Die Blockade im Mobile Payment

Mobile Payment ist derzeit alles andere als ein Überflieger. Fragt man nach den Gründen, erhält man, je nachdem wen man fragt, zwei verschiedene Antworten. Die eine Fraktion sieht die Gründe eher in fehlenden „Use Cases“ und mangelnder „User Experience“, die andere macht fehlende Technologien oder deren Standardisierung verantwortlich. Mit diesen Erklärungsversuchen wird aber nur ein…


Mobile Payment ist derzeit alles andere als ein Überflieger. Fragt man nach den Gründen, erhält man, je nachdem wen man fragt, zwei verschiedene Antworten.

Die eine Fraktion sieht die Gründe eher in fehlenden „Use Cases“ und mangelnder „User Experience“, die andere macht fehlende Technologien oder deren Standardisierung verantwortlich.
Mit diesen Erklärungsversuchen wird aber nur ein Teil des Problems abgedeckt. Mindestens genauso schwerwiegend wie die obigen äußeren Einflüsse sind die Selbstblockaden der handelnden Parteien.

Die handelnden Parteien misstrauen einander, sogar innerhalb eines Segments

Telekommunikationsunternehmen, Finanzdienstleister, Handel und Technologieträger, sie alle misstrauen der jeweils anderen Seite und befürchten durch zu viel Offenheit in eine strategisch ungünstige Position zu geraten. Das gilt nicht nur vertikal zwischen den einzelnen Branchen, sondern auch horizontal im eigenen Segment. Dort herrscht jeweils ein erbitterter Wettbewerb, der ein konzertiertes Vorgehen bereits im Keim erstickt.
Zum Beispiel konnten die Mobilfunkunternehmen sich nicht auf eine gemeinsame Trusted Security Management (TSM) Plattform für das Mobile Payment einigen. Der Lebensmitteleinzelhandel setzt bewusst auf verschiedene Mobile Payment Lösungen mit unterschiedlichen Technologien.

Die Banken diffundierenin verschiedene Richtungen

Die Banken in Deutschland schließlich diffundieren beim Thema kontaktloses Bezahlen in die verschiedensten Richtungen. Die Sparkassen halten Kurs auf Girogo, bei einigen privaten Banken gibt man sich mit den angebotenen Lösungen der Karten Schemes VISA und MasterCard zufrieden und die Volksbanken schließlich bringen die kontaktlose Girocard ins Spiel. Wenn die gescheiterten Mobile Payment Projekte, allen voran Google Wallet, uns eines lehren, dann die Tatsache, dass ein Stakeholder allein nicht in der Lage ist, dies zu stemmen. Im Vergleich zu einer Bank oder einem Mobilfunkunternehmen verfügt Google über unendliche Ressourcen im Finanz- und Technologiebereich. Die bisher kolportierten 300 Millionen $ (eher die Untergrenze), wird kein anderes Unternehmen hierfür in die Hand nehmen.

Was ist nun aus Bankensicht zu tun?

Egal auf welche Bezahltechnik gesetzt wird (Girogo, PayPass, Paywave oder Girocard Kontaktlos), eine Kartenzahlung nur in eine kontaktlose Dimension zu überführen, ist ziemlich sinnfrei.
Hier kommen wieder die Rufer nach besserer User Experience. Sie haben Recht. Warum sollen nur Mobile Payment Kunden in den Genuss einer gut nachvollziehbaren Transaktionshistorie kommen? Nahezu jede Bank hat eine Mobile Banking App. Warum kann ich dort nicht alle meine Kartenzahlungen in Echtzeit sehen? Dazu gehören das Kaufdatum, die Höhe des Betrags und der Name des Händlers. Startups sind in der Lage, diese Daten beim Kartenprozessor abzurufen und stellen sie im Wallet zur Verfügung. Ein anderes Ärgernis sind Prepaid-Kredit- karten. Mir ist keine Bank bekannt, die Sofortaufladungen unterstützt! Während diese Funktion für die neuen Player im Payment Markt nahezu überlebensnotwendig ist, lassen deutsche Banken ihre Kunden mindestens eine Nacht lang warten bis diese über ihr Geld verfügen können.

Banken müssen lernen zu kooperieren

Hier sind Kooperationen notwendig. Startups und Technologieunternehmen tun sich mit Banken zusammen und entwickeln die Lösungen gemeinsam. Wo man schon mal dabei ist, kann man auch gleich den Handel mit einbeziehen und den kompletten Kassenbon hinzufügen.
Der Kunde freut sich über so viel Service und der Handel gewinnt ein einfaches Loyalty Programm ganz ohne großen Aufriss. All das findet auf dem Smartphone statt.

Damit wären die Banken beim Thema Wallet mit den Mobilfunkunternehmen wieder auf Augenhöhe. Spricht man jetzt wieder über eine Zusammenarbeit, sitzen nicht Hausbesitzer und Mieter an einem Tisch, sondern zwei Besitzer einer Eigentumswohnung, die einen gemeinsamen Garten planen!

Rudolf Linsenbarth ist Senior Consultant bei der COCUS Consulting GmbH. Er beschäftigt sich seit 15 Jahren mit digitaler Identität und Kryptografie. Neuere Themen der letzten Jahre sind NFC, der neue  Personalausweis und Mobile Payment sowie Bitcoins.

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