Mikrokredite ohne BaFin Lizenz

Kredito: Innovatives Mikrokredit-Start-Up sagen die Einen, Kredithai sagen die Anderen. Seit knapp zwei Monaten gibt es Aufruhr in der deutschen Start-Up-Szene. Auch durch die Reihen der Bank- und Finanzbranche geht einen Raunen. Nach dem Vorbild verschiedener internationaler Anbieter haben die beiden deutsche Internetpioniere Sebastian Diemer und Alexander Graubner-Müller das Mikrokreditportal kredito.de gestartet. Als Verstärkung stehen…


Kredito: Innovatives Mikrokredit-Start-Up sagen die Einen, Kredithai sagen die Anderen.

Seit knapp zwei Monaten gibt es Aufruhr in der deutschen Start-Up-Szene. Auch durch die Reihen der Bank- und Finanzbranche geht einen Raunen. Nach dem Vorbild verschiedener internationaler Anbieter haben die beiden deutsche Internetpioniere Sebastian Diemer und Alexander Graubner-Müller das Mikrokreditportal kredito.de gestartet. Als Verstärkung stehen Amiando-Grüner Felix Haas und Heiko Hubertz, CEO des Spieleentwicklers BigPoint, hinter dem Projekt. Über kredito.de können sich Neukunden bis zu 400,- Euro über eine maximale Laufzeit von 30 Tagen leihen. Der Jahreszins beträgt laut Homepage verlockend günstige 0,50%. Somit fallen für diesen Mikokredit während der Laufzeit lediglich 16 Cent Zinsen an. Soweit ein unschlagbares Angebot, wäre da nicht das zu erwerbende „Bonitäts-Zertifikat“, welches einmalig mit 49,90 Euro zu Buche schlägt. Mit dem Zertifikat wird die persönliche Kreditwürdigkeit, ohne SCHUFA, individuell geprüft und bewertet.

Nimmt man Zinsen und Gebühren zusammen erhält der Kunde einen Kostensatz von 12,51% für die Laufzeit von 30 Tagen. Da das Bonitäts-Zertifikat lediglich 30 Tage gültig ist muss man es bei einer erneuten Kreditaufnahme nach mehr als 30 Tagen auch erneut erwerben. Für leidgeprüfte Banker, die in den letzten Jahren des öfteren im Streit über korrekte Angaben zu Krediten mit der BaFin im Streit lagen, scheinen die auf kredito.de gemachten Angaben daher lückehaft und irreführend zu sein.
Ebenfalls prekär scheint auch die Tatsache, dass das Start-Up aktuell keine BaFin-Lizenz besitzt. Nach einem Bericht des Magazins „GRÜNDERSZENE“ wollte sich die BaFin zu dem Fall nicht öffentlich äußern, kündigte jedoch eine Prüfung an.

Um etwas Licht in die Angelegenheit zu bringen haben wir kurzerhand einige Fragen zusammengestellt und an die Presseabteilung von Kredito gesendet.

Christoph Meyer: Sie vertreiben Kredite an Privatpersonen über das Internet. In Bankerforen gibt es Diskussionen, ob Sie dafür eine Banklizenz der BaFin benötigen. Haben Sie eine? Wenn nein, warum nicht? Wie umgehen Sie die Lizenzpflicht?
Kredito: Bei der Gründung von Kredito haben wir selbstverständlich alle rechtlichen Rahmenbedingungen geprüft. Kredito erbringt keine Tätigkeiten im Sinne des §1 KWG selbst und fällt somit nicht in den Zuständigkeitsbereich der BaFin. Details geben wir hier aber nicht preis.

C. Meyer: Auf der Homepage wird ein effektiver Jahreszins von 0,50 % angegeben. Gleichzeitig muss man ein Zertifikat für knapp 50 Euro erwerben. Dieses wird allerdings nicht in den effektiven Jahreszins eingerechnet. Warum nicht?
Kredito: Das Bonitätszertifikat ist eine Dienstleistung für das Scoring von Privatpersonen. Für diese Dienstleistung erheben wir eine mehrwertsteuerpflichtige Gebühr, die unabhängig vom Darlehen anfällt. Der Kunde kann mit einem Bonitätszertifikat unter anderem mehrere Darlehen für die Laufzeit des Zertifikats zu einem günstigen Effektivzins in Anspruch nehmen. Mit dem Zertifikat hat der Kunde in Zukunft auch die Möglichkeit, auf weiteren Webseiten seine Kreditwürdigkeit nachzuweisen.

