Ampeln gibt es nicht nur im Straßenverkehr…

Von Kornelius Purps, Fixes Income Strategist bei der UniCredit Research Vor Zuckerbomben, Fettfallen und Salzburgen wird gewarnt. All das stürzt auf uns ein, wenn wir blindlings im Supermarkt den Einkaufswagen füllen, ohne auf die Nährwert-Ampel zu achten. Viele Verbraucher wünschen sich eine solche Kennzeichnung, nachdem das Überfliegen der Ingredienzien ohne Chemie–PhD keinen Erkenntnisgewinn mehr verspricht.…


Von Kornelius Purps, Fixes Income Strategist bei der UniCredit Research

Vor Zuckerbomben, Fettfallen und Salzburgen wird gewarnt. All das stürzt auf uns ein, wenn wir blindlings im Supermarkt den Einkaufswagen füllen, ohne auf die Nährwert-Ampel zu achten. Viele Verbraucher wünschen sich eine solche Kennzeichnung, nachdem das Überfliegen der Ingredienzien ohne Chemie–PhD keinen Erkenntnisgewinn mehr verspricht. Die Lebensmittelindustrie stellt sich allerdings noch quer, findet die Klassifizierung zu undifferenziert. Mensch, Leute, macht den Weg frei für die größte Revolution für die Verbraucher seit Erfindung des Einkaufswagenchips: Die Ampelkennzeichnung. Ist der Prozess erst einmal losgetreten, werden wir nur noch in Ampeln denken: Ampeln auf dem Osterei, Ampeln für Anlageprodukte, Ampeln im Fernsehen („Sophie, ich habe heute leider eine rote Ampel für Dich!“) und in dem Konklave („Grün! Habemus Papam!“). Auch die Finanzmarktberichterstattung könnte mit Hilfe einer Ampel übersichtlicher erfolgen – aber auch langweiliger: Aktien gestern rot in Europa, gelb in den USA. Kurze Anleihen weiterhin sehr rot, längere Laufzeiten grün. Euro gelb, aber weil USD grün, deshalb EUR-USD rot…
Selbst der Konjunkturausblick könnte in Farben gegossen werden. „Banken skeptisch – BIP weiter rot“. Aber diese Zeiten sind ja vorbei. Die Konjunktur wird schon bald gelb und dann hoffentlich grün. Paul Krugman, Nobelpreisträger 2008 und eher „roter“ (= pessimistischer) Vertreter der Volkswirtezunft, tippt auf den Monat September als das Ende der Rezession in den USA. Das Institut, welches offiziell für die Terminierung von Rezessionsphasen zuständig ist (NBER), bittet jedoch um Geduld. Noch sei es viel zu früh, das Ende der Rezession herbeizureden. Aber den NBER-Kollegen zwickt‘s ja ohnehin nicht. Als die letzten beiden Rezessionen für beendet erklärt wurden, lag eben jenes Ende bereits über 20 Monate zurück.
Paul Krugmann sieht also das Ende der Rezession, und die US Administration sieht das Ende der Bankenkrise. Jedenfalls kommen die US-Banken auf ihrem Weg, wieder „grün“ zu werden, mit großen Schritten voran: Die Fed genehmigte gestern die Kapitalerhöhungspläne der im Stresstest vor ein paar Wochen mit einem roten Bepperle versehenen Institute. $75 Mrd. Kapital sollten sich diese Institute beschaffen, Pläne für über $100 Mrd. liegen auf dem Tisch. Heute oder morgen wird das US Schatzamt voraussichtlich ebenfalls zehn Banken grünes Licht zur Rückzahlung von Staatshilfen geben.
Noch auf „gelb“ stehen die Signale bei Brown und in Lettland. Der britische Premierminister will unbedingt weiter machen, und der Markt scheint sich damit abzufinden. Das Pfund zeigt sich schon wieder fester, nachdem ein weiterer Indikator eine Stabilisierung im UK Häusermarkt signalisiert hat. Die lettische Regierung kämpft für Budgetkürzungen, um die nächste Tranche aus dem internationalen Stützungskredit zu bekommen. Sollte dies innerhalb der nächsten 48 Stunden gelingen, dürfte der Abwertungsdruck auf den Lats vorerst abnehmen.
Mehr green (!) shoots gab es aus Deutschland: Der Sentix Stimmungsindikator (eine Art Vorlaufindikator für den ZEW Index) verbesserte sich deutlich, und die Industrieaufträge stabilisierten sich im April. Heute kommt die Industrieproduktion. An den Märkten hat eine Auseinandersetzung zwischen den Analysten und den Händlern begonnen: Die Händler setzen auf frühe Zinsanhebungen, die Analysten meinen, das sei Quatsch. Die Erfahrung früherer Niedrigzinsphasen (EZB 2003-2005 @ 2,00%) zeigt, dass sich solche Auseinandersetzungen über etliche Monate hinziehen können. Die starken Renditeschwankungen der letzten Wochen dürften sich nun von den langen auf die kurzen Laufzeiten verlagern. Jenseits temporärer Erholungsphasen bleibt unser Urteil für die Zinsmärkte jedoch unverändert: rot!

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