Angespannte Risikosituationen, ein intensiver Wettbewerb

Im Rahmen der Umsetzung von Basel II in nationales Recht hat die BaFin zur besseren Einschätzung der Anfälligkeit der Banken bezüglich der neuen Risikomesskriterien detailliert den Status Quo bei den deutschen Instituten erhoben. Nachrichten Von Daniela Bommelitz und Martin Schmid Am 16. Februar 2007 erhielten die Verbände der Kreditinstitute von der BaFin den Entwurf eines…


Im Rahmen der Umsetzung von Basel II in nationales Recht hat die BaFin zur besseren Einschätzung der Anfälligkeit der Banken bezüglich der neuen Risikomesskriterien detailliert den Status Quo bei den deutschen Instituten erhoben.
Nachrichten

Von Daniela Bommelitz und Martin Schmid

Am 16. Februar 2007 erhielten die Verbände der Kreditinstitute von der BaFin den Entwurf eines „Rundschreibens zu Zinsänderungsrisiken im Anlagebuch und der Ermittlung der Auswirkungen einer plötzlichen und unerwarteten Zinsänderung“ zur Stellungnahme. Der folgende Beitrag gibt einen kurzen Abriss des Inhalts und der Entstehungsgeschichte dieses Entwurfs. Er ist eine Vorabveröffentlichung aus dem Gillardon-Newsletter 40/2007, der voraussichtlich Ende August/Anfang September erscheinen wird.

Im Rahmen der Umsetzung von Basel II in nationales Recht hat die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) zur besseren Einschätzung der Anfälligkeit der Banken bezüglich der neuen Risikomesskriterien detailliert den Status Quo bei den deutschen Instituten erhoben. Auf Basis eines 200 BP-Zinsschocks wurde die barwertige Veränderung des haftenden Eigenkapitals als Reaktion auf diesen Zinsschock simuliert – wobei noch keine Festlegung hinsichtlich einer statischen oder dynamischen Betrachtungsweise stattfand. Die Aufsicht sollte sodann „Maßnahmen“ ergreifen, wenn ein Institut bei der Simulation mehr als 20 % des Eigenkapitals verliert. Als Maßnahmen waren Forderungen nach einer Reduzierung des Risikos, einer Stärkung des Eigenkapitals oder einer Kombination aus beidem vorgesehen. Die Umfrage ergab, dass mit den verwendeten Parametern keine ausreichende Trennschärfe erzielt werden konnte. Auch die Höhe des gewählten Zinsschocks stand – genau wie mögliche Maßnahmen der BaFin – in reger Diskussion. Vor kurzem wurden nun die Vorgehensweisen und Grenzszenarien durch die BaFin modifiziert und in einem Rundschreibenentwurf mitgeteilt.

Erweiterung des KWG als Rechtsgrundlage
Im aktuellen Rundschreibenentwurf wird zunächst auf zwei noch zu verabschiedende Neuerungen im KWG verwiesen. § 24 Abs. 1 Nr.14 KWG wird eine Anzeigepflicht der Institute einführen, wenn bei Simulation des Zinsschocks eine Barwertreduktion um mehr als 20% der haftenden Eigenmittel gemäß § 10 Abs. 2 KWG festgestellt wird. Der neue § 25a Abs. 1 Satz 6 KWG wird es der BaFin ermöglichen, die genaue Ausgestaltung der unerwarteten Zinsänderung sowie die Ermittlungsmethodik der Auswirkungen auf den Barwert flexibel festzulegen. Damit wäre in Verbindung mit dem Rundschreiben eine Umsetzung in nationalesRecht vollzogen

Festlegung des Zinsschocks durch die BaFin
Die wesentliche Neuerung ist, dass nun die BaFin jederzeit ihre Vorgaben bezüglich Ermittlung und Höhe des Zinsschocks überdenken und neu festlegen kann. Bei der Herleitung der Werte für den Zinsschock möchte sich die BaFin an den beobachteten Zinsänderungen der letzten Jahre orientieren. Hierbei wird eine fünfjährige Historie der durchschnittlichen Umlaufrenditen börsennotierter Bundeswertpapiere mit einer Restlaufzeit von über drei bis maximal fünf Jahren verwendet, aus der die Veränderungen innerhalb von 240 Handelstagen ermittelt werden. Das 1%- beziehungsweise 99%-Quantil dieser Veränderungen wird für die Höhe des Zinsschocks nach unten beziehungsweise nach oben herangezogen. War bisher eine +/-200 BP-Parallelverschiebung anzusetzen, so sind es zukünftig gemäß des Anschreibens zum Rundschreibenentwurf „nur noch“ 130 BP Parallelverschiebung nach oben und 190 BP nach unten, wobei darauf verwiesen wird, dass die genaue Festlegung der Zinsänderung noch in einem gesonderten Schreiben erfolgen wird. Geplant ist, die ermittelten Werte mindestens jährlich zu überprüfen und gegebenenfalls bei deutlichen Abweichungen die Höhe des Zinsschocks entsprechend anzupassen.

