Gebührenexzesse können nicht die Lösung sein

Eine Einführung oder Erhöhung von Gebühren ohne Verbesserung der Produkte und Services stößt beim Kunden auf Unverständnis. Die Umsetzung der PSD2 bietet den Banken die Möglichkeit, genau diese Mehrwerte zu schaffen und für sich selbst neue Marktbereiche zu erschließen.


Die Umsetzung der PSD2 und das sogenannte API-Banking ermöglichen allen Marktteilnehmern und nicht zuletzt auch den Banken, an der Wertschöpfung teilzuhaben. Bildnachweis: iStock.com/sorbetto

Trotz einer sich verbessernden Wirtschaftslage sehen sich Banken nach wie vor mit steigenden Kosten in einem schwierigen Ertragsumfeld konfrontiert. Ein Viertel aller Banken plant daher Gebührenerhöhungen für Bankdienstleistungen. Der Griff zur Kostenschraube aufseiten des Kunden scheint eine vermeintlich schnelle und einfache Lösung zu sein. Aus Kundensicht ist das besonders ärgerlich, da dem meist keine Verbesserung des Angebotes gegenübersteht. Ein Vergleich der Kundenerwartungen zeigt klar, dass Bankkunden standardisierte Produkte und online erhältliche Dienstleistungen zumeist gratis konsumieren möchten. Das heißt, Banken die online wachsen wollen, müssen neben einer hervorragenden User-Experience vor allem effiziente Finanzprodukte anbieten können.

Das Online-Wachstum im Finanzgeschäft wird vor allem durch das Wachstum im E-Commerce getrieben: Die Beratungsgesellschaft Arthur D. Little geht von einer Wachstumsrate von 13 Prozent jährlich bis 2019 aus. Die Umsätze im E-Commerce stiegen von 27 Milliarden Euro in 2015 auf etwa 35 Milliarden Euro im Jahr 2017. Wenn Banken von diesem Wachstum profitieren wollen, müssen sie ähnlich agieren wie die E-Commerce-Shops: Sie müssen an ihrer eigenen Kostenschraube drehen, nicht an der des Kunden. Eine Lösung des Dilemmas könnte im API-Banking liegen. Dies senkt Kosten und bietet auch dem Kunden einen wirklichen Mehrwert. Das Kürzel API steht dabei für „Application Programming Interface“ – zu Deutsch Anwendungsprogrammierschnittstelle. API-Banking ist also vereinfacht gesprochen Schnittstellenbanking und steht für eine direkte Vernetzung von Banken und E-Commerce. Im Kreditgeschäft können diese Schnittstellen insbesondere bei der Akquisition der Kunden und den Abwicklungsprozessen enorme Geschwindigkeits- und Kostenvorteile bringen.

Universalbanking ist teuer und schwerfällig

Im traditionellen Bankgeschäft finden große Teile der klassischen Wertschöpfungskette unter einem Dach statt. Universalbanken haben oft noch den Anspruch, alles für alle anbieten zu können. Doch die Erfahrung zeigt, dass für den Kunden dabei wenig zufriedenstellende Lösungen zu hohen Kosten herausspringen. Folgende zusätzliche Probleme sind damit verbunden:

1. Die Regulatorik beansprucht immer mehr interne Ressourcen. Der Staat versucht die Banken vor einer möglichen Insolvenz zu schützen. Dafür steigen die Eigenkapitalanforderungen. All das beansprucht zudem Manpower und erfordert zusätzliche Abstimmungsprozesse. Das heißt, Personal, welches eigentlich für Wachstumsmärkte gebraucht würde, wird hier gebunden.
2. Kundenwünsche werden immer differenzierter und heterogener. Der Gang zum Bankschalter und das Ausfüllen eines Antragsformulars waren gestern. Heute fragt der Kunde direkt am Point of Sale (PoS) nach Finanzierungslösungen. Der Zugang zum PoS wird jedoch vernetzter und dezentraler, sodass dieser für eine komplexe Bankenstruktur immer schwerer erreichbar wird.
3. Die Kreditbearbeitung und die damit verbundenen Bonitätsprüfungen bestehen häufig noch aus Papierarbeit und mehreren, oft schlecht aufeinander abgestimmten Genehmigungsprozessen. Das führt zu langen Wartezeiten und manchmal auch zu Fehlentscheidungen.

