Nebenkriegsschauplatz

Da retten wir in den letzten Wochen beinahe täglich die Welt vor dem finanziellen Kollaps und weil sich jedes Thema, sei es noch so dramatisch irgendwann mal abnutzt, regt sich jetzt der Unmut über einen ach so menschlichen Präsidenten. Ja, was der Wulff da in seinem Amt angestellt hat ist nicht OK. Hat aber wenig…


Da retten wir in den letzten Wochen beinahe täglich die Welt vor dem finanziellen Kollaps und weil sich jedes Thema, sei es noch so dramatisch irgendwann mal abnutzt, regt sich jetzt der Unmut über einen ach so menschlichen Präsidenten.

Ja, was der Wulff da in seinem Amt angestellt hat ist nicht OK. Hat aber wenig mit seinem Amt an sich zu tun. Die Werte die hier beinahe frenetisch eingefordert werden gelten auch für Eltern, Führungskräfte und alle anderen Politiker. Einer davon: VORLEBEN!

Als Führungskraft kann ich nicht Dinge bei meinen Mitarbeitern kritisieren oder Sachen einfordern und all diese Werte dann selber mit Füssen treten. Das ist wenig authentisch. Aus meiner Sicht hat dies aber nichts mit dem Amt des Bundespräsidenten zu tun. Diese Forderung stelle ich an alle Mitbürger. Und genau deshalb sind die Rücktrittsgesuche von illegalen Meilensammlern im politischen Lager und von Abgeordneten, die schon mal Ihren Urlaub so planen, dass die Hin- und Rückreise mit dem Bundesflieger möglich ist, eine Farce. Auch Auto-Journalisten, die sich ihr Auto von den Autokonzernen sponsern lassen (Tankkarte liegt im Handschuhfach) oder den ein oder anderen Vorteil einstreichen, sollten mit ihrer Kritik nicht allzu laut werden. Bleiben noch die Bürger, die in der Steuererklärung bei der täglichen Wegstrecke zur Arbeit 4 Kilometer hinzugerechnet haben und die Bewerbungspauschale ansetzen, obwohl sie seit 15 Jahren zufrieden mit dem Arbeitsplatz sind.

Sicherlich hat der Präsident Pech, dass er in so prominenter Stellung ist. So wird das sichtbar, was bei vielen eben nicht sichtbar wird. Doch ausnahmsweise schriebe ich hier ein dickes ABER. Derzeit schaut keiner mehr auf Griechenland. Die sind noch nicht gerettet, da kommt schon die nächste Hiobsbotschaft. Ungarn. Eine Staatspleite in Ungarn wäre alles andere als schön. Einige Banken in Österreich zittern schon.

Nochmal: Wir haben keine Bankenkrise. Wir haben eine Staatsschuldenkrise. Seit 1950 wächst der Schuldenberg stetig an. Fünf Jahre nach Kriegsende haben wir bei 10 Milliarden Steuereinnahmen neun Milliarden Schulden gemacht. Auch 1990 konnte man noch davon ausgehen, dass man bei 281 Milliarden Einnahmen eine Schuldenlast von 538 Milliarden irgendwie begleichen kann. 2010 beträgt unsere Schuldenlast das Vierfache der Einnahmen. Es wird eng. Auch hier kommt Vorleben wieder ins Spiel. Man kann die Bürger nicht zur Sparsamkeit ermahnen, wenn man Subventionen zum politischen Selbsterhalt einsetzt.

Für Wulff gilt: Entschuldigen, aufhören mit der Salamitaktik und alle Vorteile zurückzahlen, für alle anderen: Immer erst an die eigene Nase fassen.

Foto von daneger – www.istockphoto.de