Die Zukunft Europas

„Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende.“ Dieser Spruch muss immer dann herhalten, wenn ein Kompetenzträger sich zu einer weit reichenden Entscheidung durchringt. Erst an den Reaktionen lässt sich dann ablesen, ob die Entscheidung als „gut“ akzeptiert oder als „schlecht“ verurteilt wird. Wir beobachten das gerade in der Fußball Bundesliga: Das Instrument…


„Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende.“ Dieser Spruch muss immer dann herhalten, wenn ein Kompetenzträger sich zu einer weit reichenden Entscheidung durchringt. Erst an den Reaktionen lässt sich dann ablesen, ob die Entscheidung als „gut“ akzeptiert oder als „schlecht“ verurteilt wird. Wir beobachten das gerade in der Fußball Bundesliga: Das Instrument des „Forward Coach Exit“, also der versprochen Rauswurf des Trainers oder Vorstandsvorsitzenden zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Zukunft, hat sich als Personalführungsderivat etabliert. Allerdings fallen die Reaktionen gemischt aus: Einige wünschen die Entscheidungsträger zum Teufel (in Hamburg ist gar von Morddrohungen die Rede!); andere sprechen von einem „längst fälligen Schritt, um einen geordneten Neuanfang“ ermöglichen zu können.

In diese Richtung wird nun auch im Bondmarkt argumentiert: Der weltgrößte Fondsmanager Pimco hat aus seinem weltgrößten Rentenfonds alle Bonds des weltgrößten Schuldners rausgeschmissen. Im 237 Mrd. Dollar schweren Total Return Fund befinden sich keine Anleihen mehr, für die der amerikanische Steuerzahler direkt oder indirekt geradestehen muss, heißt es in von dem Unternehmen veröffentlichten Unterlagen. Normalerweise würde man jetzt sagen: Oh je, wenn der Magier des Zinskupons alle Treasuries abstößt, dann geht der Markt in den Keller. Schauen wir auf den Markt: Nix Keller, Dachgeschoss! Der amerikanische Rentenmarkt präsentiert sich fest wie seit Wochen nicht mehr. Und hier greift die Alternativinterpretation: „Was, Null Prozent Treasury-Quote? Das ist ja fantastisch. Dann hat Pimco jetzt nichts mehr zu verkaufen! Wir sind bullish!“ (An dieser Stelle müssen Sie sich so ein Echo vorstellen: „bullish…ullish…lish… sh…“)

Eine ähnliche Argumentation hört man auch immer wieder, wenn es um die Zukunft der Eurozone geht: „Schmeißt die Griechen raus, dann sind wir das Problem endlich los!“ („los…os…s…“). Wenn das so einfach wäre. Die Rückwirkungseffekte auf die Eurozone wären unkontrollierbar. Statt eines Nicht-Endes mit großem Schrecken wird daher die Variante „Dauerschrecken ohne Ende“ gewählt: Es wird gerettet, verkreditet, gestützt und reformiert, in der Hoffnung, dem kombinierten Schulden- und Wettbewerbsfähigkeitsproblem irgendwann einmal Herr zu werden. Heute treffen sich also die EU Staats- und Regierungschefs, um über ein Gesamtpaket zu verhandeln. In einem Interview mit dem Börsen Informations- und Lese-Dienst, BILD, machte Merkel ihre Verhandlungsposition klar: Die Konditionen für die Stützungskredite an Griechenland und Irland können verhandelt werden; die effektive Ausleihkapazität der EFSF soll auf 440 Mrd. Euro, diejenige des ESM auf 500 Mrd. Euro festgezurrt werden; aber die EFSF darf keine Bonds erwerben, es wird keine E-Bonds geben und keine Transferunion. Erstes Zwischenergebnis von den noch nicht begonnenen Verhandlungsgesprächen: Der von Merkel & Sarkozy vor sechs Wochen vorgeschlagene „Pakt für Wettbewerbsfähigkeit“ wird umbenannt und heißt fortan: „Pakt für den Euro“ (iro…ro…o…).

Bevor am Nachmittag die Zukunft Europas verhandelt wird, stehen jedoch zwei andere wichtige Themen auf der Tagesordnung: Erstens: Gegen Mittag will sich die EU auf eine einheitliche Politiklinie in der Libyen-Frage einigen. Und zweitens: In Japan hat es heute früh um kurz vor 7 Uhr unserer Zeit ein gewaltiges Erdbeben der Stärke 8,8 gegeben. Es wird von Flutwellen, einstürzenden Gebäuden und Stromausfällen berichtet. Japan, Libyen, Europa – ich halte es für ratsam, nach Möglichkeit nicht mit offene Risikopositionen in das Wochenende zu gehen.