Fehlende Fotos, schwindende Buchstaben und ein Abschied auf Zeit

Von Kornelius Purps, Fixes Income Strategist bei der UniCredit Research Hatten Sie am Samstag die Gelegenheit, bei der Wahl des Deutschen Bundespräsidenten reinzuzappen? Ausscheidungswettbewerbe dieser Art sind ja der Deutschen bevorzugte Unterhaltung. Und das Fernsehen genießt normalerweise seine Rolle, die Nerven der Zuschauer auf das Ärgste zu strapazieren. Im krassen Gegensatz dazu die Verkündung des…


Von Kornelius Purps, Fixes Income Strategist bei der UniCredit Research Hatten Sie am Samstag die Gelegenheit, bei der Wahl des Deutschen Bundespräsidenten reinzuzappen? Ausscheidungswettbewerbe dieser Art sind ja der Deutschen bevorzugte Unterhaltung. Und das Fernsehen genießt normalerweise seine Rolle, die Nerven der Zuschauer auf das Ärgste zu strapazieren. Im krassen Gegensatz dazu die Verkündung des Wahlergebnisses am Samstag: Nach zweieinhalbstündigem Vorgeplänkel ein nüchternes „Auf Horst Köhler entfielen 613 Stimmen.“ Norbert Lammert hätte die Verkündung des Votums auch spannender inszenieren können: Die drei Kandidaten und der eine Mitbewerber marschieren Hand in Hand durch den Bundestag und stellen sich in Grundhaltung vor Norbert auf. Dann fängt dieser an: „Horst! … … Horst, du hast uns in den vergangenen Jahren stets bewiesen, dass Du diese Position unbedingt haben willst.
Gesine! … … Gesine, du hast von allen Kandidaten in den letzten Wochen die größten Fortschritte erzielt.
Aber nur einer von euch kann Germany‘s Next Top Präsident werden.
Gesine! … … Gesine, ich habe heute leider kein Foto für dich.“


Anzeige:















0

Ebenso kein Foto gab es am Montag von den Märkten in Großbritannien und den USA. Die einen feiern ihren Spring Bank Holiday, die anderen ihren Memorial Day. Damit bleibt es den Asiaten und den Kontinentaleuropäern überlassen, auf die Nukleardrohung Nordkoreas eine angemessene Marktreaktion zu finden. An den asiatischen Aktienmärkten sorgten die Meldungen über den neuerlichen Atombombentest bislang nur für einen zwischenzeitlichen Aufschrei. Der südkoreanische Kospi-Index fiel kurzzeitig um mehr als 5%, konnte sich dann jedoch schnell wieder berappelt. In Japan wurden die Händler während der Mittagspause erwischt. Der Nikkei eröffnete nachmittags leicht schwächer, konnte bis zum Handelsschluss jedoch deutlich zulegen. Dies macht Hoffnung, dass auch die europäischen Aktienindizes auf die geo-politische Zuspitzung besonnen reagieren werden. Denn eigentlich sind wir doch weiterhin dabei, eine heile Welt einzupreisen. An den Märkten herrscht mehrheitlich Optimismus, der Tiefpunkt der Rezession liege hinter uns; und auch wenn viele Fragen ungelöst bleiben, so wird doch zumindest eine Rückkehr zu Nullwachstum gespielt. Da wir von minus fünf bis fünfzehn Prozent kommen, wäre dies bereits eine dramatische Verbesserung. Neue Erkenntnisse sollte hierfür heute der Ifo Index liefern. Die von Bloomberg befragten Analysten erwarten in der Erwartungskomponente den fünften Anstieg in Folge. Und auch die aktuelle Lage sollte im Monat Mai das zweite Mal hintereinander verbessert eingeschätzt werden. Die Marktteilnehmer wären vermutlich begeistert, sollte der Ifo Index in beiden Unterkategorien die Marke von 85,0 Punkten deutlich überschreiten. Dennoch dürften es die Aktienmärkte ohne Unterstützung aus dem Land mit der etwas anderen Präsidentschaftswahl wohl schwer haben, einen erneuten Anlauf in Richtung ihrer Jahreshochs zu nehmen. Bei den Renditen sieht es da schon ganz anders aus: Die Bundkurve bewegte sich am Freitag um 7 Basispunkte nach oben. Hinzu kamen im 10jährigen Segment volle 10 Bp Steilheitsaufschlag, mit welcher die neue Bund Juli-2019 nun als „generic 10-year“ geführt wird. Damit ist die Marke von 3,50% nach oben durchstoßen. Und auch im Bund Future könnten die wichtigen Unterstützungslinien um 120 bereits gerissen sein. Jedenfalls beendete der Bund den Handel am Freitag bei Kursen um 119,85. Heute Früh steht die Erstnotiz bei 119,89. Die Diskussion darüber, dass die G-3 (USA, U.K., D) möglicherweise ihr Triple-A Rating verlieren, belastet die Zinsmärkte zusätzlich zu den bekannten Faktoren (Wachstumshoffnung, Inflationsängste, Safe Haven Abflüsse, Angebotsüberhang). An den Währungsmärkten kann sich EUR-USD, gestützt von einer breit angelegten Dollar-Schwäche, locker über der Marke von 1,40 halten. Hinsichtlich der Zins- und Währungsmärkte sei jedoch der Hinweis gestattet: Rating-Diskussionen verschwinden in der Regel ebenso schnell, wie sie aufgetaucht sind. Für den Moment heißt es jedoch: „Dollar! … Dollar, wir müssen uns leider von Dir verabschieden.“

Bildquelle: © by picpics – www.stockxpert.com