich hat er es zu seinem Credo erhoben und legte es den Teilnehmern des BANKINGCLUB Forums am 25.10.2018 in der Frankfurt School ans Herz. Langbroek, der zwischen 2002 und 2007 zunächst bei der niederländischen Postbank und anschließend bei der ING beschäftigt war, berichtete davon, dass zu dieser Zeit bereits über Echtzeitzahlungen und die Kreditvergabe innerhalb von zwei Minuten nachgedacht wurde. Damals schien, was heute möglich ist, jedoch noch weit weg. Daher sei es für Unternehmen wichtig, aktuelle Entwicklungen gedanklich nicht zu weit in die Zukunft zu verschieben, sondern bereits heute über mögliche Einsatzmöglichkeiten nachzudenken.
Von Produkten zu Plattformen
Aus seiner Erfahrung sowohl in Banken als auch bei IT-Unternehmen resümierte der seit 2017 bei Finastra beschäftigte Langbroek, dass Unternehmen vieler Branchen (so auch Banken) jahrelang Produkte gebaut hätten, die dann irgendwie an die Kunden verkauft werden mussten. Langsam aber sicher sei hier allerdings ein Umdenken im Gange. Dann holte Langbroek mit der ganz großen Buzzword-Keule zum Schlag aus: Kundenzentrierung, 360-Grad-Blick, Big Data, Plattformen. Umgehend räumte er ein, dass diese Begriffe derzeit inflationär gebraucht würden – jedoch häufig ohne die Frage zu stellen, was dies nun konkret für Strategie und operatives Geschäft bedeute.
Pointiert erinnerte er die anwesenden Banker daran: „Der Kunde ist euer einziges Asset.“ Langbroek ist davon überzeugt, dass Payment-Lösungen ein Differenzierungsmerkmal für Banken sein können – dazu bedürfe es jedoch mehr als die Tatsache, dass eine Kreditkarte gelb, die andere blau und die dritte wiederum schwarz sei. Enormes Potenzial für spannende Use Cases liegen seiner Meinung nach vor allem in Pay-per-use-Modellen. Bei einem Blick in die Zukunft des Zahlungsverkehrs dürfen Kryptowährungen nicht fehlen. Doch Langbroek hat eine klare Meinung: „Blockchain ist eine fantastische Technologie – aber für den Massenzahlungsverkehr absolut nicht praktikabel.“
Stephan Urban, Prokurist, Projektmanager und Payment-Experte bei Finastra, blickte für die Zuhörer durch die Brille des Kunden. Für ihn seien die Vorteile von Instant Payments derzeit noch nicht wirklich nachzuvollziehen. Vor allem im stationären Einzelhandel ergebe sich für den Nutzer kein wirklicher Mehrwert gegenüber der Zahlung mit Bargeld, Karte oder Mobile-Payment-App (bzw. irgendwann endlich auch mal mit Apple Pay…). Außerdem sei er nicht bereit, Gebühren dafür zu zahlen, dass das Geld schneller auf dem Konto des Händlers lande. Damit hat Urban vollkommen Recht: Seine Ware erhält der Kunde am physischen POS bei allen Zahlungsarten sofort. Und beim Online-Shopping nutzt er eben PayPal oder erhält seine Ware als registrierter Nutzer bei anderen Zahlungsarten bereits vor Zahlungseingang. Daher seien laut Urban vor allem die Retailer die Treiber für den Einsatz von Instant Payments. Für deren Liquiditätsplanung sei ein sofortiger Zahlungseingang ein enormer Vorteil.
Live-Demo einer Fraud Detection Engine
Echtzeitzahlungen stellen Banken im Bereich der Betrugserkennung vor Herausforderungen. Denn nicht nur die Transkation, sondern auch deren Prüfung muss instant erfolgen. Mark Hudson von Tibco präsentierte dem Publikum hierzu die Funktionsweise einer Fraud Detection Engine anhand des Beispiels von Kreditkartentransaktionen. Innerhalb dieses Tools laufen regelbasierte, überwachte und unüberwachte Modelle parallel, welche jeweils für sich einen anderen Zweck erfüllen. Mit der Integration von Daten aus dem CRM könne ein solches Tool nicht nur für die Betrugsprävention, sondern für viele weitere KYC-, Vertriebs- und Kommunikationszwecke genutzt werden, so Hudson.
In der abschließend Diskussionsrunde und den Gesprächen zwischen den Teilnehmern wurde eines deutlich: Welche Standards sich im stationären POS, im Online-Handel oder Auslandszahlungsverkehr in den nächsten Jahren durchsetzen werden, hängt maßgeblich davon ab, ob die Banken es schaffen, an einem Strang zu ziehen. Anton Langbroek formulierte es folgendermaßen: „Die Banken können gemeinsam den Markt lenken. Oder sie warten ab und der Markt lenkt sie.“