Eine Lösung für dieses Problem kann in der Dezentralisierung der Wertschöpfungskette entlang des Kreditprozesses liegen. Was in der Autobranche schon seit langem Standard ist, nämlich dass jeder das produziert, was er am besten kann, wird auch Einzug in die Bankenwelt finden. Denn wer im Kampf um den Kunden bestehen will, muss sich langsam Gedanken um sein künftiges Ertragsgeschäft machen.

Auch die Europäische Union sieht Bedarf bei der Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit. Die neue PSD2-Richtlinie, die Anfang 2018 auch im deutschen Recht umgesetzt wird, soll das Monopol der Banken beim Zugriff auf Kontodaten brechen und damit in Zukunft auch API-Banking leichter machen. Fintech-Unternehmen haben bereits für jedes Element des Kreditvergabeprozesses digitale Lösungen erarbeitet, die sich als White-Label-Lösung in den Bankprozess integrieren lassen. Anders als traditionelle Banken, die Innovationen aus bestehenden Prozessen heraus leisten müssen, können Fintechs Produktlösungen ganzheitlich durchdenken. Gerade der Kreditvergabeprozess bietet ein erhebliches Optimierungspotenzial. Durch Online-Zugriff auf Kundendaten können Bonitätsprüfungen in Echtzeit durchgeführt werden. Durch Querabgleiche verschiedener Daten aus unterschiedlichen Quellen wird die Betrugsanfälligkeit verringert. So optimiert die Digitalisierung das Risikomanagement auch ohne Big Data. Die Verifizierbarkeit von Daten ist durch eine Volldigitalisierung von vornherein gegeben. Dadurch ist auch die Treffsicherheit der Bonitätsprüfungen höher und es können sowohl ungerechtfertigte Ablehnungen vermieden als auch die Rückzahlungsquote erhöht werden. Im Idealfall erhält der Kunde die Kreditzusage direkt am Point of Sale. Die Kreditvergabe lässt sich am Ende so unkompliziert wie ein Ratenkauf darstellen. Händler, Kunde und Bank sind zufrieden.

Banking am Point of Sale

API-Banking führt nicht nur zu Kosteneinsparungen, es ermöglicht auch vollkommen neue Produkte und schafft Potenzial zur Neukundengewinnung. Damit wird es Banken erstmals möglich sein, an der Zunahme des wachsenden Onlinegeschäfts zu partizipieren. Die Anwendungsgebiete reichen hier von der Gebrauchtwagenfinanzierung über den Kauf von Küchen bis hin zur Buchung von Reisen, der Organisation und Finanzierung von Hochzeiten oder der Ausbildungsfinanzierung. All diese neuen Geschäftsfelder fanden bislang weitestgehend ohne direkte Beteiligung der Banken statt. In Zukunft werden bei den Online-Produktlösungen auch gleich passende Finanzierungslösungen hinterlegt sein, sodass der Kunde am heimischen PC nicht nur seine Hochzeitsplanung durchführen kann, sondern auch gleich sieht, ob und wie sich seine Hochzeitsträume realisieren lassen. Der Weg zum Produktabschluss wird somit vereinfacht und die Bank gewinnt auf diese Weise unter Umständen einen Neukunden.

Wenn wir von API-Banking reden, verstehen wir darunter mehr als nur die Digitalisierung einzelner Prozesse. Die reibungsfreie Verzahnung von Informationen bedeutet die Automatisierung der gesamten Wertschöpfungskette, vom Frontend bis zum Back-
end. Nur so kann das wirkliche Einsparpotenzial der Digitalisierung ausgeschöpft werden. Anstatt mit Gebührenerhöhungen bei qualitativ gleichbleibenden Produkten die Kunden zu verärgern, sollten sich Banken mit Fintech-Unternehmen zusammentun, um einzelne Wertschöpfungsstufen auszulagern und Kosten zu sparen. So können Produkte qualitativ verbessert und neue Kunden gewonnen werden.