Guten Morgen, heute ist Mittwoch, der 14. Juli 2010 !
- Selbst ist die Bank: Wenn ein Institut den Stresstest nicht besteht, soll es zunächst selbst nach Kapital suchen
- Selbst ist der Jubel: Übertriebene Freude nach erfolgreicher T-Bill-Platzierung in Griechenland
- Selbst ist der Markt: Alle Sorgen scheinen vertrieben; Alcoa, Intel und BMW befeuern die Stimmung
Das bringt uns umgehend zum Thema "Durchfallquoten". Der Banken-Stresstest würde eine Durchfallquote von 10-15% mit sich bringen, hieß es unlängst im Handelsblatt. Andere Äußerungen lassen eher vermuten, dass der Stresstest zu einer Anhebung der Gewinnprognosen führen wird. In den USA waren im Mai vergangenen Jahres 10 von 19 gestesteten Banken gefordert, sich frisches Kapital zu beschaffen – eine Durchfallquote von 53%. Zum Vergleich: Der deutsche Einbürgerungs-Stresstest liefert in Berlin eine Durchfallquote von 0,6%. In Sachsen-Anhalt fallen 53% der Wiederholungskandidaten durch die theoretische Fahrprüfung. Bei der Zuchttauglichkeitsprüfung 2006 des Boxer-Klubs München lag die Durchfallquote bei knapp 6%. Fazit: Eine Durchfallquote von 10-15% läge also im unteren Mittelfeld dessen, was man als Ergebnis von Tests unter Stressbedingungen erwarten kann.
Sollten tatsächlich irgendwelche Finanzinstitute eine zu geringe Kapitalquote aufweisen, greift eine dreistufige "Verteidigungslinie", wie Währungskommissar Olli Rehn erläuterte: zunächst sollen die Banken versuchen, sich frisches Kapital am freien Markt zu beschaffen. Gelingt dies nicht, greifen "nationale Fazilitäten" (Deutschland: Soffin). Reicht hier der Kapitalrahmen nicht aus (der Soffin hat noch rund 50 Mrd. Euro zur Verfügung), soll in letzter Instanz der Weg zum 440 Mrd. Euro schweren Staatsrettungsfonds EFSF der EWU möglich sein. Die Stresstest-Ergebnisse auf länder-aggregierter Ebene werden am 23. Juli veröffentlicht. Den nationalen Behörden steht es frei, zwei Wochen später instituts-individuelle Detailergebnisse zu publizieren.
An den Märkten scheint man sich aber über die Testergebnisse keinerlei Sorgen zu machen. Es herrscht "Heile Welt". Alcoa übertraf die Erwartungen und gibt einen verbesserten Ausblick. Intel lieferte gestern Abend "das beste Quartalsergebnis" seiner Geschichte und rechnet weiter mit starker Nachfrage. BMW erhöht seine Umsatz- und Gewinnziele für das laufende Jahr. In diesem Umfeld kann nicht mal das (wenig überraschende) Downgrade von Moody’s für Portugal um zwei Stufen von Aa2 auf A1 die Stimmung trüben. Große Freude auch in Griechenland: 1,6 Mrd. Euro in T-Bills mit einem halben Jahr Laufzeit wurden platziert. Der Chef der Schuldenagentur jubelte darüber, das ausländische Institute 20% dieses Betrages abgenommen hätten. Nun mal langsam: Ein Staat mit Rückgriff auf Stützungspakete im Volumen von 860 Mrd. Euro verkauft 6-Monats-Papiere zu 4,65% (Bund-Bills: 0,41%), wobei rund 10 ausländische Investoren insgesamt 320 Mio. Euro abgreifen. Hieraus zu schließen, die Investoren hätten ihr Vertrauen in Griechenland wieder gewonnen, wäre vielleicht doch etwas übermütig. Verheimlichen wollen wir jedoch nicht, dass Griechenland auf dem Weg zur Haushaltskonsolidierung weit über Plan liegt: Das Defizit ging im ersten Halbjahr gegenüber 2009 um 46% zurück.
Die Aktienanleger freut’s, und so steigt der DAX bis auf 6.200 Punkte an. Damit liegt er nur noch rund 2% unter seinem Juni-Hoch von 6.330 Punkten. Bund-Renditen stehen unter Druck, während EUR-USD bei über 1,27 weiter auf Erholungskurs ist. Getrieben von den Intel-Ergebnissen dürfte sich dieses Bild heute fortsetzen. Erfolgreiche Bond-Auktionen in Portugal und Italien sowie gute Mai Industrieproduktionszahlen in der EWU werden die Stimmung stützen. Risiken lauern in den US Einzelhandelszahlen für Juni (14:30h) sowie in den FOMC Minutes am Abend. Darin dürften die mittelfristigen Konjunkturaussichten weiterhin eher vorsichtig ("light khaki") beschrieben werden…
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Dies ist ein humoristischer Marktkommentar und keine Anlageberatung. Die Einschätzungen des Autors beruhen auf Informationen, die auf öffentlich zugänglichen, als verlässlich eingeschätzten Informationsquellen basieren. Weitere Informationen finden Sie im Disclaimer.
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Fixed Income Strategist
Director
MRE4FI
UniCredit Research
kornelius.purps@unicreditgroup.de
Corporate & Investment Banking
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