BANKINGNEWS: Frau Zimmer, nur 60 Prozent? Das klingt gewagt. Was hat es damit auf sich?
Zimmer: Das angespannte Marktumfeld und der hohe Takt, mit dem der Gesetzgeber die Rahmenbedingungen der Branche verändert, machen es nahezu unmöglich, Ideen immer bis ins letzte Detail zu durchdenken. Ich habe gelernt, dass es sich manchmal lohnt, einfach anzufangen statt nach der perfekten Lösung zu suchen.
Also lieber den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach?
Eher, den Vogel überhaupt erblicken. Wir wollen in der Bankorganisation Kompetenzen im Projekt- und Multiprojektmanagement aufbauen, um die Fachbereiche aktiv zu unterstützen und den Gesamtüberblick über Projekte und mögliche Engpässe bei der Durchführung zu behalten. Dabei zählt vor allem methodisches Know-how. Die Werkzeuge zu optimieren, die wir dafür einsetzen, das machen wir hinterher.
Nun, für alles benötigt man Werkzeuge bzw. Tools in einer bestimmten Form. Können Sie das noch etwas präzisieren?
Das ist wie Autofahren. Erst lernen Sie die Verkehrsregeln und vermutlich fahren Sie zunächst ein Auto, bei dem eine Delle im Lack nicht so wehtut. Im übertragenen Sinne haben wir genau das gemacht: Eine komplette Projektinventur mit Priorisierung – und festgelegt, was überhaupt ein Projekt ist. Dafür brauchen Sie noch keine unbedingt erstklassigen Hilfsmittel. Wer solche Details von vornherein mit planen möchte, läuft Gefahr, sich von der Realität überholen zu lassen.
Decken Sie künftig das komplette Projektportfolio der BFS ab?
Nein. Die Organisationsabteilung übernimmt die Projektmanagementaufgaben zusätzlich zum Alltagsgeschäft, wie der Pflege des Organisationshandbuchs. Wir erweitern daher unsere personellen Kapazitäten, um künftig zwischen 70 und 80 Prozent des Projektvolumens im Haus zu bewegen.
Warum keine 100 Prozent?
Die tatsächlichen Aufwände unterliegen über das Jahr verteilt hohen Schwankungen. Daher federn auch weiterhin Kollegen aus den Fachbereichen als Projektleiter Spitzen ab. Das geschieht im Einklang mit den abteilungsinternen Planungen zwischen Linien- und Projektaufgaben.
Wie sieht eine typische Verteilung in den Fachbereichen aus?
Ganz grob gesagt: 70 Prozent Linienaufgaben, 30 Prozent Projektarbeit. Wir haben es aber nicht mit einer Gleichverteilung über alle Abteilungen zu tun. Zudem beeinflussen externe Vorgaben die Planung. Wer sich auf die Umsetzung der Zahlungsdiensterichtlinie PSD 2 vorbereitet, kann nicht ohne weiteres zeitgleich das nächste Zahlungsverkehrsthema bearbeiten. Dies über das Gesamthaus zu erkennen, macht eine zentrale Planungsstelle erforderlich, die den Überblick behält.
Unterstützt Sie eine Software im Projektmanagement?
Das gehört zu den Aspekten, denen wir uns erst später widmen. Im Vordergrund stehen für uns der Methodenbaukasten und das Know-how zur Projektführung. Denn nur durch die Einführung eines IT-Tools entstehen weder Mehrwert noch Innovationen im Unternehmen. Die Veränderung beginnt im Kopf.
Das klingt jetzt etwas nach Werbeslogan.
So ist es nicht gemeint. Es geht darum, Fachkollegen im Projekt zu steuern, damit diese ihre abteilungsspezifischen Kernkompetenzen voll zur Geltung bringen können. Mit einer starken Organisation, die Projekte leitet und koordiniert, halten wir den Kollegen also künftig den Rücken frei. Diese Veränderung in der wechselseitigen Wahrnehmung kriegen Sie nicht hin, wenn alle vom Kopf her aussteigen.
Welche konkreten Herausforderungen gibt es, denen Sie sich stellen müssen?
Organisatorische Veränderungen bedeuten fast immer, sich von liebgewonnenen Gewohnheiten zu verabschieden und sogar Kompetenzen einiger Kollegen zu beschneiden. Wir merken auch, dass beispielsweise durch die zu erstellenden Projektsteckbriefe an einzelnen Arbeitsplätzen die Aufwände steigen. Wir müssen deshalb klarmachen, dass dies trotzdem zu Entlastungen führt und für das Unternehmen einen höheren Gesamtnutzen erzeugt.
Sie sind mit 60 Prozent gestartet. Was ist das Ziel?
Steigende Projektqualität und eine Bankorganisation, die als kompetenter Partner für die Fachbereiche etabliert ist.