Compliance ist Vorstandssache

Die gute Nachricht vorweg: Der Compliance Officer in der modernen Bank sitzt fest im Sattel. Während die Reputation des normalen Bankmitarbeiters im Gefolge der internationalen Finanzkrise schwer gelitten hat und im GfK-Vertrauensindex derzeit zwischen Postbeamten und Gewerkschaftlern rangiert, ist die Bedeutung der Compliance-Mitarbeiter in der bankinternen und öffentlichen Wahrnehmung erkennbar gestiegen. Nach aktuellen Untersuchungen unterwerfen…


Die gute Nachricht vorweg: Der Compliance Officer in der modernen Bank sitzt fest im Sattel. Während die Reputation des normalen Bankmitarbeiters im Gefolge der internationalen Finanzkrise schwer gelitten hat und im GfK-Vertrauensindex derzeit zwischen Postbeamten und Gewerkschaftlern rangiert, ist die Bedeutung der Compliance-Mitarbeiter in der bankinternen und öffentlichen Wahrnehmung erkennbar gestiegen. Nach aktuellen Untersuchungen unterwerfen sich zwei Drittel der Kreditinstitute sogar freiwilligen Verhaltensrichtlinien, die zum Teil über die Compliance-Vorschriften des Gesetzgebers hinausgehen. Nicht zuletzt dadurch soll verloren gegangenes Vertrauen zurückgewonnen, die Reputation wieder ausgebaut, die Einhaltung gesetzlicher Anforderungen sichergestellt werden.

Die "Mindestanforderungen an Compliance und die weiteren Verhaltens-, Organisations- und Transparenzpflichten nach §§ 31 ff. WpHG", kurz: MaComp, in der die BaFin ihre sämtlichen bisherigen Auslegungen und Rundschreiben in diesem Segment zusammenfasst, hat die Compliancefunktion zuletzt zusätzlich gestärkt. Anlass für das Vorhaben der Finanzaufsicht war die Feststellung der BaFin, dass die Compliance-Funktion in den Instituten häufig nicht ihrer Bedeutung entsprechend ausgestaltet ist.

Gemäß einer aktuellen Untersuchung von Steria Mummert bereitet vor allem die Einführung der hauseigenen Verhaltensregeln drei von vier Instituten Schwierigkeiten. Größte Hindernisse sind Konflikte mit den operativen ertragbringenden Geschäftsaufgaben, fehlender Rückhalt im Top-Management sowie mangelndes Umsetzungs-Know-how. Nur im Ausnahmefall hat z.B. der Vorstand Vorgaben für einen Austausch von Informationen zwischen Risikomanagement, Compliance, Interne Revision und Controlling ausgearbeitet.

Die Compliance-Funktion auf Vorstandsebene zu stärken, ist deshalb nicht nur in Kreditinstituten eine vordringliche Aufgabe. Die Deutsche Telekom hat sich mittlerweile dieser Aufgabe angenommen – zugegebenermaßen erst im Gefolge eines größeren Datenschutz- und Compliance-Problems, das dem Konzern einen erheblichen Reputaionsschaden zugetragen hat.

Mittlerweile sind auch die Personalia geklärt. Nachdem Dr. Manfred Balz in den Vorstand des Konzerns berufen wurde, war die Position im Vorstandsbereich Datenschutz, Recht und Compliance zunächst kommissarisch besetzt. Seit wenigen Tagen ist nun bekannt: Dr. Claudia Junker (Foto) wird neue Chefjustiziarin. Sie soll die Position zum 1. November 2010 antreten und als Chief Compliance Officer an Balz berichten. Sie hat den Konzern seit 2000 bereits mehrmals anwaltlich beraten. Von 1999 bis 2008 war sie bei der Anwaltskanzlei Hengeler Mueller in Frankfurt am Main tätig. Seit 2008 ist sie Partnerin der internationalen Kanzlei Ashurst LLP. Junker ist auf Gesellschafts- und Wirtschaftsrecht sowie Unternehmenskäufe spezialisiert. Sie hat Jura in Deutschland, der Schweiz und den USA studiert.

Oberster Compliance-Mann im Konzern bleibt aber vorerst Manfred Balz (66). Er ist seit dem 22. Oktober 2008 Vorstand für Datenschutz, Recht und Compliance bei der Telekom. Das Ressort wurde auf Vorschlag des Vorstands neu geschaffen, um besonders die Themen Datenschutz und Datensicherheit auf oberster Managementebene zu verankern. Der promovierte Jurist war bis zu seiner Bestellung in den Vorstand seit 1997 Chefjustiziar des Konzerns.

Nach seinem Jurastudium in Tübingen, München, St. Petersburg und an der Harvard University in Boston war Balz von 1969 bis 1970 am Max-Planck-Institut für Privatrecht in Hamburg tätig. Nach Forschungsaufenthalten in Leningrad und Moskau sowie an der Harvard Law School begann Balz seine berufliche Laufbahn 1974 beim Bundesjustizministerium. Als weitere Stationen in seinem beruflichen Werdegang folgten von 1990 bis 1993 die Position des Chefsyndikus der Treuhandanstalt Berlin sowie von 1993 bis 1997 eine Partnerschaft bei der internationalen Anwaltssozietät Wilmer, Cutler & Pickering.