Kurstreiber leben auch nur einmal

Was nützt alles Spekulieren über das mögliche Ergebnis der heutigen Beratungen? Eines ist ohnehin offensichtlich: Jegliche Einigung wird die Marktstimmung ohnehin nicht nachhaltig verbessern. „Man lebt nur einmal!“ Abgekürzt: „Malene!“ Klingt das etwa cool? „Hey, Alter, mach Dir keinen Kopf. Malene!“ Ein 17jähriger, der seinem Gegenüber so kommt, würde wohl bestenfalls ein mitleidiges Kopfschütteln ernten.…


Was nützt alles Spekulieren über das mögliche Ergebnis der heutigen Beratungen? Eines ist ohnehin offensichtlich: Jegliche Einigung wird die Marktstimmung ohnehin nicht nachhaltig verbessern.

„Man lebt nur einmal!“ Abgekürzt: „Malene!“ Klingt das etwa cool? „Hey, Alter, mach Dir keinen Kopf. Malene!“ Ein 17jähriger, der seinem Gegenüber so kommt, würde wohl bestenfalls ein mitleidiges Kopfschütteln ernten. Aber so geht‘s: „Hey, Alter, mach Dir keinen Kopf. Yolo!“ – „Yeah Man, Yolo Man!“ Yolo steht für „You only live once“ und wurde soeben zum Jugendwort des Jahres gekürt. Ich habe „Yolo“ noch nie gehört. Und auch die Finanzminister der Eurozone werden sich wohl konservativere Begrüßungsfloskeln zuwerfen, wenn sie heute zum dritten Mal innerhalb von zwei Wochen zusammenkommen, um über ein Rettungspaket für Griechenland zu befinden.

Streitpunkte sind dabei nach wie vor „Zwifi“ und Latrasch“ – eine Zwischenfinanzierung und eine Einigung über die langfristige Tragfähigkeit der Schulden. Die Nachrichtenlage hierzu war über das Wochenende – vorsichtig ausgedrückt – undurchsichtig. Der Spiegel berichtet ohne Angabe von Quellen, die EZB und der IWF würden für einen radikalen Schuldenschnitt durch die öffentlichen Gläubiger („OSI“, Official Sector Involvement) eintreten, um die Schuldenlast Griechenlands bis zum Jahr 2020 auf 70 Prozent des BIP zu drücken. Die Welt berichtet, Finanzminister Schäuble hätte einem vertraulichen Treffen beigewohnt, bei welchem ein Schuldenschnitt im Jahr 2015 diskutiert wurde. Bundesbank-Präsident Jens Weidmann wird mit der Einschätzung zitiert, die Schulden Griechenlands seien nicht tragfähig. EZB Direktoriumsmitglied Jörg Asmussen behauptet, ein Schuldenschnitt sei nicht Teil der heute anzustrebenden Lösung. Deutschland will 10 Mrd. frische Kredite aus dem EFSF, damit Griechenland seine eigenen Anleihen zurückkaufen kann. Finnland ist klar gegen neue Kredite. Frankreichs Finanzminister schließlich berichtet, man sei „sehr nahe an einer Lösung dran.“

Ich glaube, das Beste, was man als nur einmal lebender Beobachter in dieser Situation tun kann, ist sich zurückzulehnen und abzuwarten. Was nützt alles Spekulieren über das mögliche Ergebnis der heutigen Beratungen? Eines ist ohnehin offensichtlich: Jegliche Einigung wird die Marktstimmung ohnehin nicht nachhaltig verbessern. Wir alle ahnen, dass ein Stützungspaket ohne „Große Lösung“ (Schuldenschnitt) ein Mindesthaltbarkeitsdatum von nur wenigen Wochen besitzen dürfte. So viel Realismus muss nach drei Jahren griechischer Schuldenkrise einfach sein.

Für gute Stimmung an den Märkten ist eine Lösung in der Griechenland-Frage möglicherweise sogar unerheblich. Das zeigt allein ein Blick auf die Performance der vergangenen Woche: DAX plus 5,2%, EUR-USD plus 1,8%, Bund Future minus 110 Stellen – der Konjunkturausblick, nach Fiscal Cliff (keine Neuigkeiten) und vor Griechenland (s.o.) der zweitwichtigste Kurstreiber, trägt dafür eine gerüttelt Maß an Mitverantwortung: Am Freitag stieg nicht nur der Ifo Index deutlich und vollkommen unerwartet an; auch die Zahlen zur Stimmung im französischen Unternehmenssektor waren viel besser als erwartet.

Heute früh erfährt der Stimmungsschub allerdings einen kleinen Rückschlag. Schuld dafür sind sind möglicherweise die Umsatzzahlen vom Black Friday in den USA. Demnach haben die Amerikaner nach vorläufigen Berichten lediglich ein Prozent mehr ausgegeben als letztes Jahr – zufriedenstellend, aber nicht überwältigend. Auch hier gilt im Zweifel: „Hey, Alter, mach Dir keinen Kopf. Dolenne!“ („Der Optimismus lebt nicht nur einmal“…)

Foto von Rolf Weschke – www.istockphoto.de