Statische Betrachtungsweise
Festgelegt wird nun auch die Anwendung des Zinsschocks als Adhoc- beziehungsweise Über-Nacht-Veränderung. Anpassungseffekte dürfen ausdrücklich nicht in der Simulation berücksichtigt werden. Institutsinterne Annahmen und Methoden zur internen Steuerung bleiben hiervon aber ausdrücklich unberührt.

Methodische Vorgaben
Im Rundschreibenentwurf wird bei den methodischen Vorgaben auch auf die einzelnen Cash-Flow-Bestandteile eingegangen. Alle fest- und variabelverzinslichen bilanziellen sowie zinssensitiven außerbilanziellen Positionen des Anlagebuches und alle wesentlichen zinstragenden Positionen in Fonds sind mit einzubeziehen. Sofern vorhanden sind variable Produkte über Ablauffiktionen und implizite Optionen gemäß der institutsinternen Steuerung zu berücksichtigen. Eigenkapitalanteile gelten grundsätzlich nicht als zinssensitive Positionen. Diese Vorgaben decken sich mit der herrschenden Meinung.

Definition und Mitteilungspflichten von „Ausreißer-Instituten“
Die Definition für ein so genanntes Ausreißer-Institut ist unverändert geblieben. Ein Institut gilt demnach als Ausreißer-Institut, wenn die Barwertveränderung beim standardisierten Zinsschock mehr als 20% des haftenden Eigenkapitals ausmacht. Hierzu wird ausgeführt, dass die Institute eigenverantwortlich zu überprüfen haben, ob sie unter die Definition des Ausreißer-Instituts fallen. In einem solchen Fall haben sie dies unverzüglich der Deutschen Bundesbank unter Angabe der prozentualen Barwertveränderung der regulatorischen Eigenmittel mitzuteilen. Der Berechnungsturnus kann hierbei eigenverantwortlich festgelegt werden und in Abhängigkeit der individuellen Auslastung variieren. Es muss jedoch sichergestellt sein, dass ein Institut seiner unverzüglichen Mitteilungspflicht nachkommen kann.

Konsequenzen für Ausreißer-Institute
Von großer Bedeutung sind die möglichen Konsequenzen aus der Klassifizierung als Ausreißer-Institut. Im Anschreiben zum Rundschreibenentwurf wurde eine Relativierung der rege diskutierten möglichen Maßnahmen der BaFin explizit angesprochen. Im Konsultationspapier von 2001 wurde die Aufsicht eher mechanisch zu einer Forderung nach Risikodeduktion oder Eigenkapitalzuführung angewiesen. Nun soll die Klassifizierung als Ausreißer-Institut zunächst “nur” zur Identifikation von Instituten dienen, die in der Risikokategorie Zinsänderungsrisiken besonders exponiert sind. Die Ergreifung von Maßnahmen macht die Aufsicht von weiteren Faktoren, wie der Qualität des Risikomanagements und der Risikotragfähigkeit, abhängig. Pauschale Schlussfolgerungen, wie zum Beispiel dass Ausreißer-Institute zu hohe Zinsänderungsrisiken aufweisen, können hieraus nicht automatisch gezogen werden.

Umsetzungszeitpunkt
Institute, die die Regelungen nach Basel II und den MaRisk zum spätest möglichen Termin 01. Januar 2008 umsetzen, müssen zum selben Zeitpunkt auch die Mitteilungspflicht zum Zinsänderungsrisiko im Anlagebuch beachten. Die rechtzeitige Bekanntgabe der Methoden und der ersten Grenzszenarien durch die BaFin ermöglicht es den Instituten noch entsprechend zu reagieren.

Abschätzung zukünftiger Grenzszenarien
Insgesamt ist zu begrüßen, dass mit dem Rundschreibenentwurf eine Klarstellung bezüglich des Verfahrens und der Werte herbeigeführt wird. Allerdings weißt das Verfahren mit der Orientierung an nur einer einzigen Stützstelle und der daraus abgeleiteten Parallelverschiebung über die gesamte Zinsstrukturkurve noch Schwächen auf, da derartige „Grenzszenarien“ in der Realität kaum zu beobachten sind. Mit dieser Vorgehensweise orientiert sich die BaFin jedoch an den unterschiedlichen methodischen Möglichkeiten der Institute, die in der Praxis – nicht zuletzt aufgrund verschiedener Umsetzungsstände – zu beobachten sind. Dies zeigt sich auch darin, dass ein Alternativverfahren für Institute, die bisher keine barwertige Veränderung ermitteln können, durch die Aufsicht formuliert wurde. Letztlich ermöglicht das offengelegte Ermittlungsverfahren den Instituten die Abschätzung zukünftiger Grenzszenarien, die im Rahmen der jährlichen Überprüfung durch die Aufsicht festgelegt werden können.

Quelle: http://www.risiko-manager.com