Sicher erwarten Sie von Ihrer Bank, dass diese mit der Zeit geht und Bezahlverfahren unter dem Motto „schnell, einfach und sicher“ anbietet. Es muss aber eine Lösung sein, bei der nicht zuerst eine App geöffnet werden muss, um einen QR-Code zu scannen und die Transaktion anschließend noch zu bestätigen. Doch genau hier setzen die meisten Zahlungen mit mobilen Endgeräten auf. Das mag vielleicht sicher sein, ist aber alles andere als schnell und einfach.
„Nur Bares ist Wahres“
Hinzu kommt die Tatsache, dass in Mitteleuropa immer noch der Slogan „nur Bares ist Wahres“ gilt und sich der Anteil von immer noch über 50 Prozent Bargeldzahlungen nicht von heute auf morgen reduzieren lässt. Auch das Bezahlen mit Debit- oder Kreditkarte geht mittlerweile fast überall, dank NFC, schnell und kontaktlos über die Bühne. Wie kann also ein Bankkunde überzeugt werden, in Zukunft vermehrt mobile Zahlungslösungen zu nutzen?
Der Kunde muss die Vorteile erkennen
Die Grundwerte wie Vertrauen in (s)eine Bank, hohe Sicherheitsvorkehrungen in den Zahlungssystemen oder das bereits vorhandene technische Equipment beim Kunden sind gegeben. Ein Umdenken und die gewünschte Verhaltensänderung werden aber erst dann stattfinden, wenn der Kunde die Vorteile erkennt und sie ihm einen Nutzen oder Mehrwert bringen. Wenn aber zum Bezahlen jedes Mal das Smartphone entsperrt werden muss, kann auch gleich die Karte oder das Bargeld gezückt werden. Kann aber die Touch-ID auf dem Gerät gleich für die Zahlungsbestätigung verwendet werden (wie z.B. bei Apple Pay), so wird der Checkout-Prozess massiv verkürzt. Auch andere biometrische Verfahren wie Fingerabdruckscanner am Point of Sale (POS) sind schon länger ein Thema, haben sich aber (noch) nicht durchsetzen können. Dabei wäre dieses Identifikationsmittel garantiert immer vorhanden und schnell einsetzbar.
Die Banken kontrollieren das Bezahlsystem
Gescheitert sind solche Innovationen häufig an einer eingeschränkten Verbreitung. Weil mit Kreditkarten weltweit bezahlt werden kann, erwartet der Kunde dies auch von einer neuen Lösung. Einige mobile Entwicklungen waren vom Ansatz her überzeugend, sind aber deswegen nie akzeptiert worden und wieder vom Markt verschwunden. Zur Stärkung der Akzeptanz haben sich in der Schweiz die beiden nationalen Bezahllösungen Paymit und TWINT zusammengeschlossen. Die Gemeinschaftslösung der CH-Finanzinstitute wird unter TWINT weiterentwickelt und soll in Zukunft das digitale Portemonnaie der Schweiz werden. Um die gesteckten Ziele erreichen zu können, ist man sich bewusst, dass zuerst eine Verhaltensänderung beim Konsumenten stattfinden muss und dies einige Zeit in Anspruch nehmen wird. Ob der Kunde nur wegen der Added Values wie P2P-Zahlung, Couponing oder Kundenbindungsprogrammen auf TWINT wechselt, muss sich noch zeigen. Im Juni 2017 sind jedenfalls 43-mal mehr Bezahlvorgänge mit NFC-Karten als mit TWINT ausgelöst worden. Und auch mit dem Markteintritt von Samsung und Apple vor einigen Monaten ist für genügend Wettbewerb gesorgt. Auch wenn in den nordischen Staaten, z.B. in Schweden mit Swish, das mobile Bezahlen zum Alltag gehört, ist der Weg bis dahin nicht ohne Nebengeräusche verlaufen: Die Banken kontrollieren das Bezahlsystem und können so auch die Akzeptanz von Bargeld stark reduzieren. Der Kunde wurde quasi durch bewusste Lenkungsmaßnahmen zum Einsatz von Mobile Payment verdonnert.
Aktuellen Lösungen fehlt das „Komplettangebot“
In Mitteleuropa zeichnet sich ein solches Bild nicht ab – zu sehr hängen wir noch am Bargeld und wollen die Mündigkeit über die Art des Bezahlens behalten. Die Offenheit und das Interesse gegenüber neuen Möglichkeiten sind grundsätzlich da und Neuerungen werden auch ausprobiert. Kann aber ein Zusatznutzen oder Einsparungspotenzial nicht sofort erkannt werden, verliert der Kunde schnell das Interesse und kehrt zu den gewohnten Methoden zurück. Die aktuellen Lösungen sind im Moment nicht mit dem „Komplettangebot“ auf dem Markt, mit dem sich ein Kunde restlos begeistern ließe. Es bleibt also spannend, welches mobile Bezahlsystem sich wann und wie durchsetzen wird – und bis dahin wird weiterhin fleißig mit Bargeld und Karte bezahlt.