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Ackermanns Blick in die Zukunft der europäischen Banken

Neue Chancen durch Besinnen auf eigene Stärken und Beseitigen von Hindernissen Im Rahmen einer Veranstaltung des Center for Financial Studies der Frankfurter Goethe-Universität am 1. Juni 2011 in Frankfurt am Main ging, in einer ca. dreiviertelstündigen Rede, der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bank Josef Ackermann aus seiner Sicht auf die künftige Entwicklung der europäischen Banken im…


Neue Chancen durch Besinnen auf eigene Stärken und Beseitigen von Hindernissen

Im Rahmen einer Veranstaltung des Center for Financial Studies der Frankfurter Goethe-Universität am 1. Juni 2011 in Frankfurt am Main ging, in einer ca. dreiviertelstündigen Rede, der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bank Josef Ackermann aus seiner Sicht auf die künftige Entwicklung der europäischen Banken im globalen Rahmengeschehen ein. Wie immer wenn der derzeitige Chef von Deutschlands größtem Bankhaus vor die Öffentlichkeit tritt, ist ihm eine zahlreiche Zuhörerschaft und ein fachkundiges Publikum gewiss. So auch diesmal im vollbesetzten Hermann-Josef-Abs-Saal am alten Sitz der Deutschen Bank in Frankfurt.

Ackermann gliederte seine Rede in drei Themen und begann mit der Verschiebung der ökonomischen Gewichte. Danach falle der Anteil Europas am globalen Bruttoinlandsprodukte in diesem Jahr unter 20 %. Drei- bis viermal so hohen Wachstumsraten bei der Finanzaktiva in den Entwicklungsregionen der Welt, stünde eine negative demoskopischen Bevölkerungsentwicklung in Europa entgegen, was die Aussichten in den Heimatmärkten der europäischen Banken trübe. Man müsse also in andere Regionen der Welt expandieren, was einigen europäischen Instituten auch gelinge. Ackermann zählt hier beispielhaft etwa spanische, britische und schweizerische Banken neben der Deutschen Bank auf. Dennoch warnt er vor Wettbewerbern aus den USA und den sogenannten Schwellenländern.

Das zweite Thema sei die Schuldenkrise in den entwickelten Ländern. Die Staatsverschuldung, bezogen auf das jeweilige Bruttoinlandsprodukt, sei in den entwickelten Ländern teilweise mehr als doppelt- und dreifach so hoch wie in den Schwellenländern, mit einer eher steigenden Tendenz. Ackermann sieht einen Zusammenhang zwischen der Verschuldung der Länder und dem Ergebnis der Banken, abzulesen u.a. in einer Korrelation der Credit-Default Swap-Spreads staatlicher Schuldner und den Refinanzierungskosten der dort residierenden Banken. Dies ginge einher mit einer höheren Steuerlast und verzerre die Wettbewerbschancen europäischer Banken zusätzlich. Schließlich beeinträchtige auch die Verschuldung privater Haushalte das Potential für neues Kreditgeschäft.

Im dritten Thema beschäftigt sich Ackermann mit den Auswirkungen der Regulierung auf den Finanzsektor, die er auch als Re-Regulierung beschreibt. Ackermann führt zunächst auf, was bereits alles von den Banken fertig gebracht worden ist, um den sich beschleunigenden Regulierungsregeln gerecht zu werden. Besonders geht er dabei auf die Problematik der Eigenkapitalausstattung ein. Dabei erwähnt Ackermann beispielhaft den Druck des Marktes auf die Banken bereits in 2013 erhöhte Eigenkapitalanforderungen zu realisieren, die offiziell eigentlich erst in 2019 umgesetzt sein müssten. Dabei erwähnt Ackermann allerdings nicht, dass die Kontrolle der Märkte auf ihre Akteure genau der Mechanismus ist, der als sogenannte Säule III von Basel II bereits vor der Finanzkrise etabliert worden war. Im Anschluss an diese eher etwas düster geschilderte Ausgangssituation gibt Ackermann Hinweise, wie aus seiner Sicht die Aufgaben für die Zukunft von Europas Banken angegangen werden sollten. Strategisch empfiehlt Ackermann eine solide Kapitalausstattung in Verbindung mit einem strikten Kapitalmanagement, was einher gehen müsste mit einem ebenso strikten Kostenmanagement. Weiter sei Expansion in wachsende Märkte wichtig, bei gleichzeitiger Konsolidierung in schwachen Märkten. Ackermann warnt vor einseitiger Überregulierung und beklagt in diesem Zusammenhang besonders die Umsetzung der Bankenabgabe, sowie die Gedankenspiele um eine Finanztransaktionssteuer. Hier kommt es ihm besonders auf eine harmonisierte Behandlung der Themen, vor allem im Rahmen der G 20 Staaten, an. Als Beispiel für eine im Ansatz gelungene europäische Initiative sieht Ackermann die Bemühungen um die europaeinheitliche Zahlungszone Single Euro Payments Area, kurz SEPA genannt, an. Doch fürchtet er gerade bei diesem Projekt Deutschland als nationalen Bremser bei der Weiterentwicklung des Systems. Überhaupt warnt Ackermann vor nationalen Egoismen bei der Integration der Europäischen Finanzmärkte. Er zählt auf, welche Fortschritte bereits heute im europäischen Finanzmarkt erzielt worden sind, nicht zuletzt um die Wettbewerbssituation im globalen Maßstab zu festigen. Ein Verlassen aus der Gemeinschaft führe ein einzelnes Land lediglich in die Bedeutungslosigkeit am Randgeschehen der Weltpolitik.

Schließlich blickt Ackermann dennoch hoffnungsvoll in die Zukunft für Europas Banken. Dazu empfiehlt er noch nicht ausgeschöpftes Potenzial zu nutzen, etwa bei der Integration von Märkten, hier besonders den Retailmärkten. Weiter erkennt Ackermann große Möglichkeiten beim ökologischen Umbau, welchen er als eine neue industrielle Revolution bezeichnet, die ja finanziert werden will. Chancen gebe es sogar in der demoskopischen Entwicklung, so Ackermann. Der Bedarf an erhöhter privater kapitalgedeckter Altersvorsorge könne dazu beitragen die europäischen Kapitalmärkte zu vertiefen. Es läge in der eigenen Hand der europäischen Banken sich dem globalen Wettbewerb zu stellen und zu bestehen.

Insgesamt machte Ackermann deutlich, wie anachronistisch jeglicher nationaler Alleingang einzelner europäischer Länder in bestimmenden Fragen bereits heute wirkt. Nicht die Schwächung der europäischen Mechanismen, sondern nur ihre Stärkung schützt alle Mitglieder der EU vor den Herausforderungen in der Zukunft zu bestehen.