Gastartikel von Jan Hoffmann.
Die keynesianische Heranagehensweise der Stimulation der Wirtschaft erfreut sich großer Beliebtheit unter Ökonomen.
Wir Bankberater haben es doch schon deutlich leichter, als die Kanzlerin. Halten wir unsere Kunden zu ein wenig mehr Sparsamkeit an, um z. B. die Kreditraten für Haus oder Auto leichter schultern zu können, müssen wir kein Einbrechen der deutschen Wirtschaftsleistung befürchten.
Auf europäischer Ebene werden derzeit allerdings Wege gesucht, mit ein wenig mehr Ausgaben, idealerweise an der richtigen Stelle, die Eurozone aus der Rezession zu führen und – was wichtiger ist – die Wachstumsperspektiven der nächsten Jahre aus dem dunkelroten Bereich zu bekommen. In den USA scheint diese Art Wachstumsstrategie aufzugehen, allerdings sehen wir das sogenannte „jobless growth“, Wachstum durch Produktivitätsfortschritte oder effiziente Ressourcenallokation, allerdings ohne nachhaltige Schaffung von Arbeitsplätzen. Dies ist umso problematischer, da bei der Rückführung von Haushaltsdefiziten in wirtschaftlich besseren Zeiten das Ziel durch weiter hohe Sozialkosten erschwert werden wird.
Dennoch gilt die keynesianische Herangehensweise der Stimulation durch Ausgabenerhöhung unter Ökonomen derzeit als Mittel, dass es auszuprobieren gilt (von sicheren Erfolgen bei der Umsetzung spricht im Falle Europas niemand). Denn: zu hoch sind die Einbrüche auf der Nachfrageseite derzeit, als dass durch Strukturreformen, Steuererleichterungen oder ähnlichem Hoffnung auf eine ausreichend dynamische Wende bestehen kann.
Das Beispiel liefert Portugal: Das Land hält sich sträflich an die Vorgaben, die mit der Gewährung der 78 Mrd. Euro Hilfsgeldern verbunden waren. In Portugal gilt daher zwangsweise die Politik des Reagierens, für agierende Wirtschaftspolitik fehlen die Spielräume. Neue Finanzlöcher werden mit neuen Sparmaßnahmen gestopft, das Wirtschaftswachstum bleibt völlig aus und damit die Steuereinnahmen. Die Folge: Die Staatsverschuldung steigt weiter, was angesichts der im Vergleich geringeren Verschuldung des privaten Sektors für einige Jahre erträglich sein könnte. Aber mit der fehlenden wirtschaftlichen Erholung fehlt auch jedes Vertrauen in die Selbstheilungskräfte des Landes. Dies ist aber erforderlich, da Portugal planmäßig 2013 an die Staatsanleihemärkte zurückkehren soll.
Investoren beurteilen das Rezessionsrisiko derzeit wieder viel negativer, was sich vor allem an den gestiegenen Risikoprämien für Staatsanleihen ablesen lässt. Die Möglichkeit eines euro-freundlichen Wahlausgangs in Griechenland scheint da nur ein Strohhalm zu sein, an den sich mancher klammert. Insofern hatte der Währungsexperte Paul De Grauwe mit seinen Befürchtungen Recht, die Euro-Krise könne weiter eskalieren. Dies äußerte er im März, als die Aktienmärkte haussierten und sich die Lage an den Staatsanleihemärkten durch massive Liquiditätsbereitstellung durch die EZB zu entspannen schien.
Aber De Grauwe macht auch Hoffnung: die Sorgen um Inflation seien in den Zeiten derart schwacher Wachstumsraten für die Eurozone insgesamt übertrieben, mit zugegebenermaßen nationalen Unterschieden. De Grauwe sieht die EZB in der Pflicht, den Ankauf von Staatsanleihen fortzusetzen. Die vielfach in Frage gestellte Legitimation sieht er in der Notenbank als letzte Instanz, getreu nach dem Motte: der Zweck heiligt die Mittel.
Unterdessen muss auf EU-Ebene die Verständigung auf eine wirtschaftspolitische Unterstützung weitergehen. Denn vermutlich werden – im Gegenzug zur Rhetorik der EZB – nicht allein Ankündigungen genügen, um die Investoren zu beruhigen.
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