C. Meyer: Rechnet man die Kosten für das Zertifikat ein und setzt einen Kredit über 400 Euro für 30 Tage voraus, so erhalte ich einen effektiven Zins von fast 13%. Das entspricht etwa dem eines Dispositionskredites. Kredito.de hat aber den Anspruch günstiger zu sein. Geht das?
Kredito: Dispositionskredite richten sich an langjährig bekannte Kunden mit regelmäßigem Einkommen über einen längeren Zeitraum. Kredito vergibt kurzfristige Darlehen unabhängig von der Beschäftigungsform – ohne Sicherheiten und mit Zusatzleistungen, die es bei anderen Anbietern nicht gibt (z.B. Blitzüberweisung). Damit bieten wir dem Kunden eine schnellere, einfachere und transparentere Dienstleistung. Für eine langfristige Finanzierung gibt es preiswertere Alternativen. Um die Auszahlung innerhalb weniger Minuten gewährleisten zu können, betreiben wir ein komplexes Scoring und Auszahlungsprozesse, die Kosten verursachen (z.B. Abfragen bei Datenbanken, Blitzüberweisung).

C. Meyer: Unter den 10 Kredito-Grundsätzen geben Sie bei 5 an, dass Sie klare Gebühren haben. Unter 6 werden dann Kosten für nicht gehaltene Rückzahlungsversprechen angekündigt. Wo kann man diese einsehen?
Kredito: Die Grundsätze beziehen sich auf unsere feststehenden Gebühren im Fall der rechtzeitigen Rückzahlung. Die Kosten, die beim Zahlungsverzug entstehen, sind abhängig vom Einzelfall und somit nicht pauschal zu beziffern. Wir erinnern den Kunden mehrfach an die rechtzeitige Rückzahlung. Für den Fall, dass ein Kunde sein Darlehen später zurückzahlt, informieren wir ihn frühzeitig über die zusätzlich anfallenden Kosten und stellen nur die Kosten in Rechnung, die tatsächlich anfallen. Bis jetzt hatten wir noch keinen solchen Fall, da unser Scoring darauf ausgerichtet ist, nur Personen ein Bonitätszertifikat auszustellen, die den Verfügungsrahmen zeitlich zurückzahlen können.

C. Meyer: Unter Punkt 9 wird angegeben, dass Sie einen Teil der Einnahmen spenden. Unter dem Stichwort Transparenz gefragt: Welchen?
Kredito: Momentan spenden wir einen umsatzunabhängigen Teil. In Zukunft werden wir die Zinseinnahmen spenden, was jedoch rechtlich, buchhalterisch und technisch noch einigen Implementierungsaufwand mit sich bringt.

C. Meyer: Ein Frage zum Geschäftsmodell von kredito.de: Woher kommt das Geld welches über die Plattform verliehen wird? Stammt es eventuell aus den Einnahmen der „Gamesschmiede“ BigPoint? Das wäre ein smartes Geschäftsmodell unter Ausschluss von Banken – Softwarehersteller nimmt Geld aus Micropayment ein und Kreditportal verleiht dieses…
Kredito: Die Refinanzierung erfolgt über das Eigenkapital unserer Gesellschafter. Bigpoint ist nicht an Kredito beteiligt. Wir sind derzeit im Gespräch mit Banken, um die Refinanzierung durch eine Mischung aus Eigen- und Fremdkapital zu strukturieren.

C. Meyer: Vielen Dank für das Interview!

Insgesamt scheint hinter Kredito eine geschäftsträchtige Idee zu stehen, allerdings ist diese sowie auch das restliche Konzept noch etwas unausgereift. Wir werden die Entwicklung und auch die weiteren Reaktionen der BaFin gespannt abwarten.


Screenshot von
www.kredito.de