Mobiles Bezahlen – ist eine Revolution der Zahlungsmethoden zu erwarten? Ein Gastartikel von Thomas Heldner, Head of Enabling Solutions bei SIX Card Solutions.
In 2011 ebneten originelle Unternehmen den Weg für große Fortschritte bei innovativen Zahlungslösungen. Vorreiter sind hier Starbucks mit der Mobile-Payment-App, der mobile Kartenleser von Square sowie Pizza Express und seine Zusammenarbeit mit PayPal. Mit der lange erwarteten Einführung des Google Wallet in Großbritannien im Jahr 2012 scheint es nun einen allgemeinen Konsens zu geben, dass mobile Zahlungen in diesem Jahr den Durchbruch erleben werden. Allerdings gibt es auch noch Hemmnisse, die eine Revolution bei mobilen Zahlvorgängen verlangsamen können.
Die Verbindung kontaktloser Technologien mit mobilen Geräten ist zweifellos seit langem die aufregendste Entwicklung im Zahlungsverkehr. Die Vorteile in Sachen Komfort und Geschwindigkeit für die Verbraucher liegen auf der Hand. Doch das System ist noch nicht ausgereift. So wirft die Logistik des mobilen Bezahlens mittels Near Field Communication (NFC) viele Fragen auf: An wen soll sich der Kunde wenden, wenn er sein zahlungsfähiges Handy verloren hat? An den Netzbetreiber oder die Bank?
Eine gemeinsame standardisierte SIM-Karte, die sowohl Telefonie- als auch Zahlungsfunktionen ausführen kann und von allen Mobilgeräten akzeptiert wird, lässt immer noch auf sich warten. Technische Hürden sind also noch nicht ausgeräumt. Solange gemeinsamen Standards fehlen, wird sich das mobile Zahlen nicht durchsetzen.
Vor diesem Hintergrund hat das European Payments Council (EPC)* Richtlinien unter dem Namen „Leitlinien zur Umsetzung der Interoperabilität bei mobilen kontaktlosen SEPA-Kartenzahlungen“ für Anbieter von Zahlungsdienstleistungen herausgegeben. Das EPC will Zahlungsverkehrsdienstleistern nicht nur Hinweise zu mobilen kontaktlosen Bezahlvorgängen bieten, sondern auch zu den bestehenden technischen Standards, die für NFC entwickelt wurden. Es ist ein Schritt hin zur allgemeinen Standardisierung der mobilen kontaktlosen Bezahlvorgänge.
Es ist unklar, ob die mobile Zahlung über die SIM-Karte oder ein anderes Secure-Element laufen soll. Nach Prüfung der verschiedenen Szenarien ist das EPC zu dem Schluss gekommen, dass die erfolgreichste Lösung wohl die Verbindung des Secure-Elements mit der SIM-Karte ist. Diese wird vom Mobilfunk-Netzbetreiber ausgestellt. Dies ist sinnvoll, da die notwendige technologische Infrastruktur mit Sicherheits- und technischen Standards für die SIM bereits vorhanden ist. Außerdem ist der Umgang mit diesem System den Anwendern bereits bekannt. Dies fördert ihr Vertrauen in die Nutzung der mobilen NFC-Zahlung. Wichtig ist an diesem Punkt eine Übereinkunft der Kartennetzbetreiber, Banken und Händler am Zahlungsvorgang.
Im mobilen kontaktlosen Zahlungsverkehr herrscht offensichtlich noch hoher Klärungsbedarf. Wenn es hier keinen Fortschritt gibt, wird der Markt seine derzeitige, relativ langsame Übernahme beibehalten. Die EPC-Richtlinien sind ein willkommener Versuch, den Ball im Hinblick auf mobile Zahlungsstandards ins Rollen zur bringen. Allerdings weiß das EPC auch auf die ständige Weiterentwicklung des Systems hin. Es macht deutlich, dass dieses jüngste White Paper lediglich den aktuellen Stand des mobilen NFC-Zahlungsverkehrs darstellt. Es sind eben nur Empfehlungen.
Doch das Thema betrifft weit mehr, als nur die SEPA-Region. Die Gesetzgebung auf politischer und technischer Seite ist für die Einführung eines einheitlichen Standards gefordert. Ebenso braucht der Markt große Unternehmen, die die Führung übernehmen. Bis dahin werden mobile kontaktlose Zahlungsvorgänge anderen mobilen Zahlungsformen hinterherhinken, die ihre Spuren in der schnelllebigen technologischen Welt hinterlassen. Wird 2012 das Jahr der mobilen kontaktlosen Zahlungen sein? Bei diesem Tempo wohl eher nicht.
