Mit seiner Geschäftsidee einer honorarbasierten Bankberatung will Karl Matthäus Schmidt das Private Banking revolutionieren. Das Prinzip ist fair und transparent, hängt allerdings auch an externen Faktoren. Von Stefan Hirschmann
KÖLN, 30.9.2008. Der Finanzvertrieb befindet sich im Umbruch. Es bedarf keines gesonderten Nachweises, dass Banken dem Ausbau von Kundenbindungspotenzialen und der Verbesserung der Vertriebssteuerung eine besonders hohe Priorität beimessen. Diese Maßnahmen werden in der Regel durch eine innovative Ausgestaltung des Produkt- und Dienstleistungsportfolios unterstützt. Im Rahmen der Filialstrategien planen hierzu rund zwei Drittel der vom Fraunhofer-Institut befragten Banken eine schrittweise Modernisierung aller Filialen in der Fläche, die durch spezifische Profile wie Beratungszentren, Leuchtturm- oder Experimentierfilialen im Einzelfall ergänzt werden. Innerhalb der Filialplanungen kommt der SB-Zone mit rund 84 Prozent der Nennungen die höchste Bedeutung zu, gefolgt von der Gestaltung diskreter Beratungsbereiche (82 Prozent). Durch eine Neugestaltung und Öffnung der Zugangsbereiche (72 Prozent) und einer ersten Anlaufstelle für Kunden (67 Prozent) will man die Begegnung von Kunde und Bankmitarbeiter wieder gezielt fördern und zudem die Orientierung für den Kunden verbessern. Doch reicht dies aus, um das Verhältnis zwischen Banken und ihren Kunden wieder zu intensivieren oder bedarf es nicht vielmehr
einer grundsätzlichen Richtungsänderung?
Quasi der Prototyp der Befürworter eines Paradigmenwechsels von der provisionsbasierten Beratung hin zur Honorarberatung ist Karl Matthäus Schmidt. Er ist einer der bekanntesten Gesichter der deutschen Bankenszene. Im zarten Alter von 25 Jahren war er Deutschlands jüngster Vorstandsvorsitzender einer Bank und führte den von ihm gegründeten Discount-Broker Consors (heute Cortal Consors) zum Marktführer im Online-Brokerage. Vor allem der Ärger über die hohen Provisionen und den schlechten Service bei Wertpapiergeschäften veranlasste Schmidt schon damals, eine eigene Online-Bank auf den Weg zu bringen. Consors wurde zwar im April 2002 an die französische BNP Paribas verkauft, der Ärger über die Bankprovisionen ist aber geblieben. Nach seiner Trennung von Consors entwickelte Schmidt deshalb in den Folgejahren als Sprecher des Vorstands der CCB Bank AG in Berlin ein völlig neuartiges Konzept für das Privatkundengeschäft. 2006 geht das neue Geldhaus mit Beteiligung der LBBW, der Berliner Effektengesellschaft sowie einiger Industrieller unter seiner Führung an den Start. Mit der quirin bank AG – der Name leitet sich von einem antiken Kriegsgott ab – sollen Bankdienstleistungen fairer und transparenter angeboten, aber auch honoriert werden. „Wir verstehen uns bis zu einem gewissen Grad als Anlegerschützer“, so Schmidt im Rahmen eines Bankingclub-Abends bei der Kölner Bank-Verlag Medien GmbH. Bereits vor zwei Jahren ist der Vater von drei Kindern für sein verbraucherfreundliches Geschäftsmodell mit dem National Leadership Award ausgezeichnet worden.
Das Prinzip ist relativ einfach: Empfehlungen für Kapital- und Vorsorgeanlagen erfolgen bedarfsorientiert und sind losgelöst von Vertriebsverträgen und Gesellschaften. Im klassischen Private Banking hat der Finanzvertrieb dagegen ein natürliches Interesse daran, Produkte aus dem eigenen Haus zu empfehlen bzw. jene Produkte, deren Verkauf besonders hoch provisioniert wird. Je mehr verkauft wird, desto lukrativer für den Berater – nicht aber unbedingt für den Kunden. In dem Konzept der quirin bank fließen gar keine Provisionen mehr bzw. werden vollumfänglich an den Kunden durchgereicht. Alle offenen und versteckten Geldflüsse werden dem Kunden vierteljährig gutgeschrieben. Dafür bezahlen die Kunden eine monatliche Flatrate in Höhe von 75 EUR sowie eine Erfolgsbeteiligung von 20 % p.a. des echten Nettoanlageerfolges. Somit profitieren beide Seiten gleichermaßen von einer guten Performance. „Wir sitzen mit unseren Kunden in einem Boot“, sagt Schmidt.
Um sein Geschäftsmodell zum Erfolg zu führen, kämpfen Schmidt und seine Mitarbeiter nicht nur gegen ca. 20.000 Finanzmakler in Deutschland, sondern müssen letztlich den Markt für Private Banking umkrempeln – man könnte auch sagen: revolutionieren. Zudem geht das Geschäft nur auf, wenn ein nachhaltiger Kapitalanlageerfolg wirklich erzielt wird. In dem derzeitigen Marktumfeld sind allerdings viele Investoren schon froh, keine oder nur geringe Verluste realiseren zu müssen. Die Hoffnung auf eine positive Trendwende an den Kapitalmärkten steht den Kundenberatern der quirin bank deshalb beinahe ins Gesicht geschrieben. Doch Schmidt ist Überzeugungsarbeit gewohnt. „Beim Thema Online-Brokerage gab es seinerzeit auch extrem viele Vorbehalte. Für meine Ideen zu werben, ist mein Los“, sagt Schmidt mit einem Lächeln im Gesicht.